Im Gespräch mit Anne Mahler: „Es braucht keine Entscheidung zwischen Familie und Karriere“

10. November 2025 | von Roksana Leonetti

Ein Leitsatz, der ihre Art zu führen auf den Punkt bringt. Zum Jahreswechsel wird Anne Mahler in den Vorstand der Hannoverschen Volksbank berufen. Drei Kinder, klarer Führungsstil, Lust auf Wandel. Ein Gespräch mit nobilis über Verantwortung, Digitalisierung, gute Kinderbetreuung und Pizza in der Eisdiele.

Anne Mahler vor modernem, farbigem Hintergrund Foto: Roksana Leonetti

Ihre Karriere begann mit einem dualen Studium in einer Genossenschaftsbank, später waren Sie u. a. Wirtschaftsprüferin beim Genossenschaftsverband. Was hat Sie an der genossenschaftlichen Bankenwelt besonders gereizt, und wie haben Sie diese Stationen geprägt?

Mich hat vor allem gereizt, Studium und Praxis von Anfang an miteinander zu verbinden und das direkt in meiner Heimat. Den genossenschaftlichen Gedanken habe ich erst später lieben gelernt: Verantwortung für Region und Mitglieder zu übernehmen und zugleich eine regulierte Bank zu sein. Meine 16 Jahre in der Wirtschaftsprüfung beim Genossenschaftsverband haben mich dann fachlich wie menschlich enorm geprägt, mit tiefen Einblicken in Kreditwesen und Regulierung.

Man bezeichnet Sie als „Genossenschaftsgewächs“. Wie prägen genossenschaftliche Werte wie Solidarität, Fairness und Nähe Ihren Führungsstil und Ihre Entscheidungen im Alltag?

Fairness, Vertrauen und Klarheit sind mein Fundament. Ich setze auf Verantwortung und Nähe mit den Kolleginnen und Kollegen - das schafft Tempo, Perspektivwechsel und echtes Verständnis.

Der Aufsichtsrat hat Sie zum Vorstandsmitglied berufen. Wie haben Sie diese Ernennung erlebt, und was möchten Sie in Ihrer neuen Rolle bewirken? Welche Chancen sehen Sie in dem Generationenwechsel?

Ich bin dankbar für das Vertrauen und gehe die Aufgabe mit viel Ansporn an. Die Bank ist im Wandel – ich will diesen Weg mutig weitergehen, ohne unsere Werte aus dem Blick zu verlieren. Jünger zu werden bedeutet nicht, Erfahrung über Bord zu werfen. Frische Perspektiven brauchen keine Tabula rasa. Ein kleines Beispiel dafür ist unser neu eingeführtes Elternzeit-Frühstück: Es macht Kolleginnen und Kollegen auch in dieser Phase sichtbar und stärkt gleichzeitig Bindung und Unternehmenskultur.

Wandgrafik mit Porträts von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch sowie dem Zitat: 'Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.'
Die Gründerväter des Genossenschaftswesens in Deutschland: Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch. Foto: Roksana Leonetti

Wie bereiten Sie sich auf die Leitung ihrer künftigen Ressorts Marktfolge Kredit und IT vor – und wie führen Sie? 

Den Bereich Marktfolge Kredit kenne ich aus der bisherigen Leitung gut, bei der IT will ich Tempo machen. Mein Ansatz: strukturiert einarbeiten, Prioritäten setzen und nah an den Themen bleiben. Dabei hilft mir auch meine Prüferinnen-DNA. 
Mein Führungsstil? Fair, klar, vertrauensvoll. Ich delegiere bewusst und stehe hinter den Entscheidungen meines Teams. Dabei sind Kommunikation und Offenheit im Umgang für mich unerlässliche Bausteine.

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Kreditgeschäft ein, gerade mit Blick auf Zinsen und Konjunktur?

Die Nachfrage ist in den letzten Monaten gestiegen, vor allem im gewerblichen Immobilienbereich. Das veränderte Zinsniveau ist eingepreist, auch wenn Baukosten und Unsicherheiten bremsen. In Hannover bleibt insbesondere der Wohnungsbau weiter sehr gefragt.

