Das Gartentheater Herrenhausen: Barocke Bühne mit neuer Strahlkraft

24. Juni 2025 | von Roksana Leonetti

Das Gartentheater in Herrenhausen vereint barocke Geschichte mit moderner Open-Air-Kultur – ein Ort, der gestern wie heute Publikum begeistert.

Luftaufnahme eines Gartentheaters mit Publikum und Bühne bei Sonnenuntergang Christian Wyrwa

Ein lauer Sommerabend in Herrenhausen. Das Licht spielt auf vergoldeten Figuren, Hecken umrahmen die Bühne, das Publikum wartet auf den ersten Ton. Wer hier Platz nimmt, sitzt mitten in der Geschichte: Das Gartentheater im Großen Garten ist nicht nur Deutschlands ältestes Heckentheater. Es ist ein Ort, an dem barocker Glanz und moderne Kultur aufeinandertreffen.

Nahaufnahme einer goldenen Statue im Gartentheater vor blauem Himmel
Pixabay/Daniel Wanke

Barockes Schauspiel unter freiem Himmel

Erbaut wurde das Gartentheater zwischen 1689 und 1692 unter Kurfürst Ernst August und seiner Gemahlin Sophie. Als Bühne unter freiem Himmel, ganz aus Natur und Symbolik geschaffen, war es ein Ort höfischer Repräsentation. Satyrn, Götter und antike Allegorien schmückten das Rund, 27 vergoldete Bleifiguren blickten auf die Zuschauer. Heute sind 17 davon noch erhalten: kostbare Originale, teils einzigartig in Europa.

Damals flossen Opern, Theater und Tanz ineinander. Kurfürstin Sophie ließ mythologische Spiele und musikalische Intermezzi aufführen. Der Hof nahm Platz auf Rasenstufen, die Bühne war von Hecken gerahmt, die Perspektive kunstvoll geplant. Nachts flackerten Fackeln, der Garten wurde zur Festbühne - bei Maskenbällen, Gondelfahrten und sogar Feuerwerken. Berühmte Gäste wie Zar Peter der Große oder ein junger Georg Friedrich Händel verkehrten hier.

Von der Stille zum Neubeginn

Nach Sophies Tod verstummte das Theater. Im 18. und 19. Jahrhundert geriet es in Vergessenheit, das höfische Leben verlagerte sich nach London. Die Bühne überwucherte, wurde zur stillen Kuriosität für bürgerliche Spaziergänger. Doch die Anlage blieb erhalten. Nicht trotz, sondern dank jahrzehntelanger Vernachlässigung. Weil Herrenhausen nach 1714 keine Residenz mehr war, entging der Garten der Mode des Umgestaltens. Ein Glücksfall für die Geschichte.

Erst im 20. Jahrhundert erlebte das Heckentheater seine Renaissance. Ab den 1950er Jahren wurde es wieder bespielt, modernisiert und öffentlich zugänglich gemacht. Seither ist es ein fester Bestandteil des hannoverschen Kultursommers. Beliebt bei Jung und Alt, geschätzt von Ensembles aus aller Welt.

Heute: Klassik trifft Kleinkunst

Rund 1.000 Zuschauer fasst das Gartentheater heute. Von Mai bis September finden hier Konzerte, Theaterabende, Lesungen und Kinonächte statt. Besonders bekannt: das Kleine Fest im Großen Garten, bei dem das Theater eine der Hauptbühnen ist. Ebenso sind die KunstFestSpiele Herrenhausen regelmäßiger Gast – mit spartenübergreifenden Produktionen, die barocke Kulisse und zeitgenössische Kunst vereinen.

2021 wurde das Gartentheater aufwendig restauriert: Figuren ergänzt, Bäume erneuert, das Bühnenbild wieder in barocker Originalform rekonstruiert. So trifft heute Moderne auf Historie und der einstige Festspielort lebt wieder auf, ganz im Sinne seiner Erfinder.

Gartentheater in Herrenhausen, Hannover mit goldenen Statuen und geschnittenen Hecken
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Ein Ort mit Ausstrahlung

Das Gartentheater ist nicht einfach eine Bühne im Grünen. Es ist ein Erlebnisraum, in dem Geschichte mitschwingt. Ein Ort, an dem einst Könige applaudierten und heute Familien, Musikliebhaber und Kulturbegeisterte zusammensitzen. Wenn sich in einer klaren Sommernacht das Licht über dem Heckenrund senkt und Applaus durch den Garten hallt, könnte man fast glauben, Kurfürstin Sophie nickt aus dem Schatten einer Figur zustimmend – zufrieden, dass ihre Bühne bis heute leuchtet.