Verborgene Schätze der Gartenkunst: Die Gartenbibliothek in Herrenhausen

03. Juli 2025 | von Roksana Leonetti

Die Gartenbibliothek in Herrenhausen birgt Jahrhunderte altes Wissen zur Botanik, Pomologie und Gartenkunst – ein verborgenes Juwel in Hannover.

Gartenbibliothek mit klassischer Architektur und gepflegtem Rasen Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Wer durch die Herrenhäuser Gärten flaniert, ahnt kaum, dass sich hinter der barocken Gartenpracht ein Schatz der besonderen Art verbirgt: Eine Bibliothek, die das Wissen der Gartenkunst, Botanik und Pomologie über Jahrhunderte hinweg bewahrt hat und bis heute lebendig hält.

So alt ist die Gartenbibliothek

Offenes Kunstbuch mit Obstillustrationen in der Gartenbibliothek
Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Die Ursprünge der sogenannten Königlichen Gartenbibliothek reichen zurück in die Zeit um 1800. Es war der Hofgärtner Johann Christoph Wendland (1755 - 1828), der privat eine botanische Sammlung aufzubauen begann. „Diese Bibliothek war keine reine Zierde“, erklärt Anja Fleck, stellvertretende Leitung der Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. „Sie diente als Arbeitsgrundlage - ein echtes Werkzeug der gärtnerischen Forschung.“ 

Im Jahr 1832 erkannte die Hofgartenverwaltung den Wert dieser Sammlung und kaufte sie auf. So wurde aus Wendlands privatem Schatz die Dienstbibliothek der Gärtner in Herrenhausen, insbesondere für den Berggarten.

Welche Werke genau dazugehören, ist bis heute nicht abschließend geklärt. „Ein vollständiger Katalog fehlt“, so Fleck. Doch allein der Auktionskatalog von Reiss & Sohn aus dem Jahr 2005 verzeichnete 742 Nummern. Dass damit längst nicht alle Bücher erfasst sind, zeigen immer wieder einzelne Fundstücke mit Besitzstempeln der Gartenbibliothek, die im Antiquariatsmarkt auftauchen. „Wir bemühen uns kontinuierlich, solche Stücke mit entsprechender Provenienz zurückzuführen“, sagt Fleck.

Der geplante Verkauf der Sammlung im Jahr 2005 wurde glücklicherweise gestoppt. Stattdessen erwarben drei große Bibliotheken, darunter die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover, gemeinsam mit Unterstützung der Stiftung Niedersachsen das einmalige Konvolut. Damit blieb es der Öffentlichkeit erhalten.

Diese Bücher findet man in der Gartenbibliothek

Besonders herausragend ist die sogenannte Pomologie (Signatur KGBH 31): Drei Mappen mit 170 liebevoll gezeichneten Gouachen von Äpfeln, Birnen und Pfirsichen, die einst in der königlichen Obstplantage von Herrenhausen wuchsen. Um 1800 bis 1825 entstanden, zeigen sie mit beeindruckender Präzision und Schönheit die Vielfalt des Obstbaus jener Zeit. „Dieses Werk ist heute eines der wertvollsten der Sammlung, nicht nur wegen seiner Einzigartigkeit, sondern auch wegen seines künstlerischen und dokumentarischen Werts“, erklärt Fleck. Wer möchte, kann diese Illustrationen heute sogar digital bestaunen.

Illustrierte Seite einer Gartenbibliothek mit Traubenabbildung
Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Doch die Gartenbibliothek ist kein verstaubtes Archiv. Die Bücher stehen weiterhin der Forschung offen. „Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen sie. Aber auch für Ausstellungen und Seminare wird die Sammlung lebendig gehalten“, so Fleck. 

Natürlich unter strengen konservatorischen Bedingungen: Nur im Forschungslesesaal, mit Buchkissen, Bleischlangen und professioneller Unterstützung, dürfen die historischen Werke betrachtet werden.

 

Was bleibt, ist die Faszination: Die Gartenbibliothek in Herrenhausen ist mehr als ein Bücherregal, sie ist ein lebendiges Zeugnis botanischer Leidenschaft, ein Hort des Wissens und ein stiller Begleiter der Gartenkunst durch die Jahrhunderte. Wer sie entdeckt, sieht die Herrenhäuser Gärten mit anderen Augen.