Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, dokumentierte Projekte von Kunst-Größen wie Christo und reiste beruflich um die Welt. Privat geht es bei dem bekannten Fotograf und Autor dagegen eher bodenständig zu. nobilis hat ihn in seinem Zuhause besucht.
Text: Beate Rossbach Fotos: Lorena Kirste
Durch die Terrassentür schaut Heinrich Hecht direkt hinaus in den Garten, wo an einem hohen Amberbaum eine Schaukel hängt. Links steht das Backhaus aus dem 15. Jahrhundert, das älteste Gebäude des Anwesens. Rechts ist ein Steingarten mit einer Sitzecke eingerichtet. In den Beeten blühen Rosen, bald wohl auch Hortensien und Rhododendron. Dort, wo der Rasen endet, beginnt das freie Feld – ein weiter Blick in die Ferne. Wer könnte bei diesem Ausblick noch konzentriert arbeiten? Heinrich Hecht, Fotograf und Autor, kann es. Im Oktober letzten Jahres hat er ein Buch veröffentlicht, bereitet ein weiteres vor, plant Lesungen und Ausstellungen.
Vor fünf Jahren hat die Familie den historischen Bauernhof im Schaumburger Land bei Stadthagen gekauft. Hier lebt Heinrich Hecht mit Frau und Tochter, der fast fünfjährigen Lotte. Ob er das Stadtleben in Hannover vermisst? Nein, hier auf dem Dorf hat er Platz zum Leben, zum Arbeiten, um Gäste zu empfangen, und es gibt immer etwas zu tun.
Das macht ihm Spaß: „Wir haben den Hof, der nach einem Brand 1886 wieder aufgebaut wurde, umfangreich saniert. Wir haben viel gearbeitet und sind immer noch dabei. Wir lassen nicht alles machen, sondern machen auch vieles selbst.“
Hecht liebt das Landleben, denn hier hat er alles: Die Umgebung inspiriert ihn zu immer neuen Projekten. Gleichzeitig kann sich auch mit den Dingen beschäftigen, die den Kopf freimachen: etwa Gartenarbeit. Später wird er Rasen mähen. Der Aufsitzmäher steht startklar neben der Scheune.
Internationale Erlebnisse
Heinrich Hecht hat viel von der Welt gesehen, war auf anderen Kontinenten unterwegs, hat über seine Erlebnisse geschrieben und die schönsten Augenblicke mit der Kamera festgehalten. Die Bücher, Bildbände und Kalender von ihm, mit ihm und über ihn füllen ein ganzes Regal. Es habe sich, sagt Heinrich Hecht, immer aus einer Sache die nächste ergeben, „und immer, wenn ich für ein Projekt die meisten Risiken eingegangen bin, bin ich am erfolgreichsten gewesen. Es konnte sein, dass ich gar keinen Auftrag hatte, aber es trotzdem gemacht habe, weil ich wusste, es ist das Richtige. Daher sage ich: Man muss immer das tun, wofür man brennt“.
Von klein auf Fotografie-begeistert
Wasser und Segeln, Autos, Architektur und Kunst sind Themen, für die Heinrich Hecht sich begeistert. Mit zehn Jahren bekam er seine erste Kamera geschenkt, begann zu fotografieren und hat auf Umwegen sein Hobby zum Beruf gemacht. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und einigen Jahren in Vertrieb und Marketing in der Computerindustrie bekannte er sich zu seinem Talent und seiner Bestimmung – der Fotografie und dem Schreiben. Anfangs war er noch beim Radio, um zumindest ansatzweise an seine finanzielle Situation während der Zeit bei seinem letzten Arbeitgeber Siemens anzuknüpfen – das Einkommen als Fotograf reichte zu Beginn dafür noch nicht aus. Als Auslandskorrespondent berichtete er 1987 für Radio ffn live aus Australien, etwa über das letzte Tennisturnier auf dem Rasen von Melbourne.
„Und dann habe ich 1990 Hasso Plattner kennengelernt, den Gründer von SAP. Für und mit ihm bin ich zehn Jahre lang durch die Welt zu Offshore-Regatten gezogen.“ Dabei entstanden die Segelfotos, die Heinrich Hecht berühmt gemacht haben. Aktuell hat er einen umfangreichen Bildband herausgebracht: „Die Architektur in Hannover seit 2000“, gemeinsam mit dem Journalisten Conrad von Meding.
Eine Führung durch die Räume des Anwesens braucht etwas Zeit, denn alle Gegenstände haben eine Geschichte, die der Hausherr gern erzählt. „Diesen Brief hat mir Felipe, der heutige spanische König, im Jahr 2000 geschrieben. Ich kannte ihn seit 1992 und ab und an war ich bei Regatten, die er segelte, mit an Bord. Irgendwann entwickelte sich eine kleine Freundschaft, und ich freute mich, auch bei seinem Besuch der Expo dabei sein zu dürfen.“ An den Wänden hängen Fotos von Hechts Familie, von Booten und besonderen Ereignissen, bei denen er dabei war. Wichtige Autorennen sind abgebildet und internationale Segelregatten wie der Admiral‘s Cup.
In der Kunstwelt vernetzt
Auch die Kunst an den Wänden oder die Skulpturen im Haus haben eine Bedeutung. Es sind Sujets und Werke, die einen Bezug zu seinem Leben haben oder von Künstlern stammen, die zu Freunden wurden. Als Christo den Reichstag verhüllte, gehörte Heinrich Hecht zum offiziellen Fotografenteam: „Das war eines meiner wichtigsten Projekte“.
Seit 2017 dokumentierte er eine Reihe von Ausstellungen auf Schloss Derneburg. 1999 lernte Hecht den Künstler Fabrizio Plessi kennen. Mit ihm und seiner Frau Carla verbindet ihn heute eine Freundschaft, und so war es klar, dass er die Installation von Plessi auf dem Marktplatz von Venedig dokumentierte.
Heinrich Hecht verfügt überhaupt über ein umfangreiches Netzwerk. Wenn er von seinen Erlebnissen berichtet, ist es jedoch kein bloßes „name dropping“. Nein, er kennt diese Menschen persönlich, hat mit ihnen gearbeitet, gesegelt und so einiges erlebt. „Ich muss unbedingt auch die Expo 2000 in Hannover nennen, bei der ich sehr viele Freunde, vor allem aus dem Ausland, gewonnen habe. Wir haben heute noch Kontakt.“
In der Scheune wohnen die „Mitglieder“ des Haushalts, die mehr Platz beanspruchen. Ein altes Auto, an dem Hechts Herz hängt, und das geliebte Holzboot, eine H-Jolle von 1959, die gerade startklar gemacht wird für die Saisoneröffnung auf dem Steinhuder Meer. Wenn sie wieder schwimmt, gibt es in der Scheune Platz für ein neues Projekt. Heinrich Hecht hat eine Bühne und Beleuchtung eingebaut und möchte hier Veranstaltungen durchführen – Theater, Konzerte, Lesungen, Partys, alles ist möglich. Am Programm für diesen Sommer arbeitet er gerade.
Trotz allem ein Familienmensch
Zurück im Haus wartet Lotte schon aufgeregt auf ihren Vater. Sie möchte mit ihm über ein Bauprojekt sprechen, das die beiden in ihrem Zimmer begonnen hatten – einen Spielzeugzoo. Außerdem hat sie ihre Puppenkamera in der Hand und möchte ihren Vater fotografieren. Der setzt sich neben den Zoo auf dem Teppich in Pose und spielt geduldig mit. Wir halten diesen Moment im Bild fest und sind sicher, dass sich das kreative Hecht-Gen bereits weitervererbt hat.