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Frischer Wind und gute Laune

11. Juni 2021

Vier Frauen, vier Talente: In der Oberstraße 8 hat sich ein Team versammelt, das gemeinsam Mode macht, die nicht nur gut aussieht, sondern auch besonders nachhaltig ist. Zu Besuch im O8 Studio

Text: Luisa Verfürth Fotos: shino photography
Öffnet man die Tür des O8 STUDIOS, fällt man meist sofort über Cockerspaniel Lotte und die französische Bulldogge Agnes. Man tut dies aber gern. Denn beide machen die Frauenpower-Combo in dieser lebendigen Arbeits-WG perfekt. Es ist auch ihr Terrain. Sie sind die Musen hier. Gerade Agnes trägt immer die neuesten Trends – alles, was ihr Frauchen entwirft, gibt es en petit auch für sie.
O8 steht für Oberstraße 8. Was auch gleich die Adresse der vier Nordstädter Ladys ist. Die O8-Girls, das sind Stefanie Sieverding, Lorena Winkler, Sonay Hardt und Franziska Kordis. Die vier Säulen, die das O8-Studio-Gerüst stemmen. Aber mit Leichtigkeit und Lebensfreude.
Ursprünglich gehörte der Laden Hardt allein. Sie betreibt inzwischen den viel größeren Store Elfie & Ignaz im Hinterhof-­Gebäude, in dem es neben Vintage-Kleidung auch eine Bar, Secondhand-Wohnaccessoires und eigens von ihr restaurierte oder komplett umgestaltete Möbel gibt. Sie lernte sogar noch Malerin und Lackiererin, um selbst anpacken und die schönen, alten Möbel wieder aufbereiten zu können, die sie bei Wohnungsauflösern oder auf Flohmärkten findet. Ein paar davon stehen auch immer wieder im O8 Studio zum Verkauf.
Als sie auszog und der kleine schöne Laden an der Straße frei wurde, ergriffen die beiden Modedesignerinnen Lorena Winkler und Stefanie Sieverding die Chance. Mit einem Auge für das, was die Modewelt derzeit bewegt wohlgemerkt. Die beiden Designerinnen bieten im O8 Studio nämlich nicht nur die Kollektionen ihrer eigenen Labels Wayóm und Dörpwicht zum Kauf an, sondern auch den Kunden von Elfie & Ignaz die Möglichkeit, Vintage-­Kleidung auf Maß zu ändern, die sie im Hinterhof bei Hardt gekauft haben.

Nachhaltig und individuell: Vintage-Mode

„Uns ist es generell sehr wichtig, dass Mode wertgeschätzt und nachhaltig gekauft wird“, erklärt Stefanie Sieverding. „Egal, ob man jetzt von lokalen und kleinen Designern einkauft wie bei uns, die ausschließlich mit zertifizierten Materialien und Fair-Trade-Ledern und -Stoffen arbeiten, oder aber eben Vintage. Oft ist es ja so, dass man im Vintage Institut bei Elfie & Ignaz ein ganz besonderes Teil findet, welches aber noch nicht ganz passt. Wir machen es dann passend, sodass man sein perfektes Lieblingsteil bekommt.“
Als Kunde oder Kundin sollte man sich jedoch im Klaren darüber sein, dass sowohl ein Secondhand-Teil als auch der Service drumherum nicht umsonst zu haben sind: „Dinge, die mit Liebe und von Hand hergestellt werden, gehen nie für Klingelgeld“, sagt Sieverding. „Schon aus Wertschätzung nicht. Auch wir Designerinnen haben ja unseren Stundenlohn und müssen am Ende des Monats auf unsere Kosten kommen. Auch Ändern kostet Geld, weil es Handarbeit ist und dauert.“

