Der Maschsee, die Leine und – etwas entfernter – das Steinhuder Meer: Trotz seiner Binnenlage hat Hannover einen oft reizvollen Bezug zum Wasser. Am Rand der Landeshauptstadt ist die Nobilis-Redaktion nun einigen Wasserzeichen des Grünen Rings gefolgt. Und hat am Wegesrand Interessantes für Radfahrer, Wanderfreunde und Ausflügler entdeckt. Dazu zählen Wasserbüffel, Küstenpflanzen und ein zeitweise aufwärts fließender Bach – ebenso wie Schiffe, die über Brücken fahren und durch karibisch grüne Fluten gleiten.
Wegweiser in leuchtendem Blau
Auf insgesamt 160 Kilometer langen Touren in und um Hannover herum lädt der Grüne Ring dazu ein, die Schönheiten und Besonderheiten der Region zu erkunden. Wegweiser dafür sind farblich markante Punkte – allerdings in leuchtendem Blau, um im vielen Grün gesehen zu werden. Speziell gestaltete Wasserzeichen als Stele oder individuell gestaltete Wassertafeln zeigen unterwegs, wie eng der Grüne Ring und Hannover mit dem Element Wasser verbunden sind.
An der Ihme: von Wasserbüffeln, Schmetterlingen und Libellen
Die sich bei Evestorf bildende Ihme mündet nach 16 Kilometern durch das Calenberger Land nahe der hannoverschen Glocksee in die Leine. Einst bei Flurbereinigungen begradigt und nur noch der Entwässerung dienend, hat sich die Ihme dank Renaturierung wieder zu einem naturnahen Fließgewässer entwickelt. Besonders schön: Nahe der Kückenmühle bei Ihme-Roloven können von einer extra errichteten kleinen Uferterrasse aus Libellen, Schmetterlinge, Vögel, Fische und Amphibien beobachtet werden. Nur wenige Kilometer entfernt, bei Vörie, weidet zudem eine sehenswerte Wasserbüffel-Herde auf den letzten Dauergrünlandflächen der Ihme-Aue.
Entlang der Fösse: Salzflora wie am Meer
Aus dem Zusammenfluss von Gräben entsteht im Velberholz bei Seelze die Fösse, die nahe des Herrenhäuser Wehres in die Leine mündet. Ihr Salzgehalt ist um ein Vielfaches höher als der der Nordsee. Gründe dafür sind natürliche Quellen am Benther Salzstock, aber auch einfließendes Oberflächenwasser aus nahegelegenen Kalihalden. Dies macht den Bach für die meisten Pflanzen- und Tierarten des Süßwassers unbewohnbar. Dafür wachsen hier jedoch salztolerante und salzliebende Pflanzen, die eher an der Nordsee beheimatet sind – wie die im Spätsommer lila bis weiß blühenden Strand-Astern und die im Herbst dunkelrot gefärbten Quellfluren. Mit der Ausdehnung ihrer Salzflora ist die Fösse niedersachsenweit eine Besonderheit.
Stöckener Bach
Bevor der Stöckener Bach über eine kurze Kaskade in die Leine fließt, durchquert er von der Gretelriede aus auf einer Länge von 2,7 Kilometern die Stöckener Wälder. Vier Meter tief hat sich der kleine Bach in Höhe des Lauckerthofs in die dortige Terrassenkante des Leinetals eingegraben. Im Sommer ist er durch das üppige Pflanzengrün, das von vielen Tierarten als Lebensraum geschätzt wird, kaum zu sehen. Bevor der Stöckener Bach in die Leine fließt, unterquert er die parallel zum Fluss laufende Bundesstraße 6 in einem eigenen Tunnel – ebenso wie Fußgänger und Radfahrer, die dank eines Gitterrostes direkt über dem Bach unterwegs sind. Ist es länger trocken, führt der aus Regenwasserkanälen gespeiste Bach oft gar kein Wasser. Bei Hochwasser der Leine wird dieses jedoch in den Stöckener Bach gedrückt. Und dieser fließt dann in seinem Bett schon mal aufwärts.
Seelze: Wo Schiffe über Brücken fahren
Bei Seelze kreuzen sich die Leine und der Mittellandkanal. Dieser durchquert den Norden Hannovers unter insgesamt 27 Brücken. Doch bei Seelze benötigt Deutschlands längste künstliche Wasserstraße selbst eine Überführung – über die nordwärts fließende Leine. Dafür wurde hier schon 1917 eine so genannte Trog-Brücke errichtet, die nunmehr „Alte Fahrt“. Bedingt durch immer größere Binnenschiffe wird seit genau 25 Jahren die parallel dazu errichtete „Neue Fahrt“ genutzt. Die historische Kanalbrücke dient seitdem nur noch als Umleitungsstrecke. Mit ihrer genieteten Stahlkonstruktion auf Natursteinpfeilern und schmückenden Verzierungen im Jugendstil steht das Bauwerk unter Denkmalschutz. Die Wasserstraßen-Kreuzung kann per Rad und auch zu Fuß erkundet werden. Lässt der Wasserstand der Leine es zu – mehrere Schilder zeigen frühere Hochwasserstände an – ist sogar ein Spaziergang unter den oben auf der Mittellandkanalbrücke fahrenden Schiffen möglich. Vor allem Jüngere nutzen den Uferbereich gern zum Schwimmen und Sonnenbaden.
Mediterrane Momente beim Mittellandkanal in Misburg
Nahe des Wasserzeichens Hannoversche Straße zweigt der Stichkanal Misburg ab und verbindet den Mittellandkanal mit dem Misburger Hafen und dem Motorsporthafen. Sind hier bei strahlendem Sonnenschein auch private Motorboote und kleine Yachten unterwegs, kommt es beim Blick von der Aussichtsplattform und der Kanalbrücke dank eines reizvollen Farbspiels durchaus zu maritimen Urlaubsgefühlen. Denn die Schiffe durchfahren grün bis türkisfarben leuchtendes Wasser. Grund dafür ist eine Besonderheit des Kanalbodens, zu dessen Anlage eine kreide- und mergelhaltige Deckschicht verwandt wurde. Deren Calciumgehalt sorgt bei Sonnenschein für Lichtreflexe und ein intensives Farbenspiel.
Weitere Informationen zu den insgesamt 18 Wasserzeichen am Grünen Ring unter:
Text und Fotos: Torsten Lippelt