„Vier Kutschen, ein Königreich“ – Ausstellung royaler Kutschen in Hannover

07. Juli 2025 | von Frauke Hansen

Die Ausstellung „Vier Kutschen, ein Königreich“ entführt Besucher in eine Zeit voller Prunk: Im Zentrum stehen vier prachtvoll restaurierte Kutschen.

Historische Kutsche in einer Ausstellung mit blauer Wand und Gemälden Historisches Museum Hannover/Ulrich Pucknat

Wiederöffnung mit royalem Segen: In Anwesenheit von Prinz Ernst August von Hannover wurde am 2. Juli 2025 das Museum Schloss Herrenhausen wiedereröffnet - die berühmten Kutschen des Hauses Hannover sind dafür aus dem Historischen Museum in den Westflügel des Museum umgezogen und bilden nun den Höhepunkt der Ausstellung „Vier Kutschen, ein Königreich“.

Was zeigt die Ausstellung „Vier Kutschen, ein Königreich“?

Die Ausstellung „Vier Kutschen, ein Königreich“ im Museum Schloss Herrenhausen beleuchtet die Glanzzeit des Königreichs Hannover zwischen 1814 und 1866. Im Zentrum stehen vier prachtvolle Staatskarossen, die über Jahrzehnte hinweg als Symbole königlicher Macht dienten und bereits von 1966 bis 2023 im Historischen Museum Hannover zu sehen waren. Anlässlich des Jubiläums „350 Jahre Großer Garten“ wurden die Kutschen neu in Szene gesetzt und in einen historischen sowie gesellschaftspolitischen Kontext eingebettet.

Die Schau bietet weit mehr als reine Fahrzeuggeschichte: Sie erzählt vom Selbstverständnis der hannoverschen Monarchie, vom höfischen Zeremoniell und davon, wie Prunk und Pracht genutzt wurden, um soziale Ungleichheit zu manifestieren. Die Kutschen verkörpern den Anspruch der Welfen auf gesellschaftliche Vorherrschaft – in einer Zeit, in der das Volk zunehmend Mitspracherechte forderte.

Ein besonderer Fokus liegt auf den Rollen von Frauen im Adel: Porträts der Welfenherrscherinnen und -herrscher stellen Fragen nach Handlungsspielräumen und Inszenierung in einer patriarchal geprägten Welt. Auch der koloniale Kontext kommt zur Sprache – etwa im Zusammenhang mit der berühmten „Goldenen Kutsche“, die in der Ära britischer Kolonialherrschaft entstand.

Prunkvolle historische Kutsche in einem Museum
Historisches Museum Hannover/Ulrich Pucknat

Wie lange läuft die Ausstellung?

Die Ausstellung „Vier Kutschen – Ein Königreich“ ist eine Dauerausstellung.

Die Highlights – Vier königliche Kutschen im Detail

Goldene Kutsche – Staatswagen Nr. 1
Entstehung & Nutzung: Dieser prunkvolle Wagen wurde 1814 in London für den Prince of Wales (spätere Georg IV.) gefertigt und 1821 bei seinem Hannover-Besuch genutzt. König Ernst August ließ ihn 1846 modernisieren, doch weder er noch Georg V. benutzten ihn je
Maße & Ausführung: Länge: 5,18 m; Höhe: 4,20 m (inkl. Krone); Tiefe: 1,83 m; Gewicht: ca. 1.700 kg. Materialien: Holz, Eisen, Messing, Leder, Stoff und Borten

Coupé des Prinzregenten Georg (Staatswagen Nr. 3)
Herkunft & Besonderheit: Fertigung vermutlich um 1790 in London, 1823 nach Hannover geliefert. Der Zweisitzer wurde dem Bruder, Herzog Adolph von Cambridge, zugedacht
Design-Details: Länge: 5,00 m; Höhe: 2,51 m; auffallend das verspielte Seepferd-Relief (Pferd + Fisch) an der Vorderseite – mythologisch und ungewöhnlich

Berline – Staatswagen Nr. 2
Geschichte & Restaurierung: 1790 in Karlsruhe gebaut, im Rahmen der französischen Besetzung 1803 verkauft, anschließend 1814 vom Welfenhaus zurückgekauft. Mehrfache Restaurierungen (1819, 1833, 1845) 
Abmessungen & Einsatz: Länge: 4,60 m; Höhe: 2,42 m; Tiefe: 1,92 m; Gewicht: ca. 1.300 kg. Genutzt u. a. von Ernst August bei der Eröffnung der Ständeversammlung 1838/41 und Georg V. zur seiner Hochzeit 1843

Phaeton des Prinzen Eduard, Herzog von Kent
Klassischer Phaeton: Ein leichter Zweisitzer, Symbol mythologischer Tradition wie der Name suggeriert – der Sohn des Sonnengottes Phaeton fährt außer Kontrolle
Maße & Materialien: Länge: 3,95 m; Höhe: 2,35 m; Tiefe: 1,80 m; Gewicht: etwa 1.100 kg. Aus Holz, Leder, Eisen, Messing und Stoff gefertigt

Besucher betrachten Gemälde eines historischen Offiziers in einer Ausstellung
Historisches Museum Hannover/Ulrich Pucknat

Rahmenprogramm: Führungen, Veranstaltungen und interaktive Erlebnisse

Die Ausstellung ist multimedial und inklusiv gestaltet: Ein Tastmodell der Goldenen Kutsche lädt zum Ertasten ausgewählter Details ein. Für Familien und Kinder gibt es ein Begleitheft mit Rätseln, Suchaufgaben und interaktiven Anregungen für einen spielerischen Rundgang. 

Neben prachtvoll restaurierten Kutschen präsentiert die Ausstellung vor allem eindrucksvolle Porträts von Herrschern des Welfenhauses und ihren Gemahlinnen. Besonders spannend: Eine eigene Themenroute widmet sich der Frage, wie sich Fürstinnen und Fürsten jener Zeit in ihren gesellschaftlichen Rollen inszenierten – und welchen Spielraum insbesondere die Frauen in einer stark männlich geprägten Welt tatsächlich hatten.

Darüber hinaus beleuchtet die Ausstellung auch die weniger bekannten Verflechtungen zwischen höfischer Repräsentation und dem kolonialen Erbe Hannovers. Mit diesem Blick auf Vergangenheit und Gegenwart eröffnet die Schau nicht nur neue Perspektiven auf die Geschichte – sondern liefert zugleich Impulse für eine reflektierte Auseinandersetzung mit demokratischen Werten heute.

Besucherinfos auf einen Blick

Öffnungszeiten
1. April bis 31. Oktober, Di. – So. 11 bis 18 Uhr
1. November bis 31. März, Di. – So. 9 bis 16 Uhr

Eintritt
Gesamtkarteneintritt incl. Großer Garten und Bergarten 10 Euro
Kombiticket ermäßigt 8 Euro
Kinder/Jugendliche unter 18 Jahren frei

Führungen für Gruppen
(auch Schulklassen) nach Vereinbarung
Tel.: 0511 168 43945;
buchungen.hmh@hannover-stadt.de