Zum Inhalt springen

Sie lassen sich ins Wohnzimmer schauen

08. Februar 2024

Diese Türen sind normalerweise fest verschlossen. Sie öffnen sich nur den Personen, die eine private Einladung vom Fürstenpaar selbst erhalten. Doch jetzt machen Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe und seine Frau Mahkameh eine Ausnahme: Bis zum 1. April öffnen sie die Fürstlichen Privatgemächer im Südflügel von Schloss Bückeburg. Die Räume wurden lange Zeit bewohnt. Heute dienen sie meist dazu, Gäste des Paares zu beherbergen.

Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe und seine Frau Mahkameh öffnen die Türen von Schloss Bückeburg.

Heute Gästezimmer

„Wenn wir feiern, nutzen wir die Räume gerne“, erklärt Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe. Selbstverständlich hat er zu jedem Raum eine persönliche Bindung. Gemeinsam mit seiner Frau war er aktiv an der Umgestaltung mancher Zimmer beteiligt. Denn es ist keineswegs so, dass ein Schloss wie ein Museum behandelt werden muss. Schließlich leben seine Bewohner in ihm. Fürst Alexander hat mit seiner ersten Frau Lilly zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg in diesem Trakt gelebt, als seine Eltern im Westflügel des Schlosses wohnten. Doch Modernisierungen hat das einstige Paar so vorgenommen, dass sie sich harmonisch in die Wohntradition einfügten. Denn eine Maxime gilt immer: „Ein Schloss ist ein Schloss und soll auch so aussehen“, meint der Hausherr lächelnd. Und dementsprechend werden Besucher in den adeligen Privatgemächern auch keine harten Stilbrüche in Sachen Einrichtung erleben.

Die adeligen Privatgemächer im Schloss Bückeburg.

Gemälde hinter Sperrholz

Seit 1732 hat die Fürstenfamilie in diesem Teil des Schlosses gelebt. „Was meine Vorfahren in Sachen Einrichtung gemacht haben, ist fast immer noch brauchbar und ästhetisch exzellent, fast ohne Ausnahme“, sagt der heutige Hausherr. Im roten Salon, dem Herzstück des Wohntraktes, das heute als Wohnzimmer genutzt wird, ist das sogar zu sehen: Wer auf dem cremefarbenen Sofa Platz nimmt, sieht rechts vom Kamin eine Bibliothek. Links davon ist sie spiegelbildlich aufgestellt. Der rechte Teil ist alt. „Den linken haben wir nachbauen lassen“, erklärt Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe. Auch die Tapeten sind neu. Sie ähneln allerdings ihren Vorgängern – auch diese hatten vermutlich einen Rotton. Der Kaminabzug hingegen war ursprünglich nicht tapeziert. Unter der Bespannung ist eine Sperrholzplatte. „‘Unter dieser Verkleidung befindet sich ein (schlechtes) Wandgemälde in Gestalt des Familienwappens‘ steht darauf geschrieben“, verrät der Fürst schmunzelnd: „Schließlich sollen unsere Nachfahren einmal wissen, was da drunter ist.“ 

Der rote Salon ist das Herzstück des Wohntraktes.

Gemütliche Küche

Das Parkett knarzt. Die große, weiß gestrichene Tür öffnet sich. An den Wänden sind Rot-Weiß gestreifte Tapeten. Links ist ein großer Kamin in die Wand eingelassen. Im Mittelpunkt des Raumes steht eine große Kochinsel mit Herd, Spüle und reichlich Ablagefläche. Dies ist wohl einer der schönsten Räume. Es ist die Küche. Gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau Lilly zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg hat der Fürst sie gestaltet. „Eine Küche muss gemütlich sein“, erklärt der Hausherr. Schließlich endeten immer alle Partys in der Küche, fügt er lächelnd hinzu. Das Konzept ist stimmig. Man fühlt sich sofort wohl. Doch es gibt etwas, das der Fürst so nicht wieder einrichten würde: Die Ablagefläche der Kochinsel ist mit grünen Kacheln ausgelegt. Teigausrollen? Leider nicht möglich. „Die Fugen sind nicht so gelungen“, erklärt er: „Da bleibt alles hängen.“ 

Die Küche im Schloss Bückeburg ist gemütlich.

Rauchen bei Tisch

Es riecht nach Plätzchen – und das ist keine Sinnentäuschung. Stephan Guddat hat die Ausstellung „Fürstliche Privatgemächer“ konzipiert und nicht nur die Räume mit Ausstellungsstücken eingerichtet, sondern auch Gerüche und Geräusche mit erdacht. An die Küche schließt das Gobelinzimmer an. In ihm ist eine Tafel für zwölf Personen eingedeckt wie um 1910. Verschiedene Gläser stehen bereit – ein Wasserglas, ein grünes Weißweinglas, ein Rotweinglas und eine Champagnerflöte – Kerzenständer, Blumenbouquets, Salzfässchen und ein Aschenbecher! „Zu dieser Zeit war es durchaus üblich, bei Tisch zu rauchen“, erklärt Guddat. Jeder Gastgeber, der auf sich hielt, wusste zudem um die Lieblingszigarettenmarke des Gastes und hielt diese auch vor.  

Die Tafel ist eingedeckt wie um 1910.

