Mit Nachbarn ist es bekanntlich nicht einfach. Man muss Grenzen setzen. Aber wenn einem die Eier ausgehen oder man eine Bohrmaschine braucht, sind sie doch irgendwie praktisch. Das ist im Kleinen wie im Großen so. Die Ausstellung „Die lieben Nachbarn“ im Wilhelm-Busch-Museum zeigt jetzt das Verhältnis im Großen und Ganzen – nämlich das zwischen Österreichern und Deutschen.
Das ist natürlich kein Zufall: Die Direktorin, Dr. Eva Jandl-Jörg, kam vor einem Jahr von Österreich nach Hannover und hat quasi einen frischen Blick auf ein doch recht altes Nachbarschaftsverhältnis zwischen den Ländern. Dieser Blick ist – wie könnte es anders beim Wilhelm-Busch-Museum sein – ein humor- und auch liebevoller.
Mehr Gemeinsames als gedacht
Gerade der Blick auf die vermeintlichen Unterschiede zeigt die Gemeinsamkeiten: Wenn beispielsweise Gerhard Haderer einen Bürohengst karikiert, der um Fünf vor Zwölf den Staub von seinem Stempel bläst wie John Wayne Rauch von seinem Revolver und die Leberkäs-Semmel schon für den nahenden Mittags-High-Noon bereitliegt, dann kann man eigentlich nur an der Form des Gebäckstücks und dem Belag erkennen, dass es sich um eine Szene aus Österreich handeln muss. In Deutschland wäre es wahrscheinlich ein Schnittbrötchen mit Mettwurst.
Eine Sprache? Von wegen!
Aber das ist ja auch so eine Sache: Österreicher wie Deutsche sprechen ja eigentlich eine Sprache. So sollte man jedenfalls meinen. Wenn man aber etwas länger durch die Ausstellung flaniert, dann erkennt man an den Worten an den Wänden, dass es da doch gravierende Unterschiede gibt: „Tschüss“ heißt „Baba“ und „Gschropp“ meint „Kinder“. „Und bestellen Sie immer in Österreich ein Frankfurter Würstchen“, erklärt Eva Jandl-Jörg. Was man bekommt? Natürlich ein Wiener! Na, darauf muss man erst einmal kommen.
Die Brezlgrenz
Und so trägt diese Ausstellung ein klein wenig zur Völkerverständigung bei – auch wenn es auf beiden Seiten bissig hergeht. Da gibt es beispielsweise auch ein Spezialthema in der Ausstellung, das sich einzig und allein dem Verhältnis zum südlichsten Bundesland der Bundesrepublik widmet: Bayern. Da zieht ein Markus Söder nicht unähnlicher Mann eine Brezlgrenz zwischen Bayern und Österreich. Thomas Wizan hat sie 2023 gezeichnet.
Lösungen von Haderer
Auch als damals die Autobahnvignette eingeführt wurde und die Angst der Österreicher groß war, dass die Deutschen deswegen nicht mehr in den Urlaub ins Nachbarland fahren würden, ist ein Thema. Gerhard Haderer hat seine eigenen Lösungsvorschläge zu Papier gebracht, die Deutschen wieder ins Land zu bekommen. Er hat daraus eine Art Comic gemacht. Wie wäre es damit, den Deutschen die Schuhe zu putzen oder Eintrittskarten in den Pussyclub zu schenken?
Beethoven trifft Mozart
Zwei der ganz großen Musiker waren unbestritten Beethoven und Mozart. Beide wollten sich auch kennenlernen. Und wäre Beethovens Mutter nicht krank geworden, was zur vorzeitigen Abreise des Künstlers aus Deutschland führte, hätte das auch wirklich klappen können. Karikaturen von beiden hängen nun nachbarschaftlich vereint in der oberen Etage. Hübsch! (Besonders der Mozart, der sich zwei Kugeln vor die Brust hält.)
Das Kochbuch von Hannelore und Helmut Kohl
Im Obergeschoss ist übrigens auch ein Ehepaar zu sehen, das Österreich liebte: Hannelore und Helmut Kohl. Doch nicht nur das. Auch ihr gemeinsames Kochbuch ist dort ausgestellt. Hannelore, die begeisterte Köchin gewesen sein soll, hatte für das Buch die Rezepte zusammengetragen, ihr Gatte lieferte die Texte über Osterreich dazu. Eine feine Idee, einmal anders die Begeisterung der Deutschen für Kaiserschmarrn und Palatschinken zu zeigen. Dieser wird vornehmlich im Urlaub verspeist. Auch darum geht es in der Ausstellung. Und womit reist der Deutsche an? Klar, im Mercedes. Soweit das Vorurteil.
Doch manchmal sollten die Nachbarn hier wie da vielleicht mal in ihren eigenen Vorgarten schauen. Was dort steht? Klar! Gartenzwerge! Das ist nicht zu glauben? Doch! Denn dafür haben beide eine Vorliebe.
Die Ausstellung „Die lieben Nachbarn“ ist noch bis zum 17. November zu sehen. Infos unter Startseite · Museum Wilhelm Busch (karikatur-museum.de)
Text: Heike Schmidt
Fotos: Willhelm Busch Museum / Heike Schmidt