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Die Werke der Künstlerin Pepa Salas Vilar

15. Februar 2021

Die aus Andalusien stammende Künstlerin Pepa Salas Vilar hat sich in Hannover mit ihrem ganz eigenen Stil ein großes Renommee erarbeitet.

Text: Jörg Worat  Titelbild: Jesús Gómez

Nicht mit dem Verstand versuchen. Kunst mit dem Gefühl erleben. Das ist ein klares Statement, in Großbuchstaben platziert an einer Wand des Ateliers von Pepa Salas Vilar. Genau genommen müsste es „Dr. Josefa Salas Vilar“ heißen, aber die Künstlerin bevorzugt die Kurzform ihres Vornamens, und von der Promotion macht sie auch kein großes Aufheben. Wiewohl deren Thema hochinteressant ist – aber bevor wir darauf zu sprechen kommen, unternehmen wir erst einmal einen Rundgang durch das behagliche Atelier im hannoverschen Kulturzentrum Eisfabrik.

Da gibt es eine Menge zu sehen. Ein schönes Harmonium etwa, das allerdings eher die Augen als das Ohr erfreuen soll. Unter der Decke hängt eine Schaukel: „Auf der sitze ich manchmal und lasse meine Gedanken treiben“, sagt Pepa Salas Vilar. Und dann sind da natürlich die Bilder in unterschiedlichsten Formaten, mal üppig bespielt, mal eher reduziert, aber stets von einer eigenartigen Klarheit geprägt. Zwar offenbaren sich bei genauer Betrachtung immer neue Details, doch wirkt die Malerei nie wirr oder chaotisch.

Foto: Pepa Salas Vilar

Ein Hauptmotiv bilden eindringliche Gesichter. Das kann das Antlitz der Künstlerin selbst sein, aber auch Kolleginnen und Kollegen wie Anna Eisermann oder János Nádasdy tauchen in diesen Bildwelten auf. Oft dienen Fotografien als Vorlagen, und auch Szenen aus Filmen finden Verwendung.

Die Welt der Synästhesie

Und dann gibt es die Tiere. Vor allem den Walfisch, der an den ungewöhnlichsten Stellen, etwa am Himmel, erscheinen und sehr klein sein kann – von den gängigen Vorstellungen in Sachen Raumperspektive und Dimension muss man hier ohnehin Abschied nehmen. Der Wal ist eine Art Marken­zeichen dieser Künstlerin: „Er steht bei mir für Hoffnung. Und für Mütterlichkeit.“

Zuweilen erstrahlt er in Neonfarben: „Das ist ein Zeichen für eine Hoffnung, die verschwunden war, aber wieder aufgelebt ist.“ Sehr spezielle Formulierungen, die mit einer ebenso speziellen Veranlagung zu tun haben: Pepa Salas Vilar ist Synästhetikerin. Sie gehört also zu den Menschen, bei denen Sinneswahrnehmungen anders gekoppelt sind als üblich, etwa Töne auch gesehen oder Farben auch gehört werden.

Foto: Jesús Gómez

Das wohl bekannteste Beispiel aus der bildenden Kunst ist Wassily Kandinsky, dessen Schriften vor Metaphern nur so strotzen: „Das absolute Grün möchte ich wohl am besten durch ruhige gedehnte mitteltiefe Töne der Geige bezeichnen …“. Auf Kandinsky angesprochen, betont Pepa Salas Vilar, dass Synästhesie keinen allgemeinen Grundregeln folgt: „Für ihn war die Form des Dreiecks mit der gelben Farbe verbunden, bei mir ist es die rote.“ Die Künstlerin hat sogar ein Diagramm mit ihren persönlichen Kopplungen parat. Dem ist etwa zu entnehmen, dass Dunkelblau der Zahl 9 und dem Buchstaben U entspricht, und offenbar können sich die Zuordnungen auch wandeln: Für die Person von Pepa Salas Vilar selbst steht jetzt beispielsweise die Farbe Grün, „aber früher war es Orange“.

Das Sehen als Motiv

Mangels Vergleichsmöglichkeiten fand die Künstlerin solche Befindlichkeiten als Kind im wahrsten Sinne des Wortes eigenartig, zumal sie nicht in einer ausgeprägt musischen Umgebung aufgewachsen ist. Später schrieb sie die besagte Doktorarbeit über dieses Phänomen.

Auch wenn sie vor zehn Jahren „der Liebe wegen“ nach Deutschland kam, tauchen die Berge als Anklang an ihre Heimat Andalusien nicht selten in ihrer Bildwelt auf. Und ein weiteres Motiv steht oft im Mittelpunkt: das Sehen. Die Figuren schauen in alle Richtungen, in etwas hinein oder im herkömmlichen Sinn gar nicht, weil ihnen die Augen zugehalten werden – das aber ist für die Künstlerin eben der nach innen gewandte Blick. Auch das Sehen der Tiere stellt für sie ein Faszinosum dar: „Wie sehen Wale? Das größte Tier der Welt mit der größten Distanz zwischen seinen Augen. Wie sieht es in den Tiefen des Meeres oder wenn es an die Oberfläche kommt?“

Im Gespräch behauptet Pepa Salas Vilar regelmäßig, die deutsche Sprache nach wie vor nicht richtig zu beherrschen. Da ist sie deutlich zu streng mit sich selbst. Wer von Sprache keine Ahnung hat, weiß nicht so trefflich auszudrücken, dass auch in der Krise und im Zweifel Chancen liegen mögen – das Atelier weist nämlich noch einen weiteren Wandspruch auf: „Diese Zweifel aufzuzeigen, bewirkt wie auf magische Weise, dass die Gedanken sich die Schuhe ausziehen, es schaffen, flink und beweglich zu sein wie ein Windhund.“

Foto: Jesús Gómez

Über die Website www.pepasalasvilar.com kann man persönlich Kontakt mit der Künstlerin aufnehmen, die auch Malkurse gibt. In Hannover wird sie von der Galerie Robert Drees vertreten, wo weitere ihrer Arbeiten zu sehen sind.

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