Der Countdown zum Opernball läuft: Die Blumengestecke hängen an den Rängen, die Tänzer proben ihre Showeinlage und in der Kostümabteilung muss Luzie Nehls-Neuhaus die letzten Feinheiten korrigieren: Sie ist eine Kostümbildnerin der Staatsoper Hannover. Vor dem Opernball, bei dem heute und morgen gefeiert wird, ist sie ein wenig gestresst. „Wir arbeiten bis zur letzten Sekunde auf Hochtouren“, sagt Nehls-Neuhaus.
Zurück in die Sechziger
„Let the Sunshine In“ – so lautet das Motto des diesjährigen Opernballs, der ganz im Zeichen der Sechziger und Siebziger steht. Die Mode der Hippie-Zeit war luftig, leicht und kunterbunt. Das spiegelt sich auch in den Kostümen der Sänger, Statisten und Tänzern für den Opernball wider, die ordentlich aufgereiht auf den Kleiderständern hängen. „Seien es Schlaghosen, weite Ärmel oder fließende Stoffe – wir möchten einen starken visuellen Effekt erzielen“, betont Nehls-Neuhaus. Bei dem diesjährigen Motto habe sie sich künstlerisch sehr frei ausleben können. „Diese Freiheit haben wir im Team genutzt, um mit unseren Kostümen einen Spagat zwischen dem Naturalismus und dem glamourösen Opernball zu schaffen.“ Bei den Kostümen durfte sie durchaus einmal etwas übertreiben – eine Glitzerborte hier, ein paar funkelnde Steine dort – die Hippies, die Entwürfe von Nehls-Neuhaus tragen, werden glamourös und ausgefallen daherkommen.
Nach dem Opernball ist vor dem Opernball
Insgesamt etwa 80 bis 90 Kostüme hat das Team für den Opernball entworfen, darunter sind 27 für die Statisterie und fünf für die Solisten. Ein extra Kostüm ist für die Moderatorin sowie zwei sind für die Dirigenten genäht worden. Da diese große Anzahl an Kleidungsstücken nicht über Nacht erstellt werden können, laufen die Planungen für den Opernball schon seit einem Jahr. „Die Vorbereitungen für einen Opernball beginnen immer dann, wenn der letzte abgeschlossen ist“, sagt Nehls-Neuhaus. Die zentrale Frage, die sie sich immer vorab stellt, ist: Wie können wir das Motto kostümbildnerisch umsetzen?
Im September und Oktober letzten Jahres haben sie mit der Fertigung der ersten Kostüme begonnen, jetzt sind sie bereit, um beim Opernball ausgeführt zu werden. Nehls-Neuhaus selbst kann den Opernball kaum erwarten, auch weil sie sehr viel Arbeit und Liebe in die Produktion der Kostüme gesteckt habe. Aber nicht alle, die beim Opernball zu sehen sein werden, sind komplett neu: Einige Kostüme stammen auch aus dem Fundus. Die, die neu geschneidert werden, werden zunächst als Prototyp aus einem günstigeren Stoff hergestellt. So sieht die Kostümbildnerin, ob die Passform und die Idee des Kleidungsstücks wirklich zum Konzept passen. „Ich möchte den gekauften Stoff nicht benutzen, bevor ich weiß, dass eine Idee wirklich funktioniert“, erklärt sie.
Wer hat das beste Outfit?
Bunte Outfits werden aber nicht nur auf der Bühne zu sehen sein: Neu beim Opernball ist dieses Jahr ein Outfit-Wettbewerb. Für die Besucher heißt das: Je bunter, je blumiger und je eleganter, desto besser. Jeder kann teilnehmen. Die nobilis ist an beiden Abenden in der Jury vertreten: Chefredakteurin Heike Schmidt entscheidet mit, wer für das flippigste Outfit, die eleganteste Robe oder den Look, der das Motto „Let the Sunshine In“ am besten verkörpert, mit einem Preis belohnt wird.
Ein Traum wird wahr
Als Kostümbildnerin lebt Nehls-Neuhaus ihren Kindheitstraum. Vom Armbänderknüpfen bis zum Handarbeitsunterricht in der Schule – „Ich hatte schon immer eine Obsession dafür, mit Stoffen zu arbeiten.“ Nach der Schule studierte sie zunächst dual Mode an der M3 Modeschule in Hannover und machte eine Ausbildung zur Maßschneiderin. Anschließend schrieb sie sich an der Hochschule Hannover für Kostümdesign ein. Weil sie sich auch für das Theater und die Oper interessierte, hat sie sich an der Staatsoper Hannover beworben und den Job bekommen. Sie ist gespannt, wie die Besucher dieses Jahr auf die Kostüme reagieren. „Ich möchte, dass sich die Besucher der der Stimmung hingeben können – und die Hippie-Ära neu in sich erwachen lassen.“
Für Kurzentschlossene: Wer noch zum Opernball möchte, kann Karten unter Staatsoper – Staatstheater Hannover (staatstheater-hannover.de) erhalten.
Text und Fotos: Luise Moormann