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18 Löcher. 18 Fragen. 1 + 1 Persönlichkeit.

25. Juni 2021

In diesem Monat ist nobilisGolf-Redakteur Christian Bendig erstmals mit zwei Persönlichkeiten gleichzeitig auf die Runde gegangen. Wasserballer Tobias Preuß und seine Frau, die Leichtathletin Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß, blicken mit einem lachenden und einem weinenden Auge Richtung Olympia Tokio 2021.
Text: Christian Bendig Fotos: Lorena Kirste
Es sind noch zwei Monate bis zu den Olympischen Spielen in Tokio, für die Sie sich mit der 400 Meter Sprintstaffel qualifiziert haben. Gibt es Vorfreude oder Vorskepsis?
Ruth Sophia: Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Proteste gegen die Spiele ist meine Stimmung wirklich sehr gemischt. Wie wird das sein ohne Deutsches Haus, ohne ein Dorf für die Athleten? Für mich sind da noch sehr viele Fragen unbeantwortet.
Leider hat es für Sie und die deutsche Wasserball-Nationalmannschaft mit der Qualifikation nicht geklappt. Wie wird Ihre Rolle während oder bei den Spielen sein?
Tobias: Ich darf zwar nicht mitreisen und werde somit zum Super-Fan. Meine Frau werde ich mit allen Kräften unterstützen und aus der Ferne für sie da sein. Mein Stolz über ihre Teilnahme wird sie in Japan jederzeit spüren.
Sie wohnen in Hannover, starten jedoch für Ihren Heimatverein Vfl Oldenburg. Was hat Sie hier nach Garbsen in den Golfclub Hannover auf die Grüns gebracht?
Ruth Sophia: Tobias war es. Er hat damit angefangen. Er hat mir stets vom Golfen vorgeschwärmt, bis ich mich habe überreden lassen.
Was zeichnet Hannover aus, das Oldenburg nicht hat?
Ruth Sophia: Hannover ist zwar auch keine Weltstadt, doch in vielen Dingen auf der Höhe der Zeit. Oldenburg ist zwar schön, doch alles in allem manchmal ein bisschen provinziell.

V.l.: Tobias Preuß mit Ruth Sophia Spelmeyer-Preuß und Christian Bendig

Wobei hilft Ihnen das Golfspiel mit Blick auf Ihre Leistungssport-­Disziplin Sprinten?
Ruth Sophia: Es spornt mich zwar an, stets besser zu werden, doch tritt der Leis­tungsgedanke dabei für mich zurück. Golf ist die Fokussierung auf die kleine runde Kugel. Dabei bekomme ich meinen Kopf absolut frei.
Im vergangenen Jahr haben Sie geheiratet. Wie sportlich war Ihr Antrag?
Tobias: Der war überhaupt nicht sportlich. Es war auf einem Bootssteg am Masch­see mit Picknick und einem „aufdringlichen“ und gleichermaßen ungewollten Spontanmusiker. Meine größte Sorge war allerdings, dass mir der Ring in die Ritze zwischen die Stegplanken fällt. Es war übrigens der 23. Juli des vergangenen Jahres. An diesem Tag war der Antrag auf der Eröffnungsfeier in Tokio mit uns als Teilnehmern geplant.
Welches sind Ihre privaten und beruflichen Ziele?
Tobias: Wir beide sehen uns als Team. Solange wir zusammen in die gleiche Richtung gehen, stimmt der Weg. Meine Kompetenzen als Psychologe gepaart mit meinen Erfahrungen aus dem Spitzensport möchte ich zukünftig bei Unternehmen in der Beratung zur Entwicklung von Führungskräften und als Systemischer Coach einbringen.
Leistungssport ist „Fulltime“. Gehen Sie neben dem Golfspiel noch weiteren Hobbys zur Ablenkung oder zum Ausgleich nach?
Ruth Sophia: Neben dem Leistungssport und meinen Studium der Psychologie finde ich noch etwas Zeit für Yoga. Zudem verbringe ich ausgiebig Zeit mit Tobias, meiner Familie und meinen Freundinnen.
Sie haben in Kalifornien und Deutschland Psychologie studiert. Wobei nützt Ihnen dieses Wissen mehr. Beim Wasserball oder beim Golfspiel?
Tobias: Beide Sportarten sind so unterschiedlich. Im Wasser denke ich das Spiel eher strategisch. Beim Golfspiel lässt die Zeit zwischen den Schlägen sehr viel Raum im Kopf, sodass ich vereinzelt „Gedankenspiralen“ aus meinen Beratungsansätzen durchdenke und reflektiere.
Golfspiel erfordert das „Ruhen in sich“. Beim Sprinten ist doch eher das Explodieren gefragt. Wobei kommen die argentinischen Wurzeln Ihrer Mutter mehr zum Tragen?
Ruth Sophia: Bei keiner der beiden Sportarten. Beim Leistungssport bin ich in allen Dimensionen stets sehr fokussiert. Meine lockere Art und meine Lebensfreude sind jedoch ein sehr gutes Fundament für mein tägliches Schaffen.

