Hinter den Hunden reiten
15. Oktober 2025 | von Beate RoßbachRote Reitröcke, jagende Hunde und waghalsige Sprünge: Die Hubertusjagd in Isernhagen gehört zum Herbst wie buntes Laub.

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Wenn die Meute ruft
Wenn ein Pulk von rotgekleideten Reitern auf schönen Pferden hinter einer Hundeschar durch das Gelände rund um Isernhagen und über das Truppenübungsgelände in Langenhagen zieht, dann ist es wieder soweit: Es ist Hubertustag und in Isernhagen findet die große Reitjagd statt, die „Jagd in Rot“. So wird die Parforcejagd hoch zu Ross genannt, im Gegensatz zur „grünen Jagd“, bei der Jäger mit Gewehren aktiv sind.
Bei der Reitjagd wird nicht geschossen, sondern galoppiert. Erfahrene Reiterinnen und Reiter folgen schnellen Hunden auf kilometerlangen Strecken durchs Gelände und springen dabei über klobige, feste Hindernisse. Das Jagdreiten hat eine sehr lange Tradition. Hier liegen die Ursprünge der Kavallerie und auch der modernen Vielseitigkeitsreiterei. Die Niedersachsen-Meute mit ihren Hunden der Rasse „English Foxhounds“ gehört zu den wenigen Meute-Vereinen in Deutschland, die diese anspruchsvolle Sportart noch engagiert ausüben. Die Meutejagd auf lebendes Wild ist seit 1934 in Deutschland verboten. Aber auch als sogenannte Schleppjagd, wenn die Hunde einer künstlichen Fährte folgen, ist die Faszination dieser Sportart groß. Bei der Niedersachsen-Meute wird die Fährte mit einer verdünnten Anis-Lösung gelegt, die der vorausreitende „Schleppenleger“ aus einem Behälter auf die Strecke träufelt. Also bitte nicht wundern, wenn es bei der Jagd nicht nur nach Pferden, sondern auch nach Kräutertee duftet.

Tradition auf historischem Boden
Isernhagen ist zu Recht stolz auf seine Traditionsjagd. Das Gelände ist historischer Boden. Schon in früheren Zeiten trafen sich hier die Kavallerie-Offiziere aus Hannover zum Training und zur Jagd. „Nahe an vierhundert Jagdreiter, unter ihnen wohl ein Dutzend Damen, brachen bald nach ein Uhr unter den Klängen der Ulanen-Trompeter vom Gasthaus Hubertus auf, voran die achtzehn Koppeln starke Meute. Vom Südausgang des Dorfes Isernhagen bogen wir rechts ab in Richtung auf die Wietze zu. Ein kurzer Trab, dann sprachen die Kopfhunde die Fährte an, und mit silberhellem Jubellaut fiel der Chor ein.“ So berichten die Quellen über die Parforcejagd am Hubertustag 1905, beschrieben von einem Zeitzeugen im Sattel, Rittmeister Freiherr von Esebeck. Die königliche Meute des Militärreitinstituts zu Hannover war es, die hier einem Wildschwein nachjagte.
Heute sind es leider nicht mehr 400 Gäste zu Pferde, aber ansonsten wird immer noch nach alten Traditionen und Gebräuchen und mit den direkten Nachfahren der Hunde gejagt, von deren Spürsinn Rittmeister von Esebeck bewundernd berichtete. Geführt werden die Foxhounds von ihrem „Master“, der von seiner „Equipage“ begleitet wird. Das sind die „Pikeure“, die ihm assistieren und dabei helfen, dass die Hunde ihren Job machen, brav auf der Spur bleiben und nicht auf interessant riechende Abwege geraten.

Faszination für Reiter und Zuschauer
Nicht nur die waghalsigen Sprünge der Pferde, sondern auch die abwechslungsreiche Hundearbeit begeistert die Jagdzuschauer. Und nein, man muss nicht selbst reiten, um dabei zu sein. In Isernhagen wartet ein Konvoi von geländegängigen Treckergespannen auf die Besucher, die dem Geschehen folgen möchten. Aber Achtung, die Plätze auf den Anhängern sind begehrt, pünktliches Erscheinen ist ratsam. Stelldichein auf dem Gelände des Reitvereins in Isernhagen HB ist um 13.00 Uhr, Abritt um 13.30 Uhr. Auch der Termin ist in diesem Jahr neu und ungewohnt. Der Hubertustag in Isernhagen wird vorverlegt. Jawohl - die Jagd findet schon am 2. November 2025 statt, denn das ist ein besucherfreundlicher Sonntag.
Andere wichtige Ereignisse bleiben. Camill Freiherr von Dungern, der legendäre Master der Niedersachsen-Meute, ist Jagdherr in Isernhagen und reitet im springenden Feld mit, das lässt er sich nicht nehmen. Das Führen der Meute hat seine Tochter Celestina Löbbecke übernommen. Sie trägt übrigens auch einen roten Jagdrock, ein Kleidungsstück, das sich Jagdreiter durch Erfahrung verdienen müssen. Bisher war dieses Outfit in Deutschland für Damen unüblich, aber die Zeiten ändern sich und Lady-Master Celestina hat sich ihr Outfit redlich verdient.
Halali und Grünkohl: Der stimmungsvolle Abschluss
Seit Wochen sind die Mitglieder des Reit- und Fahrvereins Isernhagen aktiv, um die rund 15 Kilometer lange Strecke vorzubereiten und naturnahe Hindernisse auf dem Truppenübungsplatz zu bauen. Jagdhornbläser begleiten das Geschehen, und wenn das Ziel erreicht und die Hunde das Wild gestellt haben, also die Spur bis zum Ende verfolgt haben, blasen sie das Signal „Halali“. Dann versammeln sich Teilnehmer und Zuschauer am großen Feuer. Die Hunde erhalten ihre wohlverdiente Belohnung, das „Curée“. Früher waren das die Innereien des erlegten Wildes, heute ist es ein Rinderpansen. Den Reitern wird vom Jagdherrn der „Bruch“ überreicht, ein kleiner Strauß aus Eichenlaub, ein alter Jagdbrauch, der dem erlegten Wild Respekt erweisen soll. Und wenn Pferde und Hunde versorgt sind, wird in der Reithalle der Tag beim zünftigen Grünkohlessen und bei Musik und Tanz abgeschlossen. Party für alle. Herzlich willkommen im Pferdedorf Isernhagen.