Zum Inhalt springen

Jeder Lauf beginnt mit dem ersten Schritt

29. März 2024

Annica Bergfeld ist passionierte Hobbyläuferin – und lebt ihre Begeisterung auf der ganzen Welt aus. Nur die Kontinente Australien und die Antarktis fehlen noch auf ihrer Liste: Die Kommunikationsexpertin Annica Bergfeld ist begeisterte Hobbyläuferin und startet weltweit. Für die 45-Jährige ist Laufen aber mehr als Sport. Sie ist sich sicher: Sport kann das eigene Mindset verändern.

Der innere Kampf

Es ist Anfang Februar, der Wind weht eisig, es sind gefühlt minus zehn Grad Celsius. Annica Bergfeld steht im Central Park in New York. 21,1 Kilometer liegen vor ihr. Der Halbmarathon, der quer durch die grüne Lunge der Stadt führt, war für Bergfeld das Ziel für den Jahresstart, das ganze Wintertraining darauf ausgerichtet. Doch kurz bevor der Startschuss ertönt, denkt Bergfeld: „Warum mache ich das eigentlich alles?“

Das Zaudern und Zögern, jeder Sportler kennt es. Annica Bergfeld greift in New York zu einem Trick. An der Startlinie, vor der Kulisse der Wolkenkratzer, dreht sie das „Warum“ ins Positive. Bergfeld spult in ihrem Kopf noch einmal die zahllosen Trainingsläufe der vergangenen Wochen ab, ihre große Vorfreude. Sie denkt daran, wie sie ihre Mutter für die Reise begeisterte, die sie nun begleitet und am Streckenrand wartet. Trick Nummer Zwei: einfach loslegen. „Jeder Lauf beginnt mit dem ersten Schritt“, sagt sie. Die 45-Jährige zieht durch, denkt immer nur an den nächsten Schritt. Und sie schafft es. „Ich habe mich durch jeden Kilometer gekämpft“, sagt sie und fügt lachend hinzu: „Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes behaupte.“

Laufen als Lebensstil

Bergfeld, die in der Unternehmenskommunikation eines Versicherungsunternehmens arbeitet, ist eine begeisterte Läuferin, verbindet ihre Reisen mit ihren sportlichen Ambitionen, läuft den Halbmarathon in London, New York und Ljubljana. Sie macht Laufreisen in Marokko, Albanien, den USA, nimmt an Frauenläufen in Hamburg, Wien und Stockholm teil. Das nächste Ziel hat sie immer fest im Blick: Gerade bereitet sie sich auf den Halbmarathon in Lissabon vor, einer von sechs Halbmarathonläufen in europäischen Städten, die sie in den nächsten Monaten absolvieren will. Ein besonderer sportlicher Höhepunkt ist für Bergfeld die Teilnahme am 50. Marathon in Berlin im September, es ist das zweite Mal, dass sie in der Hauptstadt dabei ist.

Die Läufe und das Zusammenkommen mit anderen Menschen motivieren Bergfeld. „Ein Freund hat mich einmal gefragt, warum ich für Läufe bezahle, die ich an anderen Tagen auch umsonst haben könnte“, erzählt sie. Ihre Antwort ist klar: Dieses Gefühl, an der Startlinie zu stehen, diese Aufregung, die in der Luft liegt, das sei einfach unverwechselbar und trage sie durch den Lauf. „Ich liebe es einfach, ein Ziel zu haben und das mit anderen zu teilen.“

Gemeinschaft und Inspiration

Durch den Sport knüpft Bergfeld Kontakte mit Menschen aus der ganzen Welt. „Es gibt keine Berührungsängste, weil wir direkt Themen haben, wir tauschen Tipps, Bestzeiten und Erlebnisse aus. Sport verbindet.“ In ihrem Unternehmen gründete die Kommunikationsexpertin eine Laufgruppe, motivierte Menschen, die zum Teil 20 Jahre keinen Sport gemacht haben, ihre Laufschuhe wieder anziehen. Sie starten langsam. Eine Minute laufen, eine Minute gehen. Nach zwölf Wochen schaffen ihre Kollegen 30 Minuten am Stück. „Es macht mich total glücklich, Menschen mitzunehmen und meine Begeisterung zu teilen.“

Begonnen hat die Laufleidenschaft von Annica Bergfeld während der Corona-Pandemie. Bergfeld war bis dahin mit der deutschen Nationalmannschaft im Drachenbootrennen unterwegs. Sie reiste sowohl mit dem Drachenbootteam oder zum Outrigger-Paddeln nach Florida, Brasilien und Oregon. Der größte Erfolg im Drachenboot: In Thailand wurde sie mit dem Team Vizeweltmeister auf 1000 Metern. Corona ließ auch diesen Mannschaftssport pausieren. Und die begeisterte Sportlerin brauchte eine neue Disziplin.

Überwindung und Ausdauer

Jetzt ist Laufen ihr Ding. „Ich liebe es, dass ich fürs Laufen nur meine Sportschuhe brauche“, sagt Bergfeld. An bis zu fünf Tagen in der Woche läuft sie. Intervallläufe mit alternierenden Geschwindigkeiten, kurze schnelle Läufe, lange Ausdauerläufe, am liebsten an der Ihme durch Linden nach Stöcken oder in der Eilenriede und am Mittellandkanal. „Mit dem inneren Schweinehund habe ich kein Problem. Ich bin eher Typ Duracell-Hase.“

Es ist keine Selbstverständlichkeit, sich immer wieder zu Höchstleistungen zu motivieren. „Der Kopf spielt eine große Rolle beim Laufen“. Höhen und Tiefen gehören dazu, im Sport wie auch generell im Leben. Verändert der Sport das Mindset? „Sport macht einen in allen Bereichen stärker“, ist Bergfeld überzeugt. „Jeder Erfolg beginnt mit dem ersten Schritt und setzt sich aus vielen kleinen Schritten zusammen. Das Ziel immer im Blick und die eigene Verfassung auf dem Weg. Das lehrt einen das Laufen.“

Ihre persönliche Bestzeit läuft sie in Ljubljana. Es ist der letzte Lauf der Saison. Sie lässt es locker angehen, will nur genießen. Es ist Oktober, die Temperaturen mild. Die Strecke führt durch den Tivoli-Park, über den Fluss Ljubljanica – immer im Blick die mittelalterliche Burg, die über der Stadt thront. Bergfeld genießt und erwartet nichts – und läuft ihre Bestzeit. 1:49 Stunden. „Das war einfach genial“, sagt sie. „An diesem Tag stimmte einfach alles.“

Fünf Lauftipps für Beginner

  1. Sucht euch eine Community oder einen Laufbuddy. Gemeinsam geht es leichter, weil die Zeit verfliegt. Und: Man kann sich gegenseitig motivieren.
  2. Kleine Ziele setzen, die man tatsächlich schaffen kann. Am Anfang gilt: nicht überfordern, sondern lieber schnelle Erfolgserlebnisse sichern und am Ball bleiben. Einsteiger-Laufpläne einfach im Internet raussuchen. Anfangs macht es Sinn, mit Gehen und Laufen im Wechsel zu starten und sich dann behutsam zu steigern.
  3. Wenn man etwas erreicht hat, darf man sich selbst feiern, belohnen und über die individuelle Leistung freuen.
  4. Einmal in gute und passende Schuhe investieren – und sich dafür fachkundig beraten lassen.
  5. Verbindlichkeit hilft eine Sportroutine zu finden. Lauftage am besten fest in den Kalender eintragen.

Text: Stefanie Nickel, Fotos: Annica Bergfeld

ÄHNLICHE ARTIKEL