Ihr Vater ist evangelischer Pfarrer in Bremen. Wie stark ist der Glaube Bestandteil Ihres Lebens und Ihres Sports?
Ruth Sophia: Genau genommen ist mein Vater Seelsorger beim Militär. Ich bin im Glauben erzogen. Ich sehe diesen im Dreiklang von Familie, Fundament und Herkunft.
Wie sehr ist der Golfsport bei Ihren Kollegen in der Leichtathletik und im Wasserball vertreten?
Tobias: Anfangs war das Golfen eher verpönt, da so völlig anders. Mittlerweile hat sich das aber gedreht, und zwei bis drei Kumpels haben Feuer gefangen und sind auf einem soliden Schnupperkurs.
Wenn Sie zwei Mitspieler/innen der Zeitgeschichte zur Komplettierung Ihres Flights wählen dürften. Wen würden Sie auf die Runde einladen – und weshalb?
Ruth Sophia: Ich würde gerne einen Nachmittag mit der Autorin Isabel Allende verbringen. Mich interessiert die Person hinter den Worten.
Tobias: Ein Traum wären einige Stunden mit Helmut Schmidt, um einige Geschichten und seine Meinung zu bestimmten Ereignissen zu erfahren. Und eine Ehepartner-­Runde mit den Obamas wäre für uns beide ein Traum-Flight.

Wie sehen Sie das Ereignis Olympische Spiele 2021 vor dem Hintergrund der Pandemie?
Ruth Sophia: Die Entscheidung zur Durchführung hat sich sehr lange hingezogen. Nach der Verschiebung hat sich bei einigen Anlässen gezeigt, dass Wettkämpfe durchführbar sind. Ich befürchte aber, dass sich die von mir bei meinen ersten Spielen in Rio 2016 erlebte Unbeschwertheit in Tokio nicht einstellen wird. Die Unsicherheiten im Land und in Bezug auf die Pandemie sind ein großes Problem.
Hätten Sie eine Absage der Spiele für vertretbar gehalten?
Ruth Sophia: Ja, absolut. Ich verstehe jeden Menschen mit Bedenken. Das Ausrichterland hätte mein volles Verständnis ge­habt. Wichtig wäre gewesen, die Entscheidung transparent und unter Einbindung aller Sportler zu kommunizieren.
Worauf freuen Sie sich bei Olympia neben Ihren persönlichen Wettkämpfen?
Ruth Sophia: Die spontanen Treffen mit Sportgrößen unserer Zeit haben mich schon bei meiner letzten Teilnahme sehr beeindruckt. Ohne diese Begegnungen, ohne das „Dorf“ wird es hoffentlich trotzdem den einen oder anderen tollen Moment geben, den ich in meiner Seele wieder mit nach Hause bringe.

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