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Werbefilmer Eduardo D. Baptista-Garcia für Filmdreh im Kunsthaus

10. November 2020

Frank Hoff und sein Team wollen den Künstlern der Galerie ein filmisches Denkmal setzen. Der hannoversche Werbefilmer Eduardo D. Baptista-Garcia leitet die Dreharbeiten in der Striehlstraße 8.
Text: Marleen Gaida      Fotos: Lorena Kirste
Es ist nicht einfach, Kunst mit Worten auf den Punkt zu bringen. Warum also nicht einen Film drehen, Bilder sprechen lassen, dachten sich Mirja Dieckhaus und Frank Hoff vom Kunsthaus Hannover. Sie engagierten den Videokünstler Eduardo D. Baptista-Garcia von der Agentur Brainclash, der international als Werbefilmer gefragt und selbst Kunstsammler ist. Das Kunsthaus Hannover liegt in der Striehlstraße 8 und wurde 1997 von Dieckhaus und Hoff gegründet. Hoff über die Ausrichtung: „Die Schwerpunkte liegen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, wobei wir darauf achten, national und international bekannte Künstler in der Galerie zu präsentieren.“

Punkt für Punkt

Da wären zum Beispiel die Punktzeichnungen von Richard Wientzek, die so detailgetreu das wiedergeben, was die Realität bietet. Die Nudelzpezialität Farfalle ist so plastisch gemalt, dass sich der Appetit regt. Auf dem Pastateller sitzt ein Schmetterling in seiner feingliedrigsten Form, das ganze Gebilde kaum größer als eine kräftige Männerhand. Hoff zu den Miniaturgemälden: „Was Wientzek macht, hat Alleinstellungsmerkmal. Er hat einfach das Gefühl für die kleinen Details.“ Die Mini-Kunstwerke des 50-Jährigen seien gerade bei jungen Sammlern stark nachgefragt, dabei hat sich Wient­zek erst vor zehn Jahren von der klassischen Ölmalerei ab- und den Zeichnungen zugewandt. „Ich war archäologischer Zeichner und hatte schon immer ein Interesse an historischen Gegenständen. Also habe ich in einem Archäologenbüro angefangen, und als der Hauszeichner verstarb, wurde eine Stelle vakant“, sagt Wientzek. Eines Tages kam dem Bamberger die Idee, nicht nur Dinge aus der Vergangenheit zu malen, sondern auch gegenwärtige Gegenstände. „Ob Schokoriegel, Spielsachen, Brot, ich wollte Dinge zeigen, die – egal, aus welcher Schicht – von jedem in die Hand genommen werden und eine Geschichte erzählen können.“ Und so kommt es, dass ein Kunststoff-Dinosaurier eine Bockwurst im Mund hat und auf einem Senffässchen sitzt. Vor Markennennung schreckt der Künstler nicht zurück, es wird immer alles originalgetreu abgebildet, übrigens auch im Originalmaßstab in einem Verhältnis eins zu eins.

Queere Skulpturen

Die Bildhauerin Birgid Helmy hingegen gibt ihren Figuren eine ganze eigene Größe und Form. Dabei interessiert sie sich vor allem für die gesellschaftlichen Hintergründe ihrer Figuren und der erdachten Persönlichkeiten dahinter. Der Künstlerin ist es besonders wichtig, hinsichtlich der Sexualität eines Menschen nicht in Stereotypen zu arbeiten. So hat ihre 68 Zentimeter hohe Figur „Cowboy“ nicht nur einen roten Minirock zu ihren Stiefeletten an, sondern auch einen rosafarbenen Schal um und eine kleine Handtasche am Handgelenk – so gar nicht der typische starke Mann aus dem wilden Westen. Helmy: „Diese Kategorien Mann und Frau sind von Menschen gemacht, sie sind künstlich. Mir gefällt diese Einteilung nicht, mir gefällt das Mittelfeld, dort, wo es anfängt zu verschwimmen.“
Auch Stephan Marienfeld ist Bildhauer und arbeitet mit Materialien wie Beton und Bronze. Seine aktuelle Werkreihe heißt „Bondage“ und meint das Einschnüren von Materialien, ihnen eine gewisse Form zu geben. „Ich fand den Namen passend, weil ich einen Ball dazu gebracht habe, sich unwohl zu fühlen“, erklärt Marienfeld, der bei der Venedig-Biennale 2019 ausgestellt hat, bevor er für den Filmdreh abgepudert wird.
Der 30-jährige Regisseur Baptista-Garcia stieß übrigens über sein Interesse an Heiner Meyer, einem weiteren Künstler der Galerie, auf Frank Hoff vom Kunsthaus: „Ich habe vor ein paar Jahren angefangen, mich für amerikanische Pop-Art zu interessieren“, verrät er. „Nach einer Weile entdeckte ich auch die deutschen Künstler für mich.“ Besonders die Skulpturen des Bielefelders Heiner Meyer erregten sein Interesse. Über ihn dreht er derzeit seinen ersten Dokumentarfilm. „Es ist mein erstes selbstfinanziertes Filmprojekt außerhalb der Werbebranche. Ich hoffe, es noch in diesem Jahr fertigzustellen.“ Frank Hoff hofft indes, durch die Filme den ein oder anderen neugierig auf die Kunst in der Striehl­straße zu machen, was sicher gelingen sollte.

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