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Die beste Grundlage

24. November 2024

In Bremen heißt sie Knipp, in Oldenburg und im Ammerland Hackgrütze, in der Lüneburger Heide Heidjer Knipp,
hier und da auch mal Lose Wurst und in Hannover Calenberger Pfannenschlag: die Grützwurst zum Braten.
Die Rezepturen unterscheiden sich jeweils leicht voneinander, aber so ganz fix ist die Zutatenliste ohnehin nicht.
Denn es kommt vor allem das rein, was gerade zur Hand ist.

Die Grützwurst besteht aus Schlachtresten wie Schweinebauch, Innereien, Rinderleber und -kopf (bei Heidjer Knipp
Heidschnuckenfleisch) sowie Grieben und Speck, gehackten Zwiebeln, Hafer oder Buchweizen als Füllmittel sowie
Gewürzen wie Nelke, Piment, Ingwer, Muskat und Koriander für den würzigen, intensiven Geschmack. Calenberger
Pfannenschlag ist eher rindlastig und präsentiert sich küchenfertig als gräuliche Masse, von der der namensgebende Schlag in die heiße Pfanne kommt.

Für die wahre norddeutsche Seite

Serviert wird der gebratene Wurstbrei mit Bratkartoffeln oder auf Schwarzbrot, am besten mit einer Gewürzgurke.
Klingt appetitlich? Zugegeben, Calenberger Pfannenschlag ist nicht jedermanns Sache. Aber wer nach einem langen Gang durch die kalte, nasse und heimisch-platte Landschaft hungrig nach Hause kommt und sich vor einem Teller gebratenen Pfannenschlags wiederfindet, könnte plötzlich mit Begeisterung und Appetit seine wahre norddeutsche Seite wiederentdecken.

Ein Pfannenschlag mit Kartoffeln und Gurken.

Calenberger Pfannenschlag gilt als nahrhaft, sättigend, deftig und trotzdem preisgünstig. Diese Spezialität ist im
bäuerlichen Umfeld als typisches Arme-Leute-Essen entstanden. Aber was macht das schon, das ist bei der Pizza
in Italien ebenso, doch das hat sie dennoch nicht davon abgehalten, eine beispiellose kulinarische Karriere zu machen.

Wem die Zutatenliste vom Calenberger Pfannenschlag vage bekannt vorkommt, sollte nach Schottland schauen:
Das berühmt-berüchtigte schottische Nationalgericht Haggis wird nach fast der gleichen Rezeptur zubereitet,
nur dass die Fleischanteile in erster Linie von Schaf oder Hammel stammen und die Wurst im Schafsdarm verkauft
wird. Auch die Schotten wissen um die Tücken der Rezeptur. So warnte der schottische Koch Paul Harris einmal:
„Das folgende Rezept ist nichts für schwache Nerven.“

Vor allem in der dunklen Jahreszeit

Obwohl beides Herbst- und Wintergerichte sind, ist der Calenberger Pfannenschlag sehr viel weniger bekannt als
der Grünkohl. Trotzdem wird er von überraschend vielen regionalen Metzgereien geführt, entweder frisch oder
in Dosen abgefüllt, und zum Teil gibt es sogar noch eine Auswahl in hell (ohne Blut) und dunkel (mit zugesetztem
Blut). Auch wenn er kein echter Verkaufsschlager ist, hat er eine stabile Fangemeinde, vor allem in der dunklen
Jahreszeit, wenn deftiges Essen besonders lecker ist.

Wer es als Hannoveraner ernst meint mit seiner niedersächsischen Verwurzelung, sollte dem Calenberger
Pfannenschlag zumindest mal eine Chance geben und schauen, ob man nicht doch die Heimat herausschmecken kann. Im Zweifelsfall kennt man in Hannover schließlich einen Geheimtipp, um den gebratenen würzigen
Wurstbrei hinunterzuspülen: Er eignet sich perfekt als Grundlage für eine oder zwei Runden Lüttje Lage!

Text: Catrin Kuhlmann
Fotos: Frank Wilde

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