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Trüffel Güse – 100 Jahre süße Verführung

Die familiengeführte hannoversche Schokoladenmanufaktur feiert
in diesem Jahr ein stolzes Jubiläum.
Text: Torsten Lippelt  Fotos: Lorena Kirste
Wäre die Luft auf Norderney einst nicht so salzhaltig gewesen – vielleicht würden Schokoladen- und Pralinenliebhaber in und um Hannover heute andere Leckereien genießen. So jedoch verwöhnt – klein, aber fein – die Familie Güse bereits in der dritten Generation Genießer mit ihren handgefertigten Schokoladentafeln, feinen Trüffeln und Pralinen nach eigenen Rezepturen. Und die Hannoveraner sind auf den Geschmack von Vollmilch, Zartbitter und weißer Schokolade gebracht worden – im Laufe der Jahre verfeinert mit Kakao, Chili und Champagner, mit Ingwer, Pfirsich und Sauerkirsche, Karamell und Krokant, Mandel und Marzipan.
„Mein Opa Emil war von klein auf der Schokolade verfallen. Er saß gern ausprobierend im Keller und hatte die bis heute von uns angewandte, grundlegende Idee für unsere Pralinen“, blickt Sabine Güse-Henschel zurück auf ihren Großvater, der als gelernter Konditor aus Gütersloh die Manufaktur begründete. Seit 1987 leitet nun die Diplom-Ökonomin zusammen mit ihrem Bruder Klaus Güse das Unternehmen. Das besondere Familienrezept: Im Unterschied zur industriellen Fertigung, bei der vorgefertigte Kuvertüre-Hohlkugeln maschinell mit einer Trüffelmasse befüllt werden, arbeitet man bei Güse von innen nach außen und nur per Hand. Aus Butter, Kuvertüre, Fondant und – je nach Sorte – edlen Bränden, Fruchtessenzen und Gewürzen wird so die Füllung angesetzt und nach dem Abkühlen zu kleinen Kugeln gerollt.
„Wir fertigen mit bester Schokolade unverändert so, wie Opa schon 1921“, betont Sabine Güse-Henschel die Tradition. Der Kern wird anschließend doppelt mit feinster Kuvertüre überzogen und die Trüffelspezialität dekoriert. Natürlich auch von Hand. In drei Tagen und acht Arbeitsgängen entsteht so ein Trüffel.
Auch die Herstellung der Schokoladentafeln erfolgt manuell. Einzigartig sind sie jeweils nur handliche 50 Gramm leicht: gedacht für „Chocoholics“ zum sofortigen Verzehr. Maximal drei Kilogramm Kuvertüre werden dafür zugleich auf einer Marmortischplatte etwas über 30 Grad erwärmt und in die Formen gegossen. Für mehr ist der Arbeitstisch nicht groß – und sind die Mitarbeiter-Arme nicht lang genug.

Von Norderney nach Hannover

Emil Güse begann gemeinsam mit seiner Ehefrau Luise zunächst auf Norderney, handgefertigte Pralinen herzustellen – und scheiterte: Die zu salzhaltige Nordseeluft sorgte für ein schnelles Ende seiner Versuche mit Butter und Palminfett. Mit dem Umzug nach Hannover lief es dann mit der Eröffnung seines Ladens im April 1921, in der Jakobistraße, besser: Schnell zählte das Unternehmen zehn Mitarbeiter.
„Oma Luise erzählte, dass das eine schöne Zeit war“, so Sabine Güse-Henschel. Alle ihre drei Kinder habe die Großmutter damals hinter der Ladentheke aufgezogen. Im Krieg sei sie der Rückhalt der Familie gewesen. „Oma hat mit allem gehandelt, sogar einen Kupferkessel besorgt, damit sie Sahnebonbons fertigen konnte und mitgearbeitet, bis sie 82 Jahre alt war“, blickt die heutige Chefin zurück.

