Manchmal muss man aufpassen. Dann geht es schneller, als man denkt. Der weiße Zucker wird kein samtiges Karamell, sondern eine bittere schwarze Masse. Dann hat man schlicht zu lange gewartet. Oder nicht gut genug gerührt. Oder beides. Zumindest als Laie ist das so, wenn man dem Profi helfen möchte. Doch weghören ist kaum möglich. Benni Meusel ist nicht nur ein Spitzenkoch, sondern auch ein wunderbarer Geschichtenerzähler, dem man zuhören muss. Wenn er vom Sommer an der Côte D‘Azur berichtet, von seinem Gastgeber, der ihn eigens einfliegen ließ. Weil er aber nie Namen nennt, stellt sich unweigerlich die Frage: Von wem erzählt er da? Brad Pitt, Leonardo diCaprio oder Harrison Ford? „Du musst schon rühren“, mahnt er dann grinsend. Denn ist der Zucker erst einmal schwarz, wird das nichts mit pikant-süßem Walnusskrokant fürs Cordon bleu aus gegrilltem Sellerie.
Wallnüsse im Karamell wenden
Ach! Die Walnüsse! Blitzschnell ist der Zucker geschmolzen. Jetzt heißt es rühren, rühren, rühren, sodass jede Walnuss etwas vom Karamell abbekommt. Lässig streut Benni Meusel etwas rosa Pfeffer, Rosmarin und Salz über die Nüsse. „Etwas Honig macht das Ganze dann geschmeidiger und gibt einen schönen Glanz“, sagt er und gibt Honig dazu. Weiterrühren, bis das Signal kommt: „Jetzt aufs Backpapier geben.“ Etwas abkühlen lassen, die zweite Lage Backpapier darüber geben und dann das Plattiereisen zur Hand nehmen und draufhauen. „Durchaus mit Kraft. Hau drauf.“ Gesagt, getan. Der Krokant bröckelt und bröselt. Fertig.
Sellerie und Rote Beete auf dem Grill garen
Für das Cordon bleu und das dazugehörende Rote-Bete-Carpaccio hatte Benni Meusel den Sellerie sechs und die Roten Bete zwei Stunden im Green-Egg bei 120 Grad Celsius in der Schale komplett gegart. Er hat den Kamado Grill dazu mit 80 Prozent Buchenholz und 20 Prozent Hickory-Holz befeuert. „Wenn man das Gemüse komplett mit Schale auf den Grill legt, dann versiegelt diese die innere Frucht und es wird süßer, aromatischer“, erklärt der Fachmann. Das ginge auch beispielsweise mit Steckrüben oder Spitzkohl. „Da verbrennen zwar die äußeren Blätter. Aber auch diese kann man später für die Sauce als Crunch nehmen.“
Cordon-bleus im heißen Fett ausbacken
Doch heute geht es um Rote Bete und Sellerie. Nach der Garzeit wird die äußere Haut des Selleries ab- und die Frucht an sich in Scheiben geschnitten. Darauf kommen in Scheiben geschnittener Comté und etwas Pfeffer aus der Mühle. Anschließend kommt eine zweite Scheibe obendrauf und es geht ab in die Panade: erst in Mehl, dann in Eigelb, anschließend in Pankomehl. „Das ist gröber und hat einen guten Crunch“, sagt Benni Meusel. Wer altbackenes Weißbrot hat und das getrocknet hat, kann so etwas Ähnliches auch selbst herstellen – einfach über eine Küchenreibe ziehen. In einer Pfanne erhitzt der Koch Rapsöl und gibt einen Stich Butter hinzu. Dort hinein kommen die Sellerie-Cordon-bleus und dürfen im schäumenden Bad eine goldgelbe Farbe erhalten.
Die Mascarpone-Creme wird auf dem Grill geräuchert
Die Rote Bete vom Grill wird in feine Scheiben geschnitten. „Wer will, kann auch einen Hobel nehmen“, sagt Benni, der zusätzlich eine Rote Bete, eine Schalotte, ein Stück geschälten Apfel und eine Frühlingszwiebel würfelt. In einer Kasserolle lässt er Zucker und fein geschnittenen Knoblauch karamellisieren. Anschließend kommen die verschiedenen Würfel, Senfsaat, Fenchelsamen und Koriander hinzu. „Unser Relish ist dann fertig.“ Fehlt noch die geräucherte Mascarpone-Creme, die zum Gericht gehört. „Ich habe Kirschholz etwa eine Viertelstunde in Wasser eingelegt“, erklärt Benni Meusel. So verbrennt es nicht sofort, wenn es in den Grill gegeben wird, sondern räuchert vier bis fünf Minuten vor sich hin. Und genau auf dieses Aroma kommt es dem Spitzenkoch an. Geht nicht? Abwarten.
Der Mascarpone kommt in ein Stahlschälchen, das gewässerte Kirschholz in den Grill. Dann muss es schnell gehen: Schälchen auf den Grill, Deckel zu. Abwarten. Nach fünf Minuten den Deckel wieder öffnen und das Schälchen herausnehmen. Probieren. Tatsächlich hat der Mascarpone einen rauchigen Akzent im Geschmack. „Fett ist halt Geschmacksträger“, erklärt der Koch lächelnd und gibt ein wenig Salz, Honig und weißen Essig hinzu. Verrühren, fertig. „Jetzt müssen wir nur noch anrichten.“ Und auch dafür hat er sich etwas Besonderes ausgedacht. Das Rote-Bete-Carpaccio mit geräucherter Mascarpone-Creme, Walnusskrokant und Sellerie-Cordon-bleu kommt auf einen Eisbeutel. „Es ist ja ein heiß-kaltes Gericht, und als es in einem Sommer so heiß war, haben wir es einfach auf einen Eisbeutel gelegt.“ So simpel sind manche Geschichten – und auch Gerichte. Es kommt nur immer darauf an, wer sie wie zubereitet.
„Alles ist gesund“
Was für ihn gesundes Essen ist? „Gesundes Essen gibt es nicht“, erklärt Benni Meusel: „Alles ist gesund.“ Genauso wie alles giftig sein könne „Es kommt auf das Maß an.“ Vor einhundert Jahren hätten die Menschen sicherlich gesünder gegessen: Gemüse, Obst, Wasser, freitags gab es Fisch, sonntags einen Braten. „Das kann man auch heute so handhaben“, sagt er. Wenn das Kilo Fleisch 60 Euro koste, dann nehme er eben nur 50 Gramm. „Und das tue ich dann bewusst.“ Genau darauf komme es an: Wer bewusst isst, isst auch gesund. Doch es gebe noch eine einfache Regel für gesundes Essen. „Beim Anrichten sieht man schon, ob etwas gesund ist oder nicht. Ist es frisch, knackig, riecht gut und sieht lecker aus? Dann ist es das auch!“
Text: Heike Schmidt, Fotos: Frank Wilde