Heike Schmidt ist zu Besuch bei Benni Meusel im Living Room und die beiden kochen etwas leicht Bekömmliches: Wolfsbarsch mit asiatischem Fond und Miesmuscheln.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Frank Wilde
Es riecht frisch nach Zitronen. Röstaromen vom Wolfsbarschstück, das auf der Haut in der Pfanne kross wird, mischen sich darunter. Wenn Benni Meusel kocht, ist das nicht nur unglaublich schön anzusehen. Es sind vor allem auch die Gerüche, die aus seiner Miniküche den ganzen Gastraum durchströmen, die ein Wohlfühlmoment hervorrufen, wie man es vielleicht das letzte Mal als Kind hatte, wenn die Großmutter das Sonntagsgericht zubereitete und das ganze Haus danach duftete.
Stolz auf den Privatkoch
So ähnlich ist es auch im „Living Room“, den der 42-Jährige im November eröffnet hat. Der Name passt: Living Room heißt auf Deutsch Wohnzimmer – und genauso groß ist das kleine, feine Restaurant auch: Es bietet Platz für 16 Gäste. Die Küche ist nahezu im Restaurant bereich. „Die Trennscheibe, die es vorher gab, haben wir entfernt“, erklärt Benni Meusel, der 18 Jahre lang in Hannovers einstigem Spitzenrestaurant „Die Insel“ am Maschsee gekocht hat. „Unsere Gäste sollen durchaus riechen können, was ich in der Küche mache“, erklärt er. Anders als in Sternerestaurants, in denen Kellner unter Cloches geschützte Speisen aus gut abgeschirmten Küchen zum Gast tragen, darf im Living Room gerochen, genossen und gelebt werden – ganz so wie im privaten Wohnzimmer.
Corona eröffnete für Benni Meusel neue Möglichkeiten
Mit dem Kochen in privaten, durchaus luxuriösen Umgebungen hat Benni Meusel seit Corona Erfahrung. In dieser Zeit – Norbert Schu hatte seine Insel 2019 abgegeben – war er als privater Koch weltweit unterwegs. „Viele Menschen haben ihr Zuhause wiederentdeckt“, erklärt er. „Und festgestellt, dass man dort auch gut Gäste einladen und feiern kann. Ich wurde dann als Privatkoch gebucht.“ Man leistete sich einen eigenen Koch. Das war schick. Man erzählte sich, wen man gebucht hatte. Man war stolz darauf.
Schuppen mit der stumpfen Seite
Heute kochen wir in Bennis Wohnzimmer Wolfsbarsch mir asiatischem Fond und Miesmuscheln. „Fisch ist super: Er ist schnell zubereitet, gesund, bekömmlich und kalorienarm“, erklärt er und holt den Wolfsbarsch aus dem Eis. Gestern wurde der Raubfisch gefangen. „Es könnte also sein, dass noch ein Fisch, den er gefressen hat, in ihm ist …?“ Könnte. Doch zunächst wird er geschuppt. Dazu die stumpfe Seite des Messers über den Fisch ziehen. Nähme man die scharfe Seite, könnte man die Haut verletzen. Danach: ein Schnitt am Unterbauch. Heraus kommen die Innereien – und eine kleine Makrele! Der Wolfsbarsch hatte tatsächlich vor seinem Ableben ein gutes Mahl.
Nie unter Wasser halten
Benni Meusel setzt das Messer an, trennt den Fischkopf ab, teilt den Körper und filetiert ihn. Mit einer Pinzette zieht er die letzten Gräten heraus. Zwischendurch tupft er ihn nur mit einem Küchenkrepp sauber. „Nur nicht unter Wasser halten“, erklärt er: „Damit geht jedes Mal Geschmack verloren.“
Der nächste Trick: Die Fischfilets der Länge nach halbieren. „Unser Ziel ist, möglichst gleich große Stücke zu erhalten, damit sie gleichmäßig garen. Sonst verbrennt der eine flache Teil, während der andere noch roh ist.“
So bereitet man den Fisch zu
Für den Sud röstet Meusel in Stücke geschnittene Karotten, Sellerie, Zwiebel, Lauch und Fenchel in Olivenöl an. Dann kommen die Gräten und der Fischkopf hinzu. Augen und Kiemen hat der 42-Jährige vorher entfernt: „Die haben Bitterstoffe.“ Dann mit einem Schuss Noilly Prat und etwas Pernod ablöschen und – ganz wichtig – von Anfang an salzen. „Salz entzieht allen Zutaten Wasser. Aromen werden dann intensiver“, erklärt er. Erst danach mit Wasser auffüllen und köcheln lassen. Dann kommt auch die Petersilie hinzu.