Gutes Marketing für eine gute Sache

Die Vierte im Bunde ist Franziska Kordis. Die 35-Jährige ist Eventmanagerin und hat Anfang des Jahres ihre eigene Agentur Polygonija gegründet. Sie plant nicht nur ihre eigenen Events und vermarktet Firmen und Labels, sondern kümmert sich auch darum, die Mode-Labels ihrer Freundinnen bekannter zu machen und ihre Botschaft in die Welt hinauszutragen. Warum es dafür extra jemanden braucht? „Die drei sind Kreativ-Köpfe“, sagt Franziska Kordis. „Ihre Stärken sind das Design und das Fertigen wunderschöner Kleidung, nicht unbedingt Marketing oder PR. Deswegen passte es super, dass ich Anfang dieses Jahres hier mit eingestiegen bin.“
Um die begrenzte Fläche im Laden zu vergrößern, haben sich die vier Frauen etwas ausgedacht: Mit einigen Holzpfeilern und Spanplatten zogen sie unter der hohen Decke im hinteren Teil des Ladens eine „Büroebene“ ein, die dank des Know-hows von Kollegin Sonay Hardt an einem Wochenende fertig war. Auf dieser Ebene sitzt Kordis jetzt meist und plant Events sowie Marketingkonzepte, während unten die Nähmaschinen surren, Dampfbügeleisen puffen oder Kunden hineinkommen, um Kollektionsteile von Stefanie Sieverding oder Lorena Winkler anzuprobieren. Letztere wurde mit ihren Urban Turbans bekannt, Tüchern, die man auf unendlich scheinende Weise als Kopfschmuck tragen kann.

Gewagt und gewonnen: Shopping Queen Kordis

Ein Marketing-Clou ist Kordis vergangenen Monat schon geglückt. Sie hat bei Shopping Queen Hannover teilgenommen und gewonnen. Mit einem Weekender aus cognac-braunem Leder aus Sieverdings Kollektion. Kordis erzählt: „Unser Motto der Shoppingwoche war ‚Hoch die Hände Wochen­ende! Finde den perfekten Weekender für einen Citytrip‘. Ich hatte von vornherein gesagt, dass ich nur bei lokalen Designern shoppen gehen möchte oder Vintage einkaufe, und so konnte ich den gesamten Look bei uns im O8 Studio und bei Sonay ergattern.“
Für alle, die mit dem Konzept der Sendung nicht hundertpozentig vertraut sind: Bei Shopping Queen auf Vox steht jede Woche eine andere Stadt im Fokus, aus der fünf Teilnehmerinnen ausgewählt werden und gegeneinander antreten. Mit einem Budget von 500 Euro und einem Zeitlimit von vier Stunden darf jede Teilnehmerin sich an einem Tag der Woche frisieren, schminken, stylen und einkleiden lassen. Am Ende des Tages bewerten die anderen Teilnehmerinnen den neuen Look auf einer Skala von 0 bis 10. Am Ende der Woche vergibt zudem der Juror Guido Maria Kretschmer Punkte an alle Teilnehmerinnen – die Teilnehmerin mit den meisten Punkten wird zur Shopping Queen ihrer Stadt ernannt.
Da Kordis das Glück hatte, in eine Joker-Woche hineinzugeraten, standen ihr sogar 200 Euro mehr zur Verfügung. Perfekt für ihr Vorhaben: Denn ein Handmade-Weekender aus zertifiziertem Leder von Dörpwicht kostet ab 490 Euro aufwärts – eben echte Qualität made in Hannover. Auch das war für Kordis ein Grund, sich überhaupt bei dem Format zu bewerben. „Ich wollte einmal mehr darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, nicht schnell irgendetwas im Handel zu kaufen, wie sonst bei diesem Format, sondern dass es genauso gut auch Vintage und mit lokalen Designern geht.“Dass das funktioniert und gut ankommt, bewies spätes­tens Guido Maria Kretschmers Zehn-Punkte-Bewertung eindrucksvoll. Der schöne Vintage-Gürtel aus Hardts Fundus und die schöne Cord-Culotte gefielen ihm besonders gut.
Am Ende sieht man an dem Konzept der vier Frauen, dass es wie so oft im Leben aufgeht, wenn man Kräfte und Kreativität bündelt, Kosten und eine gemeinsame Vision teilt. So setzt das O8 Studio auch ein Zeichen für hochwertigere Materialien, mehr Transparenz und bewussteren Konsum. Und ein Zeichen des Zusammenhalts – wörtlicher kann man das derzeit oft gehörte „Support your locals“ kaum nehmen.

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