In Kaisers Betten

Wer dann nach einer Feier im Schloss übernachtete, konnte mit etwas Glück sogar im Bett des Kaisers Wilhelm II. schlafen. Denn dieser hatte nicht nur in Bückeburg eine eigene Residenz, sondern war auch verwandtschaftlich mit den Schaumburgern verbunden. Der jüngere Bruder des Fürsten, Adolf, war mit der kleinen Schwester des Kaisers, Viktoria, verheiratet. Die Betten sind zwar die original Kaiserlichen, aber sie haben so nie in diesem Zimmer gestanden – der Kaiser hatte in Bückeburg eine eigene Unterkunft. Auch die Tapeten, die die Wände schmücken, sind nicht aus der Kaiserzeit. Sie sind neueren Datums. Zu erkennen ist es kaum, da sie sich in das Gesamtbild harmonisch einfügen. Das Fürstenpaar hat sie gemeinsam ausgesucht. Äste ranken sich gen Decke. Üppige Blumen blühen zwischen den Blättern. Einzelne Vögel sitzen auf Zweigen. Davor steht das Doppelbett, das aus zwei einzelnen zusammengesetzt wurde. Übrigens: Die Fußteile fehlen nicht. Sie wurden abmontiert und stehen vor den Fenstern. 

Kaiser Wilhelm II. hatte eine eigene Residenz in Bückeburg.

Baden mit Curd Jürgens 

Weiter geht es in ein außergewöhnliches Badezimmer: Es ist Curd Jürgens gewidmet. Die Eltern des heutigen Fürsten, Philipp Ernst und Eva-Benita zu Schaumburg-Lippe, waren mit dem Schauspieler befreundet. Der Weltstar, der unter anderem als Bond-Widersacher Karl Stromberg in „Der Spion, der mich liebte“ 1977 zu sehen war, spielte auch auf der Bückeburger Bühne das Einpersonenstück „Im Zweifel für den Angeklagten“. Er wurde zu einem sehr gern gesehenen Gast im Schloss und bekam dort sogar ein eigenes Bad gewidmet. Auf einem Tischchen vor dem Fenster des Bades liegen alte Programmhefte. Das gesamte Zimmer ist in einem Senfgelb gestrichen. Badewanne und Toilette tragen die damalige Modefarbe Dunkelgrün. Ein Stückchen 70er Jahre im 14. Jahrhundert. Und das wird wahrscheinlich auch so bleiben. „Wenn man diese Farbe wegnehmen würde, dann würde man das Holz darunter zerstören“, erklärt Guddat. Also bleibt die einstige Moderne als Erinnerung erhalten. 

Kleiderschätze der Frauen 

Ein besonderes Zimmer grenzt an das Curd Jürgens-Badezimmer. In ihm sind modische Schätze aus den 50er bis 70er Jahren ausgestellt, die lange Zeit zwischen Seidenpapier schlummerten. Im Eva-Benita-Zimmer sind die Kleider zu sehen, die einst die Namensgeberin des Zimmers getragen hat. Wunderbare Hippie-Kleider von Yves Saint Laurent oder futuristische, an die Raumfahrt angelehnte Kleider vom 60er Jahre Cuture-Star André Courrèges sind dabei. Auf einer Kommode am Fester sind passende Hüte drapiert. Ein Hingucker in diesem Zimmer ist aber das schlichte, sehr elegante Brautkleid der Fürstin, das sie 1955 zu ihrer Hochzeit trug. Ganz anders, aber mindestens genauso schön ist ein Brautkleid neueren Datums: Das Hochzeitskleid, in dem die jetzige Fürstin Mahkameh heiratete. Üppig und ausladend nimmt es nahezu den ganzen hellblauen Salon ein. 

Auch modische Schätze können in Bückeburg bewundert werden.

Viel Musik in einem Raum

Ebenfalls viel Platz benötigen die beiden Flügel und das Klavier im Musikzimmer ein. Die Noten sind aufgeschlagen. Fast wirkt es so, wie denn der Fürst und seine heutige Frau Mahkameh gerade den Raum verlassen hätten, um sich etwas zu trinken zu holen. Fürstin Mahkameh ist Konzertpianistin; der Fürst leidenschaftlicher Musiker, der nicht nur Klavier passioniert spielt. „Wir spielen oft abends gemeinsam“, verrät er – auch in seinem privaten Privatgemächern, die er mit seiner Frau bewohnt, hat er zwei Flügel, die bespielt werden. In diese Räume kommt wirklich nur ein ganz enger Kreis an Freunden. Die ehemaligen Privatgemächer und heutigen Gästezimmer sind noch bis zum 1. April geöffnet. Sie erzählen viel von der privaten Geschichte des Hauses Schaumburg-Lippe, die sonst eher hinter verschlossenen Türen ist. 

Die Ausstellung “Fürstliche Privatgemächer” ist noch bis zum 1. April 2024 zu sehen. Nähere Informationen unter Sonderausstellung: Fürstliche Privatgemächer (schloss-bueckeburg.de) 

Text: Heike Schmidt, Fotos: Alexander Demandt, Oliver Roth, Stephan Guddat, Rainer Dröse

Fotos Bildergalerie: Rainer Dröse

ÄHNLICHE ARTIKEL