Er ist ein Klassiker beim Gros Souper – dem großen Festessen am 25. Dezember in Frankreich: der Bûche de Noël. Er besteht aus feinem Biskuitteig und einer schokoladigen Cremefüllung. „Bûche“ bedeutet Scheitholz. Einem heidnischen Brauch zufolge wurden Holzscheite bei der Wintersonnenwende verbrannt. Der Bûche de Noël integriert diesen heidnischen Brauch auf leckere Art und Weise in das christliche Weihnachtsfest.
Ein französischer Klassiker mit Geschichte
Eine andere Version besagt, dass am Abend des 23. Dezember ein besonders großes Stück Holz in den Kamin gelegt wurde, damit es die ganze Nacht hindurch brannte und es bei der Ankunft des Christkinds warm war. „Die Bäcker haben dann einen passenden Kuchen dazu entwickelt“, erklärt Serge Maranzana, der gemeinsam mit Christina Hochheuser 2003 die Pâtisserie Elysée in Hannover gegründet hat.
Meisterhandwerk aus Paris und Hannover
Der Chef-Pâtissier hat bei Gaston Lenôtre in Paris seine Ausbildung gemacht. Schon damals war die Herstellung
eines Bûche Leidenschaft, Tradition und viel Arbeit. Auch heute dauert es durchschnittlich vier Tage, bis der Festtagskuchen fertig ist. Das liegt daran, dass er immer wieder zwischendurch ruhen und gut kühlen muss, bevor der nächste Fertigungsschritt erfolgen kann.
Wann der Dessertkuchen erstmals eine festliche Weihnachtstafel bereichert hat? „Wahrscheinlich bereits im 18. Jahrhundert“, schätzt Serge Maranzana. Wer ihn erfunden hat? Darüber streiten sich bis heute Pâtissiers aus Paris und Lyon leidenschaftlich. Bei einem sind sie sich allerdings einig: Die Form erinnert immer an ein Holzstück.
Auch wenn die Füllungen inzwischen variieren, der Bûche ist immer kalorienreich. „Aber wer will schon an
Weihnachten Kalorien zählen?“, meint Serge Maranzana schmunzelnd.
Weihnachtskuchen mit Stil und Luxus
In Frankreich werden die Festtagskuchen auch oft an Kunden verschenkt. In seiner Zeit in Paris hat er in der
Backstube die Weihnachtstorten für das Label Sonia Rykiel gefertigt. Das Ritz Carlton in Paris hat seinen eigenen
Bûche wie auch Luis Vuitton oder Chanel. Sie sehen dann allerdings nicht immer wie ein Holzstück aus. So war es
bei Luis Vuitton beispielsweise einmal eine Rolle, die mit dem Logo verziert wurde. Karl Lagerfeld ließ 2014 einen
Bûche de Noël in Form eines Lippenstifts fertigen.
Der perfekte Biskuit als Basis
Aus der Backstube der Pâtisserie Elysée kommen traditionelle Kuchen, die wie ein Holzstück aussehen und weihnachtlich dekoriert werden. Doch bevor der Baumstamm verziert werden kann, muss die Grundlage stimmen: der
Biskuitteig. Und der wird ähnlich wie eine deutsche Biskuitrolle hergestellt. Doch eines ist anders: Der Biskuit wird ohne Mehl gebacken.
Dafür zunächst die Eier trennen. Das Eiweiß sehr steif schlagen und Zucker einrieseln lassen. Zum Schluss die Eigelbe mit einem Teigschaber unterziehen, das Kakaopulver darüber sieben und vorsichtig unterziehen. Bei 170 Grad Celsius 18 Minuten backen. Auskühlen lassen.
Die Füllung macht den Geschmack
Für die Füllung die weiche Butter weiß aufschlagen. „Auf keinen Fall ganz kalte Butter nehmen“, erklärt Tobias Otte,
der mit seiner Kollegin Sandra Löhrer in diesem Jahr die Weihnachtskuchen herstellt. Man dürfe die Butter auch kurz in der Mikrowelle anwärmen. In die aufgeschlagene Butter kommen dann die Crème Pâtissière und der Nougat. Die Crème Pâtisserie wird zuvor eigens aus Milch, Butter, Cremepulver, Weizenmehl, Zucker, Eigelb Vanille und Salz hergestellt. „Man kann aber auch Vanillepudding nehmen“, sagt Tobias Otte. Wichtig ist allerdings immer, dass alle Zutaten der Füllung Zimmertemperatur haben, wenn sie zusammenkommen.
Die Kunst des Rollens und Dekorierens
Selbstverständlich wird auch die Dekoration in der Backstube in Vahrenwald selbst gemacht: Es werden Blätter
aus grünem Marzipan gefertigt, Pilze aus Baiser gebacken, das Schild „joyeux noël“ hergestellt – und auch der
Haselnusskrokant wird eigens für den Kuchen gemacht. „Doch auch das kann man kaufen“, meint der Konditor, während er mit geübtem Griff das Backpapier vom ausgekühlten Biskuit zieht.
Auf dem Biskuit verteilt Sandra Löhrer die aufgeschlagene Nougatcreme. Darauf kommt in einer feinen Linie der
Krokant. Anschließend wird das Gebäck zu einer Rolle geformt und mit Hilfe eines Lineals nochmals festgedrückt.
Zwei Kringel, die später zu Astlöchern werden sollen, spritzt Tobias Otte auf den Kuchen. Danach geht es für den Bûche wieder in die Kühlung.
Wenn die Rolle dort gut durchgekühlt und die Füllung sowie die Astlöcher fest geworden sind, wird mit einem
Spritzbeutel großzügig die Füllung rund um den Kuchen gespritzt, anschließend mit einem Pergamentpapier grob
glatt gezogen, um dann mit einem groben Kamm die Borke des Holzes nachzubilden. Dann muss alles wieder kalt
gestellt werden. „Am besten geht das in einer Kühltruhe“, erklärt der Konditor. Und am besten sei es auch immer,
den Kuchen über Nacht dort ruhen zu lassen.
Ist auch die äußere Hülle kalt und schnittfest geworden, wird der Kuchen in der Backstube fein mit Schokolade
besprüht. So erhält sein „Holz“ die Farbe. „Zu Hause kann man ihn mit Kakao bestäuben“, erklärt Otte, der anschließend ein Messer über einem Bunsenbrenner erhitzt. Mit dem heißen Messer schneidet er dann die Astlöcher aus. Das Holzscheit ist fertig. Jetzt muss es nur noch verziert und mit Goldstaub besprüht werden.
Genuss mit Tradition und Aufwand
„Der Bûche de Noël ist schon etwas aufwendig in der Herstellung“, weiß Serge Maranzana. Doch für ihn gehört er
zu Weihnachten wie der Stollen zu Dresden. Dass es der Dessertkuchen in sich hat, nimmt er mit einem Achselzucken
und einem Lächeln: „Es ist ja nur einmal Weihnachten im Jahr.“
TEXT: Heike Schmidt
FOTOS: Frank Wilde