Als erste Frau im Vorstand der Hannoverschen Volksbank: Welche Botschaft haben Sie für junge Frauen in der Finanzbranche?

Seid mutig und traut euch mehr zu! Talente müssen gezielt gefördert werden. Familie und Karriere schließen sich nicht aus – mit den richtigen Rahmenbedingungen ist beides zu vereinbaren. Und eines ist klar: Gemischte Teams und vielfältige Führung sind nachweislich erfolgreicher.

Wie schaffen Sie es, eine Vorstandsposition und drei Kinder im Alltag konkret unter einen Hut zu bringen? 

Für mich sind kurze Wege, sorgfältige Planung und verlässliche Betreuung das A und O. Außerdem ist es entscheidend, einen Partner zu haben, der mitzieht. Ich blocke Familien-Termine früh, investiere bewusst in gute Kinderbetreuung und nutze Flexibilität. Dabei liefere ich natürlich auch – denn Verlässlichkeit ist für mich eine Selbstverständlichkeit.  

Vergleiche mit anderen helfen dabei niemandem weiter. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gestalten.

Wie schalten Sie nach einem langen Arbeitstag am liebsten ab?

Ich gehe dann gerne raus – mit dem Rad durch Hannover, Zeit mit meinem Mann und den Kindern oder spontan mit Freundinnen. Und wenn’s ganz ruhig sein soll: meine Ponys. Auch wenn ich nicht mehr reite, bin ich begeisterte Ponyzüchterin.  

Gebäude der Hannoverschen Volksbank mit Logo in Hannover
Ein Haus mit Geschichte: Die Hannoversche Volksbank gehört seit 1860 zu Hannover. Foto: Roksana Leonetti

Sie leben mit Ihrer Familie in Kirchrode. Was macht Hannover für Sie zu einem besonderen Lebensmittelpunkt?

Hannover hat für mich die perfekte Größe: groß genug für Vielfalt und ein Stück Anonymität, klein genug für kurze Wege und ein starkes Netzwerk. Für Kinder ist die Stadt ideal: bunt, lebendig und hervorragend angebunden.

Welche Orte in Hannover sind für Sie echte Lieblingsplätze – ob zum Entspannen, für die Familie oder auch für inspirierende Momente im Alltag?

Die Eilenriede. Für mich besonders dort, wo man abseits der bekannten Wege immer wieder stille Ecken entdeckt, die mit der Zeit zu ganz persönlichen Lieblingsorten geworden sind. Samstags zieht es mich auf den Lindener Markt, der immer für gute Laune sorgt.  

Was gehört für Sie zu einem perfekten „Hannover-Erlebnis“, das Sie keinen Besuchern vorenthalten würden?

Das Neue Rathaus mit dem Kuppelaufzug und der Maschsee – absolute Must-Sees! Am besten erlebt man Hannover aber mit dem Rad, quer durch Südstadt, List, Nordstadt und Linden. So bekommt man den echten Stadt-Vibe mit.

Hannover hat eine lebendige Kultur- und Gastronomieszene. Gibt es Restaurants, Museen oder Veranstaltungen, die Sie besonders mögen und für Sie als Ausgleich dienen?

Ich liebe Oper und Theater – mein Highlight ist der Poetry Slam in der Oper. Frühstück gibt’s bei mir im „Corner“ und mittags zieht es mich ins „Bistro 11A“. Und abends? Da gehe ich gerne ins „Wild Duck“ im Pelikanviertel oder in die Eisdiele „Soravia“ in Kirchrode – vielleicht ungewöhnlich, aber die Pizza ist einfach großartig.

Anne Mahler steht für Bodenständigkeit und Gestaltungswillen. Als erste Frau im Vorstand der Hannoverschen Volksbank übernimmt sie Verantwortung und gestaltet die Zukunft aktiv mit. Wir wünschen ihr viel Erfolg und ein gutes Händchen!