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Hotel Rathaus Wildemann: Ausgezeichnetes Kleinod im Oberharz

05. August 2021

Die Wörter regional und saisonal klingen mittlerweile wie abgedroschene Werbesprüche der Gastronomie. Aber im Hotel Rathaus in Wildemann bekommen diese Attribute einen neuen Klang – den der Authentizität.
Text: Marleen Gaida Fotos: Lorena Kirste
Gerade Großstädter, die sich von internationaler Importware naheliegender Supermärkte ernähren, dürften die Speisekarte im Hotel Rathaus in Wildemann mit Freude lesen. Dort steht: Fleisch von der Fleischerei Giczella in Osterode und vom Klostergut Bündheim in Bad Harzburg sowie Wild von Hammer aus dem Südharz. Milchprodukte aus Clausthal Zellerfeld vom Milchbauern Lindenhof, Obst und Gemüse aus Goslar. Und so weiter, und so fort. Auch der ausgeschenkte Wein wird ausschließlich aus deutschen Anbaugebieten bezogen, wie vom Harzer Weingut Kirmann aus Westerhausen.

Lokale Lebensmittel, exzellent verarbeitet

Inhaber Mathias Geinitz (38) fasst das Konzept wie folgt zusammen: „Unsere Küche charakterisiert sich durch hohe Qualität, saisonale Verfügbarkeit und moderne Interpretation. Wir verarbeiten ausschließlich Produkte von regionalen Erzeugern. Unser Motto lautet: Der wahre Geschmack liegt in der Natur.“

Diese Ausrichtung hat der Restaurantführer Gault Millau auch 2021 wieder mit 14 von möglichen 20 Punkten gewürdigt. Der Guide Michelin 2021 empfiehlt das Restaurant des Hauses ebenfalls. Verantwortlich für die Linie der Küche ist neben Geinitz selbst, der bereits in Seefeld in Tirol und Zermatt in der Schweiz sowie auf diversen Kreuzfahrtschiffen kochte, auch sein Schwager Sven Vondran (41). Dass sich die beiden Männer ausgerechnet in der ehemals freien Bergstadt Wildemann im Oberharz, dem kleinen 786-Einwohner-Dorf, das von seinen Bewohnern liebevoll „Klein-Tirol” genannt wird, niederließen, war eher Zufall.

Ein Restaurant und acht kleine Zimmer

„Wir wollten zurück in die Heimat und uns in einer kleinen Urlaubsregion selbstständig machen. Hier sind wir mitten in Deutschland und nicht weit von Hamburg, Berlin und Hannover.” Und tatsächlich geht der Plan auf – viele Großstädter aus den genannten Metropolen kommen manchmal nur für eine Nacht nach Wildemann, für gutes Essen und die Nähe zur Natur. Hier könne man in Ruhe seinen „Stiefel durchziehen”, sagt Geinitz, dessen Ehefrau Maria den Service leitet.
Von „Stiefel“ zu sprechen, ist natürlich viel zu salopp gesagt für das, was Geinitz und Vondran in der Küche zaubern: Auf der Speisekarte stehen so feine Dinge wie Spargelcremesuppe mit geflammter Jakobs­muschel, Kochschinken und Zitronenbutter. Oder „Schnüffler“ – Consommé vom heimischen Kaninchen mit Ravioli und Frühlings­gemüse mit Vanillenote. Die „Gehörnte Hexe” umfasst gereiften Mufflon­rücken, Bärlauch-Quiche und Büffelmozzarella. Der „Wald­spaziergang“ ist eine wohlige Komposition vom rosa gebratenen Hirschrücken mit Fichtenmandelmilch, Spinatcreme, Kartoffelkuchen und Pfifferling-Wantan. „Federleicht“ lautet der Titel für Filet und Wange vom Kalb an Rhabarber und Spargel mit Joghurt-Gerste und Veilchenjus. Mit 35,50 Euro ist dieses Gericht der teuerste Hauptgang auf der Karte. Klare Empfehlung: Wer eine authen­tische Regionalküche schätzt, sollte sich das Hotel Rathaus in Wildemann auf seine Gourmet-­Agenda schreiben.

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