Oh, dieser Duft! Feigen schmecken nicht nur süß, sie duften auch sehr verführerisch. „Es gibt auch Feigen-Parfüm“, sagt Roland Kempf, Feigenzüchter in der Region Hannover. Feigen aus Niedersachsen, aus der Region Hannover? Ja, das gibt es. Roland Kempf zeigt auf die Feigenbäume, die auf seinem Hof in Ahlten bei Lehrte in Gewächshäusern und im Freiland bestens wachsen und viele Früchte tragen. Je nach Sorte sind sie schon fast reif und rund. Die Ernte beginnt im Juni. Bei späteren Sorten sprießen aus den Blattachseln die ersten kleinen Knospen.
Ursprünglich stammen Feigen aus Kleinasien, eroberten von dort aus den Mittelmeerraum und sind heute in Ländern mit subtropischem Klima zuhause – oder eben in Lehrte. „Unsere immer wärmeren Sommer und die milden Winter machen es möglich, obwohl Feigen auch problemlos Minusgrade vertragen können“, versichert Roland Kempf. Er erzählt, wie seine Liebe zu den exotischen Früchten begann. „Ich fand die Pflanze interessant, aber die Feigen, die im Supermarkt angeboten wurden, schmeckten mir gar nicht.“ Sie hatten eine lange Reise aus Südamerika hinter sich, die sie noch unreif antreten. Im Mallorca-Urlaub konnte Kempf dann das erste Mal eine frische Feige probieren und war von deren Süße und Aroma total begeistert.
Das war der Beginn einer Leidenschaft, die das Leben der Familie Kempf in neue Bahnen lenkte. Roland Kempf ist Tischlermeister mit eigenem Betrieb, den er inzwischen weitgehend in andere Hände gegeben hat. Schon immer ein begeisterter Gärtner wurde er zum Landwirt und Obstbauer aus Berufung. Auf seinem 1,3 Hektar großen Grundstück begann er 2016 den Feigenanbau, mit Pflanzen im Freiland und auf 2000 Quadratmeter Gewächshausfläche. Feigen sind Tiefwurzler und brauchen sandigen, wasserdurchlässigen Boden. Das passt hier, wo nebenan auch Spargel wächst. Die Bäume brauchen drei Jahre bis sie Früchte tragen und werden ausgewachsen bis zehn Metern hoch. Kempf kultiviert sie als Spalierobst, „das lässt sich von der Höhe her leichter ernten.“ Ganz wichtig: Seine gesamte Produktion ist Bio-Ware.
Alles begann für ihn mit der Sorte „Brown Turkey“ – „Brauner Truthahn“. Heute baut Kempf rund 300 verschiedene Sorten an, die zu unterschiedlichen Zeiten reifen und so eine Erntedauer von Juni bis Anfang November garantieren. Sie haben so fantasievolle Namen wie „Desert King“, „Brogiotto Nero“ oder „Oro Bianco“ und sind gelb, grün, lila, blauschwarz oder apart gestreift. Welches seine Lieblingssorte sei? Roland Kempf überlegt, möchte sich aber nicht festlegen. Es gibt eine Reihe von Sorten, die er mag und die auch wirtschaftlich ein Erfolg sind. Beim Gang durch den Feigenwald fallen an einigen Bäumen runde Plastikkugeln auf. „Das sind Abmooskugeln. Darin befindet sich feuchte Erde, die den Zweig zum Austreiben von Wurzeln anregt. So entstehen neue Pflanzen, die im Topf weiterwachsen können.“ Dann demonstriert er, wie er Feigen veredelt, also das Auge der Fruchttragenden Sorte auf eine Unterlage setzt – das gleiche Prinzip wie bei Rosen.
Feigen müssen generell vorsichtig von Hand gepflückt werden. Bei manchen Sorten sind die Früchte zart und druckempfindlich. Noch unreif stehen sie im rechten Winkel vom Zweig ab. „Wenn sie plötzlich nach unten hängen wie ein nasser Sack, dann sind sie reif, haben das volle Aroma und schmecken perfekt.“
Schon in der Antike waren Feigen ein Symbol für Wohlstand und Erfolg, aber auch für Weisheit und Lebensfreude, Fruchtbarkeit und Liebe. Außerdem sind sie nachweislich sehr gesund. Roland Kempf verkauft seine Feigen direkt ab Hof, auf Märkten und im ausgesuchten Einzelhandel.