Mit 21 Jahren Chefin: Sabine Güse-Henschel

Aktuell zählen 80 Variationen handgeschöpfter Schokolade und 43 traditionelle Sorten Schoko-Trüffel zum Sortiment. „Dazu kommen zwölf weitere aus diesem Sommer“, ergänzt Sabine Güse-Henschel, die als Entwicklerin laufend weitere Ideen hat. „Dazu ist allerdings viel Muße notwendig. Wenn Sie etwas kreieren und realisieren möchten, müssen Sie es selbst machen“, beschreibt die 56-Jährige ihr Erfolgs-Credo. Im Firmensitz, in der Schlägerstraße 21, der auch die Fertigungsstätte umfasst, wird sie dafür zeitweise von einem bis zu 25-köpfigen Team unterstützt.
Im Alter von nur 21 Jahren hatte Sabine-Güse-Henschel 1987 von ihrem Vater Klaus Dieter Güse die Geschäftsleitung übernommen. Zu ihren fachlichen Qualifikationen zählt sie besonders die „Liebe zu Schokolade und zur Qualität.“
Dazu reist die Wirtschaftswissenschaftlerin gern durch die weite Welt. „Ich probiere überall und hole mir Anregungen. Und stelle fest: Es ist leckerer, wenn ich die Zutaten nach meinen Ideen abschmecke.“
So verarbeitet sie Geschmacksproben aus aller Welt für den kleinen Trüffel- und Schokoladen-Kosmos aus der Südstadt: Trinitario-Kakaobohnen aus Venezuela und Grand-Cru-Kuvertüre aus der Schweiz, indisches Chilipulver und scharfen Ingwer, karibische Sommerblütenblätter und Sal-Vital-Meersalz, Bourbonvanille, Mohn und Amaretto-Öl, Cranberries und Bio-Zitronengras, Hibiskusblüten-Stückchen und Wasabi, Panacotta-Himbeer, kandierte Orangen- und in Cointreau eingelegte Kirschstückchen. Die Chefin schwärmt von ihren Rum-Rosine Lieblingstrüffeln, von Mandelbergen und Ingwerstäbchen, über die sie sagt, sie seien: „zart, leicht scharf, aber besonders saftig.“

Medaillengewinner

So viel süße Leidenschaft gewinnt auch Preise: Trüffel Güse war „Niedersächsischer Botschafter“ 2011 und 2012, im Jahr 2016 sind es zwei Gold- und zwei Silber-Medaillen beim European Chocolate Award und die Silbermedaille beim World Chocolate Award in London. 2018 folgt eine Bronzemedaille für vegane Schokolade. Eine Goldmedaille gab es für die wohl schärfste Schokolade der Welt: die Carolina Reaper Chili, mit Mango in Grand Cru. „Ab 18 Jahre erst“ steht als Warnung extra auf der „Sensenmann“-Verpackung. Die in Zusammenarbeit mit dem Pfefferhaus Hannover gefertigte Schokotafel sei großartig für Chili con Carne, verrät die Chefin.
Auch Nachhaltigkeit wird großgeschrieben: Trüffel Güse achtet auf geringen Energieverbrauch – Spezialitäten werden vor Ort und mit Handarbeit gefertigt, verarbeitet und in umweltfreundliches, zersetzbares Cellophan verpackt.
Der anhaltende Umsatzerfolg basiert auf gleich drei festen Standbeinen: Neben dem Ladenverkauf und Online-Handel wird Trüffel Güse bei anlassbezogenen Gäste-Käufen als Wahrzeichen von Hannover geschätzt – dank dekorativer Hannover-Präsente und Geschenkideen. Das bundesweite „Brot- und Butter“-Geschäft sind jedoch die mit Firmenlogo und gewünschter Verpackung individuell gestaltete Trüffel- und Schokoladenpräsente für Unternehmern jeglicher Branchen, die ihren Geschäftspartnern und Mitarbeitern eine Freude machen wollen.
„Man weiß zunehmend den Wert von Qualität und Inhalt zu schätzen“, stellt Sabine Güse-Henschel zufrieden fest. Inzwischen sind auch ihre 13, 16 und 18 Jahre alten Töchter ins Firmenleben involviert. „Alle haben ein Schokoladenherz“, blickt die mit Leib und Seele aktive Chocolatiere deshalb zuversichtlich in die Zukunft des Familienunternehmens.