125 Kilometer misst das Stadtbahnnetz in Hannover. Das entspricht der Luftlinie zwischen der Landeshauptstadt und Bremen. Das Stadtbahnnetz verbindet die Innenstadt mit den umliegenden Gemeinden der gesamten Region Hannover. Was lässt sich auf einer Stadtbahnfahrt entdecken? Die Nobilis hat einen Versuch gestartet: Mit der Linie 4 fährt man circa 45 Minuten vom Roderbruch nach Garbsen. Und in diesen 45 Minuten gibt es einiges zu sehen.
Vom Wochenmarkt bis zur Uniklinik
Den ersten Halt legt die Bahn an der Station „Roderbruchmarkt“ ein. Dienstags und freitags zwischen 14 und 18 Uhr bietet sich in Fahrtrichtung rechts ein Blick auf den Wochenmarkt an, wo frisches Obst, Gemüse, Brot und Blumen verkauft werden.
Weiter geht die Fahrt in Richtung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Nach einer kurzen Unterführung befindet sich auf der rechten Seite der imposante, graue Gebäudekomplex der MHH. Während die Bahn hält, fährt gerade ein Krankenwagen die Einfahrt hinunter. Die MHH gilt mit ihrer Transplantations- und Stammzellforschung als eine der bedeutendsten medizinischen Einrichtungen Deutschlands. Rund 3800 Studierende sind hier eingeschrieben. Viele von ihnen steigen an dieser Station aus, um an einer der forschungsintensivsten medizinischen Hochschulen des Landes zu lernen.
Historische Bauten und Natur in Kleefeld
Die Bahn lässt die Haltestellen „Misburger Straße“, „Bahnhof Karl-Wiechert-Allee“ und „Nackenberg“ hinter sich. Auf dem Weg zur nächsten Station „Uhlhornstraße“ bietet sich auf der linken Seite der Kirchröder Straße ein malerischer Anblick: Altbauten mit großen, teils kunstvoll verzierten Fenstern, schönen Fassaden und markanten Dächern prägen das Bild. Die Straße selbst wird von Eichen und Kastanien gesäumt. Nach einem Halt setzt die Bahn ihre Fahrt fort, vorbei an Bäckereien, Geschäften und Wohnhäusern. Ein Blick in die Seitenstraßen offenbart in der Ferne die Eilenriede, Hannovers grünes Herz. Und die evangelisch-lutherische Petri-Kirche mit ihrem neugotischen Baustil taucht nach einem Halt an der Station „Kantplatz“ auf der linken Seite auf.
Auch neben der Eilenriede fährt die Bahn nun ein Stück entlang, vorbei am Eisstadion am Pferdeturm, in dem die Hannover Indians ihre Eishockey-Spiele austragen und an der Haltestelle „Clausewitzstraße“. Dann geht es für sechs Stationen unter die Erde.
Doppelter Schlossblick
Als die Bahn wieder aus dem Tunnel auftaucht, eröffnet sich auf der rechten Seite der Blick auf das Schloss der Leibniz Universität. Im Sommer wird die Sicht durch einige Kastanienbäume mit ihren dichten, grünen Blättern etwas eingeschränkt. Doch sobald die Bahn weiterfährt, zeigen sich das Hauptgebäude und die Bronzestatue des Sachsenrosses, die als Symbol für Niedersachsen steht.
Während sich auf der linken Seite der weitläufige Georgengarten erstreckt, stehen auf der rechten Seite der Nienburger Straße mehrere historische Villen. Nach einem Halt an der Station „Appelstraße“ fährt die Bahn weiter zur Haltestelle „Herrenhäuser Gärten“, von wo aus die klassizistische Orangerie und das Fachwerk-Pagenhaus zu sehen sind. Einige Stationen weiter erreicht die Bahn dann den „Herrenhäuser Markt“, dort ist samstags von 8 bis 13 Uhr der Wochenmarkt. Weiter auf der linken Seite der Strecke befindet sich das Industriegebäude der Brauerei Herrenhausen, bekannt für das „Herri“-Bier, das wegen seiner regionalen Verbundenheit in Hannover geschätzt wird.
Stadtbahnfahrt ins Grüne
Der „Bahnhof Leinhausen“ zieht vorbei und die Bahn hält am „Stadtfriedhof Stöcken“, der sich als weitläufige, parkähnliche Anlage mit einem kirchenartigen Gebäude präsentiert, einer kleinen Kathedrale mit spitzbogigen Fenstern und filigranen Verzierungen. Julius Trip (1857 bis 1907), der erste Gartendirektor Hannovers, hat die Friedhofanlage gestaltet. Der Stadtfriedhof Stöcken beherbergt Gräber prominenter Persönlichkeiten, darunter das des ersten Niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf.
Die Bahn nimmt wieder Fahrt auf, folgt der Stöckener Straße und verlässt schließlich Hannover. Die Linie 4 verläuft nun parallel zum Westschnellweg und zur Leine, vorbei an den Haltestellen „Lauckerthof“, „Auf der Klappenburg“, „Jädekamp“, „Wissenschaftspark Marienwerder“ und „Pascalstraße“. Der urbane Anblick weicht allmählich einer grünen Landschaft, und auf dem Weg zur „Schönebecker Allee“ überquert die Bahn auf einer Brücke den Mittellandkanal. Die Wagen leeren sich zunehmend, und nach zwei weiteren Stationen erreicht die Bahn schließlich die Endstation „Garbsen“.
Hannover unter fünf Euro entdecken
Rund 20 Kilometer hat die Stadtbahn der Linie 4 auf ihrer Strecke zurückgelegt – vorbei an der Medizinischen Hochschule Hannover, entlang den Herrenhäuser Gärten und über den Mittellandkanal. Ein Ticket für diese Fahrt kostet 4,30 Euro. Ein Stück Hannover unter fünf Euro entdecken? Geht also! Und zwar auf Schienen, mit der Stadtbahnlinie 4.
Text: Luise Moormann
Fotos: Jill Nora Garlisch