„Seasons“ heißt die GOP-Show, die im Wintervarieté in Herrenhausen in diesem Jahr zu sehen sein wird. Und was könnte besser zum Jahresende passen, als ein spielerisch-leichter Rückblick auf die Highlights der Jahreszeiten eines vergangenen Jahres. Die Nobilis durfte schon einmal vorab „Seasons“ im GOP in Bad Oeynhausen sehen. Dort gastiert die Show, die im November in der Orangerie in Herrenhausen sein wird.
Vivaldi. Natürlich. Ein Einstieg ohne ihn wäre sträflich. Aus einem alten, fast vergessenen Radio schallt seine Musik. Doch nicht nur das. Das Radio redet. Es führt uns in die Geschichte ein, die mit einem großen Überseekoffer beginnt, der auf die Bühne gefahren wird. Im Hintergrund ist ein Dachboden zu sehen. Eine alte Stehlampe, ein in Folie verpackter Sessel stehen dort wie vergessene Erinnerungen. Doch nicht lange. Im großen Überseekoffer rumort es. Er wackelt. Er wankt, bis schließlich Raphaëlle Pépin die Tür öffnet und acht weitere Artisten aus ihm herauskommen. Der Rückblick auf die „Seasons“ kann beginnen.
Jonglage mit Stahl
Jasmin Blouin lässt einen acht Kilogramm schweren und mit 1,20 Metern Kantenlängen großen Würfel aus Metall scheinbar schweben. Er jongliert ihn nur auf seinem Kinn, während der Stahl glänzende Muster in den dunklen Bühnenhimmel malt. Die ruhigen Parts übernimmt Ania Lewandowska. Im Herbst zeigt sie an den Strapaten eine unglaublich schöne Nummer, während vom Bühnenhimmel Blätter fallen. Das ist berührend und poetisch. Die große Stärke dieser Show ist aber das Zusammenspiel, wenn alle Künstler auf der Bühne sind und sich nicht nur im übertragenen Sinne die Bälle zuwerfen.
Spaß mit Bällen
Mit übergroßen, knallroten Gymnastikbällen, die man auch zum Sitzen am Schreitisch gebrauchen kann, jongliert die ganze Truppe im Sommer. Sie werfen sich die Bälle zu, klettern darauf herum oder nutzen sie, um darüber hinwegzugleiten wie auf einer Wasserrutsche. Raphaëlle Pépin, Amélie Granger, Carl Turner, Jasmin Blouin, Jessi James, Florian Golman, Babou Sanna, Rémi Orset und Ania Lewandowska zeigen als Team Lebensfreude pur. Gemeinsam Seil springen? Warum nicht? Drei Seile und fünf Menschen hüpfen gemeinsam auf der Bühne – mit den Beinen, aber manchmal auch nur auf dem Po sitzend, der nur dann abhebt, wenn das Seil naht.
Freischwimmer in der Luft
Ein Highlight im Sommer ist aber unzweifelhaft das mit 23 Jahren jüngste Mitglied der Gruppe: Wenn Raphaëlle Pépin am Strand einen vermeintlichen Traummann anschmachtet und anschließend mit Flossen am Trapez ihren Freischwimmer macht, ist das nicht nur urkomisch, sondern auch artistisch erstklassig. Wie schön, dass Raphaëlle, die eigentlich seriöse Trapezkünstlerin werden wollte, auch ihr clowneskes Element voller Leidenschaft auslebt. So wird sie ein klein wenig zum Star des Abends. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Sommer-Fan war, der wird diese Jahreszeit nach ihrem Auftritt lieben.
Zauberhaft im Cyr
Das alles ist so schön spielerisch, dass die Zeit wie im Flug vergeht und man sich plötzlich im Herbst befindet. Und was machen viele Menschen im Herbst? Genau! Wandern und Radfahren. Nur, dass es beim GOP eben ein Einrad ist, auf dem Rémi Orset und Babou Sanna zusammenfahren. Dann ist der Winter da und es wird zauberhaft. Wie eine Eisprinzessin dreht sich Ania Lewandowska in ihrem beleuchteten Cyr. Schneeflöckchen fallen. Das Licht malt Kreise in den Bühnenhimmel. Nach dieser leisen Nummer wird es nochmals laut. Vom Dach des Hauses lassen sich Jasmin Blouin, Florian Golman und Rémi Orset auf ein Trampolin fallen, um sich mit Leichtigkeit wieder zurück auf die Schindeln katapultieren zu lassen.
Manchmal vergeht ein Jahr wie im Flug. Dann genügen schon zwei Stunden aus, um alle „Seasons“ Revue passieren zu lassen – zumindest, wenn sie so aufregend und spielerisch sind wie die in der gleichnamigen GOP-Show, die im Wintervarieté in Hannover zu sehen sein wird.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Ralf Mohr