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wiehengebirge

Auf ins Wiehengebirge

16. Oktober 2020

Der kleine Gebirgszug im WESERBERGLAND bietet eine einzigartige 
Flora und Fauna sowie zahlreiche Wanderwege. Unsere Autorin hat die Gegend erkundet und Tipps für einen Ausflug zusammengestellt.
Text: Uta Preusse      Fotos: Kai Hormann & Uta Preusse

Das Wiehengebirge mit der höchsten Erhebung von rund 320 Metern hat den Namen angeblich deshalb, weil es aus der Ferne eher wie‘n Gebirge aussieht. Das dicht bewaldete Wiehengebirge ist Teil des Natur- und Geoparks Terra vita. Mit einer Länge von 70 Kilometern und einer Breite von nur einem Kilometer ist das Gebiet klein, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Es liegt sozusagen direkt vor der Haustür.
Mit meinem Auto mache ich mich auf den Weg über die Autobahn Richtung Dortmund. Nach einer guten halben Stunde erblicke ich auf der linken Seite das Kaiser-Wilhelm-Denkmal von Porta Westfalica. Hoch thront es über der Stadt. Weiter geht‘s Richtung Wiehengebirge. Nach einer weiteren Stunde steuere ich mein Auto durch idyllische Dörfer. Die Sonne blinzelt vom Himmel, und der Wind schiebt kleine weiße Wolken über den Horizont.
Mein Ziel ist das Café Waldkristall: Es liegt mitten im Wald und ist Dreh- und Angelpunkt für verschiedene Wanderrouten durch das Wiehengebirge. Kein Hinweisschild in Sicht, ich bin orientierungslos und noch nicht einmal im Wald angekommen. Im nächsten Dorf lehnt ein Mann über dem Gartenzaun. „Wo bitte geht’s hier zum Café Waldkristall?“, frage ich. Er: „Übern Berch.“ Das ist Ostwestfälisch. Der Berch sieht eher aus wie ein Hügel.

Café Waldkristall – Mitten im Wald

Angekommen. Auf dem Parkplatz packe ich meinen Proviant in den Rucksack. Dann tausche ich die Sneaker gegen Wanderschuhe und mache mich auf den Weg. Unterhalb des Parkplatzes liegt das Café Waldkristall, ein schmuckes Fachwerkhaus, drumherum viel Garten. Hier treffe ich Ulrike Lohrmann, die das Café seit rund 15 Jahren betreibt. Wir setzen uns auf die Terrasse unter einen mächtigen Kastanienbaum, essen Birnenkuchen frisch aus dem Ofen und lassen unsere Blicke in die Landschaft schweifen. In der Ferne blöken Schafe, auf dem Grundstück lümmeln sich Laufenten und Gänse in einem Wasserbecken. Es ist schön hier, nicht zu einsam? „Ich habe alles, was ich brauche“, erzählt Ulrike Lohrmann, „eine Stadt ist nicht mein Ding, zu viele Menschen.“

Nach der Kaffeepause mache ich mich auf den Weg Richtung Nettelstedter Berg. Die nächste Wegbiegung führt durch den Wald. Die Sonne blinzelt durch die Bäume und zaubert helle Flecken auf das Laub. Es duftet nach Holz, manchmal nach Pilzen, die am Wegesrand stehen.
Die großen Laubbäume krallen ihre Wurzeln in den Waldboden. Ich atme die frische Waldluft und entschleunige. Es herrscht Stille, kein Mensch ist unterwegs. Der Weg führt weiter bergauf. Ein Baumstamm versperrt mir den Weg. Als ich den Rückweg antrete, begegnen mir die ersten Wanderer. Ich sage: „Moin.“ Sie: „Servus.“ Es sind Bayern. Was verschlägt die wohl in flachere Gefilde? „Wir besuchen hier Freunde und habe gehört, dass es hier auch Berge gibt.“ Die sind zwar ein Fliegenschiss gegen die Alpen, aber die vier Freunde tragen trotzdem Wanderschuhe.

Ein Abstecher ins Moor darf bei der Tour durchs Wiehengebirge nicht fehlen

Ich will weiter, zum Großen Torfmoor Richtung Nettelstedt. Das Naturschutzgebiet hat mit seiner hochmoortypischen Tier- und Pflanzenwelt eine europaweite Bedeutung für den Naturschutz. Mit ca. 550 Hektar ist es das bedeutendste Hochmoor Westfalens. Wer hier wandern möchte, folgt am besten dem ausgeschilderten Rundkurs. Dabei geht es teilweise über Holzbohlenwege und vorbei an mehreren Aussichtstürmen. Ich genieße das schöne Wetter und wandere über einen Schotterweg vorbei an den ausgedehnten Moorflächen. Der Wind streift durch mein Haar und ich schließe die Augen. Es ist still, nur das Klappern der Weißstörche ist zu vernehmen. Das Leben kann so schön sein.
Auf dem Weg zu meiner letzten Station, dem Weberhaus in Melle, komme ich durch zahlreiche Dörfer. Auf der Strecke eiere ich mit dem Auto auf den Äpfeln herum, die hier am Straßenrand liegen. Hier und da bedienen sich die Vorbeifahrenden selbst. Ich kann nicht widerstehen und sammele drei besonders schöne Exemplare auf. Nach einer Stunde Fahrt erreiche ich mein Ziel.

Das Weberhaus, das früher mal eins war, liegt idyllisch im Wald an einem kleinen Teich. Das große Blockhaus ist wohl eine der schönsten Waldgaststätten in Niedersachsen. Ja, Niedersachsen, denn ich bin ja aus Nordrhein-Westfalen gekommen. Ich staune über das geschmackvolle Interieur. Zum Essen bestelle ich ein Kikok-Hähnchen, gefüllt mit Tomaten, Mozzarella, Pfannengemüse und Rosmarinkartoffeln. Gestärkt mache ich mich auf den Heimweg über die Autobahn, im Rückspiegel die glutrote Sonne.

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