Der Düsseldorfer Künstler Paul Schwer malt an der „hanova“-Fassade mit Licht.
Ein Baum im Stadtgebiet – das ist nichts Besonderes? Doch, in diesem Falle schon: Was da an der Fassade des Wohnungsunternehmens „hanova“ am Klagesmarkt emporwächst, hat weder Blätter noch Rinde. Stattdessen besteht es aus farbigem Licht. Und setzt nun dauerhaft im Dunkeln einen neuen, auffälligen und sehr eigenen Akzent in der City – auch für diejenigen, die das Gebäude nur von außen betrachten können.
Text: Jörg Worat; Fotos: hanova & Henning Stauch
Der renommierte Düsseldorfer Künstler Paul Schwer hat mit der Arbeit „Ziegelstein und Baum“ einen von der Galerie Robert Drees koordinierten Wettbewerb gewonnen. Die Umsetzung jetzt abgeschlossen. Über sechs Etagen erstreckt sich das Kunstwerk: Eine vertikale Struktur aus ziegelartigen „Lichtgehäusen“, die durch Gestaltung und Anordnung ihre strenge Grundform nicht zu sehr in den Vordergrund treten lassen. Mancherlei Abzweigungen, Neigungen und Drehungen sorgen für eine ausgeprägt organische Wirkung. Diese werden noch durch den Farbwechsel unterstützt: „Es sollte auf keinen Fall zu straight werden“, betont Schwer. Und auch nicht langweilig: „Die Programmierung ist so angelegt, dass immer neue Konstellationen entstehen.“
Paul Schwer: von äußeren Formen und inneren Werten
Oben und unten sind die Elemente unter die Decken montiert, in den mittleren Etagen hat der Künstler säulenartige Gebilde aufgebaut – all dies in Fensternähe. So bleibt auch die Außenwirkung gewährleistet. Insgesamt sind hier 500 Leuchtkörper zusammengeführt. Deren Oberflächen sind in einer speziellen Technik bemalt und erscheinen dadurch selbst aus der Entfernung nicht zu glatt.
Die Ziegelstruktur hat Paul Schwer als ein spezifisch hannoversches Phänomen ausgemacht, zumindest in diesem Ausmaß: „Ich bin durch die City gegangen, habe mich zwischendurch eine Weile hingesetzt. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Backstein-Architektur in Hannover immer wieder eine große Rolle spielt. Das Anzeiger-Hochhaus ist ein gutes Beispiel dafür.“
Solchen Äußerlichkeiten wollte der 69-Jährige allerdings innere Werte gegenüberstellen: „Für mich hat meine neue Arbeit auch etwas Sakrales. Wir kennen ja alle die Wirkung von Licht, das durch Kirchenfenster fällt.“ Konsequent daher, dass eine Programmierung von schnellen Wechseleffekten nie zur Debatte stand: „Ein Geflacker wie in der Disco wäre hier völlig deplatziert.“
Links der Künstler Paul Schwer und rechts „hanova“-Geschäftsführer Karsten Klaus
Die Natur und die Stadt
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die große Anzahl an Farbnuancen: „Wenn ich im Urlaub beispielsweise in Schweden bin“, erläutert Schwer, „fällt mir jedes Mal auf, wie viele Farbschattierungen es in der Natur gibt. Und dann sehe ich die Leuchtreklame an einem Geschäft in der Stadt, und das Rot ist immer dasselbe. Diesen Eindruck wollte ich mit meiner Arbeit aufbrechen.“ Zumal der Künstler als ausgebildeter Mediziner unter anderem ausgeprägte Beobachtungen während der Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gemacht: „Es ist enorm, wie stark die Reaktionen auf Farben sein können.“ Die bei dieser „Kunst am Bau“ eher an- als aufregend wirken sollen – kann Paul Schwer den Begriff „meditativ“ akzeptieren? „Durchaus.“
Paul Schwer – über den Künstler
Der deutsche Installationskünstler Paul Schwer ist 1951 in Hornberg am Schwarzwald geboren. Er studierte in Düsseldorf, dort lebt er auch heute noch.
Bunte, verschlungene Figuren zeichnen seine Werke aus, oft wird die Lichtgebung des Ausstellungsraumes mit in die Installation einbezogen. Im Januar 2010 entstand die erste komplette Lichtinstallation des Künstlers auf der Kunstmesse „Art Cologne“.
Ausstellungen von Paul Schwer sind im Museum Ratingen und Museum Gladbeck zu finden. In der Galerie Robert Drees sind aktuelle Werke des Künstlers zu sehen.