Asiatischen Fond von Benni Meusel
Für den asiatischen Fond werden Karotte, Lauch, Enoki Pilze und Pak Choi ganz fein geschnitten. Das Zitronengras wird zunächst etwas brutal mit dem Messerknauf gehauen, bis das Aroma zu riechen ist. Die Paprika wird geschält, bevor sie zerkleinert wird. „Dann muss man nicht aufstoßen“, weiß Benni Meusel. Alle klein geschnittenen Zutaten werden in Zitronengrasöl angeschwenkt, mit Gewürzen abgeschmeckt, danach kommen die Miesmuscheln hinein und ein Deckel drauf. Die Nudeln ins Wasser geben.
Die Haut schützt das Fleisch
Jetzt geht es an den Fisch. In heißem Olivenöl wird er auf der Haut gebraten, dann kurz umgedreht, um wieder auf der Haut in der heißen Pfanne zu liegen. „Immer auf der Haut braten, das schützt das Fleisch“, betont Meusel. Und wie erkennt man, dass er fertig ist? „Mit einer Nadel in den Fisch piken und die Nadel dann an die Lippe halten. Wenn die Nadel lauwarm ist, ist der Fisch gut“, erklärt er.
Die Miesmuscheln haben sich geöffnet. Jetzt den Fond durch ein Sieb in ein Schälchen tun und das Gemüse und die Nudeln hinzugeben. Auf einem zweiten Teller den Fisch mit den Nudeln anrichten. Es sieht nicht nur lecker aus; der Living Room duftet nach feinem Essen. „Hier soll man ruhig alles riechen“, sagt Benni Meusel lächelnd: „Ich will gar kein Sternerestaurant sein.“ Dass seine Küche durchaus auf Sterneniveau ist, ist etwas anderes.
Einrichtung mit Freunden
Dass der Living Room von Benni Meusel ein wirklich schönes Wohnzimmer werden konnte, ist auch Caroline Prenzler von der Parfümerie Liebe und Uwe Klingenberg zu verdanken. „Von Liebe kommen beispielsweise die Windlichter, von Uwe Klingenberg die Stühle“, erklärt Meusel. Wenn sich also ein Gast so wohlfühlt, dass er die Living- Room-Einrichtung mit nach Hause nehmen möchte, kann er das gerne tun. Von dem Umbau seines ehemaligen Petit Clichys war auch Ekki Reimann begeistert – obwohl er zunächst durchaus skeptisch war. Er habe die Arbeiten, die nur vier Wochen dauerten, interessiert verfolgt, erinnert sich Benni Meusel: „Und als alles fertig war, hat es ihm richtig gut gefallen.“
The Living Room by Benni Meusel ist dienstags bis sonnabends von 17:30 Uhr an geöffnet. Reservierungen unter (0511) 60033981.
Zutaten für das Rezept von Benni Meusel
für vier Personen 1 Wolfsbarsch ca. 1.000 g
Für den Sud
- 300 g spanische Miesmuscheln
- 50 ml Pernod
- 50 ml Noilly Prat
- 1 Chilli
- 1 Stängel Zitronengras
- 1 Limette
- 1 Knoblauchzehe
- 1 Schalotte
- 2 g Safran
- 20 g Miso Paste
- etwas Kernöl
Gemüse
- 2 Pak Choy
- 1 Karotte
- 1 Stängel Bleichsellerie
- 100 g Knollensellerie
- 1 Fenchel
- 200 g Ramen Nudeln
- 1 kleines Bund Koriander
- etwas schwarzer Sesam