Christian Bruns hat den Hof seines Vaters in Bilm übernommen und ihn zu einem nachhaltigen Begegnungshof umgewandelt. Mit Projekten wie „Ackerpaten“ setzt er auf nachhaltige Landwirtschaft und stärkt das Bewusstsein für Natur und Umwelt. Unternehmen und ihre Mitarbeiter können dabei aktiv mitmachen. Wie funktioniert das Konzept und was treibt Christian Bruns an?
Mit dem Spaten sticht Christian Bruns eine Grasnarbe aus dem feuchten Bilmer Boden. Sorgfältig verteilt er etwas Schafwolle um die Wurzel des kleinen Himbeerstrauches, bevor er diesen dann ins Erdreich setzt. Sein fünfjähriger Sohn Chris wirft eine Handvoll Kompost darauf, der zweijährige Neffe Bruno macht dasselbe – mitsamt einem kleinen Regenwurm. Schnell sind zehn Himbeer-Pflanzen gesetzt. „Das war hier früher mal unsere Hofweide. Grünland für Kühe und Pferde. Jetzt pflanzen wir stattdessen zahlreiche Beerensorten. Daraus machen wir dann für uns Sirup, Marmelade und mehr“, beschreibt der junge Familienvater seinen ganz persönlichen Teil des praktischen Wandels, der in den vergangenen Jahren auf seinem Hof im Sehnder Ortsteil Bilm stattgefunden hat.
Nachhaltige Landwirtschaft
Rund 30 Hektar Ackerland und Waldfläche gehören ihm. Aber hier wird keine intensive, sondern nachhaltige Landwirtschaft betrieben. Praktisch zur Hand gehen Christian Bruns dabei keine Landarbeiter, sondern seit etwas mehr als zwei Jahren zunehmend Menschen, die eigentlich am Schreibtisch sitzen. „Bei uns waren bereits Gruppen von der Sparkasse, von Antenne Niedersachsen und von Toyota Material Handling“, listet Christian Bruns auf. Denn seit Dezember 2022 lädt er Unternehmen und deren Mitarbeiter zu seinem Teilhabe-Projekt „Ackerpaten“ ein. „Bei uns kann man Nachhaltigkeit erleben und ‚einfach machen‘. Mit Anpack-Faktor und außergewöhnlichen Team-Events wird hier zugleich Gutes getan und erlebt“, beschreibt er sein Konzept.
Nach den morgendlichen Treffen auf dem Hof geht es per Traktorfahrt beispielsweise los zum gemeinsamen Pflanzen eines Zukunftswaldes. „Wir haben bei uns genügend Möglichkeiten, gemeinsam etwas für die Natur zu tun, mit ihr umzugehen und dabei positive Fußspuren zu hinterlassen. Mit bis zu 30 Teilnehmern geht das gut beim Bäume pflanzen. Und mit sogar bis zu 80 Helfern beim Einsäen einer Blühwiese“, weiß Christian Bruns. Warme Getränke und kleine Snacks, ganz viel gute Laune und ein gemeinsames, selbstgekochtes Abschlussessen auf dem Hof lassen jede Aktion dabei gesellig ausklingen..
Mehr Bewusstsein für die Natur
Bei den „Ackerpaten“ geht es ihm jedoch nicht um preiswerte Helfer: Geschärft werden soll das Bewusstsein jedes Einzelnen für die Natur und Umwelt, ebenso wie der Nachhaltigkeitsgedanke in Unternehmen, Organisationen und Bildungseinrichtungen. „Das gemeinsame Naturerlebnis stärkt zudem den Zusammenhalt und das Vertrauen, die Kommunikation und die Motivation in der Gruppe“, betont Christian Bruns die so genannte Corporate Social Responsibility (CSR). Das sind Eigeninitiativen von Unternehmen für ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.
Der Bilmer lebt dies auf seinem Hof vor: mit regenerativer und biozertifizierter Landwirtschaft, der Förderung von Biodiversität mit dem Pflanzen von Bäumen und Sträuchern, so dass selbstständige Ökosysteme entstehen, und durch den Verzicht auf chemische Mittel. Selbst hergestellter Kompost gehört ebenso zum nachhaltigen Hofbild wie die drei Katzen und 15 Hühner – mitsamt stolzem Hahn. „Eigentlich bin ich gar kein Landwirt“, definiert sich Christian Bruns. „Ich pflanze Bäume, aber bin kein Gärtner. Ich fahre Trecker, aber bin kein Bauer. Und ich predige, aber bin kein Pastor“, lacht er.
Vom Theologen zum Ackerpaten
Dabei jedoch motiviert den studierten und visionären Theologen das Reden am meisten: „Ich möchte die Menschen inspirieren, Gutes zu tun und zu erleben, die Natur damit als schön zu erfahren. Ganz im Sinne des biblischen ‚Glauben, Lieben, Hoffen‘.“ Was ihn antreibt: „Der Klimawandel, die
Vereinsamung in der Gesellschaft und Überforderung gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Wir hier handeln, sprechen über diese Themen und bilden weiter.“ Dies kommt auch der Familie auf dem Hof zugute. „Nur aus der Landwirtschaft kann ich nicht leben“, hat Christian Bruns schnell erkannt, nachdem er 2021 den Hof von seinem Vater Gerald geerbt hatte. In großer familiärer Nähe wird hier nun auf dem zum Begegnungshof gewandelten Areal gelebt und gearbeitet: Unterstützt von Ehefrau Jana ist Christian Bruns hier als Ackerpaten-Geschäftsführer aktiv und sein Bruder David mitsamt Mitarbeiterteam als professioneller Gärtner. Dessen Ehefrau Caro betreibt „lottes bauernhof pädagogik“ für Familien mit Kindern und der Dritte der Brüder, Andreas, ist als Ingenieur und Haustechniker dabei. Und auch Mutter Birgit steht allen mit Rat und Tat immer zur Seite.
Ideen für die nähere Zukunft hat Christian Bruns zahlreiche: „Ich würde gern als Gruppenerlebnis für Führungskräfte Landwirtschaft mit Pferden, wie vor 100 Jahren, organisieren.“ Auch der Anbau von Ingwer und Trüffeln reizt ihn. Und die Gelegenheit zu mehr Keynote-Reden über nachhaltiges Lernen, Leben gesellschaftlicher Teilhabe. Visionäres und Praktisches vom Bilmer Acker zum „einfach machen“ in der eigenen Unternehmenskultur.
TEXT und FOTOS: Torsten Lippelt