Zu hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie, zu langsam für den Wettbewerb: Beim 13. Tag der Niedersächsischen Wirtschaft ging es um große Veränderungen, aber auch große Chancen. Im Mittelpunkt stand die „Transformation der Industrie im internationalen Wettbewerb“.
Die Worte waren klar: „Wir brauchen eine pragmatische Politik mit klaren Regeln, die den Unternehmen einen Rahmen setzt. Aber die Politik muss gleichzeitig Unternehmern den Freiraum lassen, selbst über die Wege zu entscheiden, ihre Ziele zu erreichen“, forderte der Präsident der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) Dr. Andreas Jäger beim 13. Tag der Niedersächsischen Wirtschaft. Nur wenn man Bürokratie abbaue, könne man insgesamt schneller werden und im nationalen und internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben. Natürlich werde man dann auch Fehler machen. „Aber entweder wir schaffen 80 Prozent in zwei Wochen oder 100 Prozent in 20 Jahren“, erklärte er vor dem voll besetzten Saal der VGH Versicherungen. 480 geladenen Gäste aus Wirtschaft und Politik waren der Einladung der UVN gefolgt, um sich zum Thema „Transformation der Industrie im internationalen Wettbewerb“ auszutauschen.
Geschwindigkeit bringt Erfolg
„Unternehmen sollten zudem selbst bestimmen können, welche Energie sie zur Produktion verwenden wollen“, betonte Jäger. Auf das Thema ging auch Ministerpräsident Stephan Weil ein: „Für die Zukunft unserer Industrie spielt Energie eine herausragende Rolle. Sie muss zuverlässig, sauber und bezahlbar sein. Als Energieland Nummer Eins hat Niedersachsen dafür eine hervorragende Ausgangslage. Jetzt geht es darum, die bestehenden Unternehmen abzusichern und die neuen Chancen zu nutzen.“ Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands habe bislang auf der Wettbewerbsfähigkeit beruht. „In der Energieversorgung haben wir in der Vergangenheit Fehler gemacht“, gab er zu. So sei es sicherlich nicht richtig gewesen, sich von russischem Gas abhängig zu machen. Doch Niedersachsen sie dabei, aufzuholen. So entwickle sich Wilhelmshaven derzeit zur „Energiedrehscheibe Deutschlands“. Das Land setze dabei nicht nur auf Offshore-Windparks vor der Küste, sondern vor allem auch auf die Wasserstofftechnologie. Aber auch da gelte: „Geschwindigkeit bedingt den Erfolg.“ Dabei denke er aber nicht nur an große Unternehmen wie beispielsweise an die Stahlproduktion in Georgsmarienhütte – Dr. Anne-Marie Großmann aus der Geschäftsführung der GMH Gruppe saß erst im Publikum und dann bei einer Diskussionsrunde auf dem Podium -, sondern auch den Mittelstand und die Glas-, Keramik- oder auch Papierproduktion.
Energie ist zu teuer
Die hohen Energiekosten sind es auch, die besonders der GMH Gruppe zu schaffen machen. „Der Industriestandort Niedersachsen war in der Vergangenheit gut aufgestellt. Damit das wieder so wird, brauchen wir andere Rahmenbedingungen, denn Deutschland hat heute die höchsten Strompreise der Welt!“, erklärte Großmann. Um den Transformationsprozess zur Klimaneutralität schaffen zu können, müssten die Unternehmen international wettbewerbsfähige Strompreise bekommen. „Damit unsere Produkte auch gekauft werden“, betonte sie. Den aktuellen Vorschlag der Bundesregierung zur Absenkung der Energiepreise für das produzierende Gewerbe sieht sie kritisch. „Er ist nicht zielführend.“ Die Energiekosten der GMH Gruppe hätten sich seit dem Beginn des Ukrainekrieges in der Zeit von 2021 bis 2023 ungefähr verdoppelt. „Die jetzt angedachte Steuerminderung über Stromsteuer und Spitzenausgleich würde diesen Betrag um noch nicht mal ein Prozent absenken. Dieser Vorschlag ist somit keine Entlastung“, folgerte Großmann: „Also benötigen wir schnell eine gute Lösung, denn die Existenz unserer Unternehmen und Arbeitsplätze mit unserer regionalen Wertschöpfung sind ansonsten gefährdet!“
Auf die aktuelle politische Entwicklung ging auch Wirtschaftsminister Olaf Lies ein: „Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stehen wir nicht nur fiskal- sondern auch industriepolitisch vor enormen Herausforderungen. Es geht jetzt um wichtige Investitionsvorhaben, vor allem um die großen Wasserstoffprojekte.“ Sie seien von übergeordnetem Interesse im Sinne der Zukunft des Standortes Deutschland in Europa und zudem elementar auf dem Weg zur Transformation unserer Industrie. Umso wichtiger sei es daher, dass der Bund eine Lösung finde, seinen Anteil an der Finanzierung dieser Vorhaben leisten zu können. Die Mittel des Landes Niedersachsens für die Kofinanzierung seien abgesichert.
„Da ist Luft nach oben“
Da sich ein Blick von außen auf Probleme immer lohne, hatte UVN-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Müller einen besonderen Gast eingeladen: die Botschafterin des Königreichs Dänemark in Deutschland, Susanne Hyldelund. Auch Dänemark arbeitet mit Hochdruck an der Energiewende, ist aber in vielen Bereichen schon weiter – so beispielsweise bei der Digitalisierung. Ihre Steuererklärung, Rezepte oder auch Schreiben von Behörden bekäme sie ausschließlich online. „Da ist in Deutschland noch Luft nach oben“, sagte sie. Zudem sei es typisch deutsch, jede Diskussion mit dem Wort „Datenschutz“ zu beenden. „Es kann nicht sein, dass jeder Dialog mit dem Wort Datenschutz zu Ende geht.“ Mehr Offenheit, mehr Flexibilität und damit auch mehr Schnelligkeit würde sie sich wünschen. Denn eins dürfe man nicht vergessen: „Wir haben mit Deutschland eine gemeinsame Vision für die Energiewende und für Klimaschutz. Gemeinsam wollen wir vorangehen und der Welt zeigen, dass eine Transformation möglich ist, die dem Klimaschutz Rechnung trägt und gleichzeitig Europa als Industriestandort erhält.“
Text: Heike Schmidt, Fotos: UVN/Marcus Prell