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Oper: Gemeinschaft im Fokus

19. April 2024

Neue Spielzeit, neue Inszenierungen, neue (alte) Verbindungen – die Oper stellt ihr Programm vor

Was verbindet uns als Menschen? Das ist die Kernfrage, für die die Staatsoper Hannover in der kommenden Spielzeit unterschiedlichste Antworten geben möchte. „Wir spüren zwar das Bedürfnis, Gemeinschaft zu erleben, treffen aber in unserer immer diversen werdenden Welt oft nur noch auf Gleichgesinnte in unserer eigenen Bubble“, erklärt Intendantin Laura Berman, die gemeinsam mit Generalmusikdirektor Stephan Zilias, Ballettchef Christian Blossfeld und Matthias Brandt, Leiter des Kinder- und Jugendprogramms Xchange, das Programm der kommenden Spielzeit vorgestellt hat.

Matthias Brandt, Christian Blossfeld, Stephan Zilias, Laura Berman

Raus aus der eigenen Bubble

Möglichkeiten aus seiner „Bubble“, seinem eigenen sozialen Umfeld, herauszutreten, bietet die Oper in der kommenden Spielzeit auf vielfältige Weise: Zum einen soll der Dialog zwischen Kunstschaffenden und Publikum, der in den letzten Jahren begonnen hat, weiter fortgesetzt und intensiviert werden. Diskussionen, Blicke hinter die Kulissen, Gespräche vor und nach den Aufführungen sollen dazu beitragen. „Wir möchten die Nähe zum Publikum vertiefen. Wir laden dazu ein, an Produktionsprozessen, an Aufführungen, an Meinungsbildung, an den Freuden, den Mühen und dem Ergebnis unserer täglichen Arbeit teilzunehmen und teilzuhaben,“ sagt Laura Berman. Zum anderen hält aber auch das Programm selbst Angebote bereit, seinen Horizont zu erweitern.

Beim Eröffnungsfest mittanzen

Eine Neuerung gibt es gleich zu Beginn der Spielzeit. Sie wird nicht – wie sonst üblich – mit einem großen Konzert eröffnet, sondern mit einem Fest auf dem Opernplatz. Wer also nur ein wenig Opernluft schnuppern möchte, der sollte sich den 31. August vormerken. Dann steigt um 15 Uhr das große „Opern.Platz.Fest“, bei dem nicht nur die Oper, sondern auch der Platz davor bespielt werden wird. „Es wird kein Tag der offenen Tür“, betont die Intendantin. Auf der Mitte des Platzes soll es beispielsweise eine große Tafel geben, an der man gemeinsam essen kann; man kann dem Ballett beim Training nicht nur zusehen, sondern auch mittanzen; und wer schon einmal mitten im Orchester sitzen wollte – auch das wird möglich sein.

Opernchor der Staatsoper Hannover © Dan Hannen

Premiere auf Sanskrit

Die erste Premiere steht an dem Wochenende nach dem Fest an. „Satyagraha“ ist der Titel der Oper von Philip Glass, die sich mit dem Leben von Mahatma Gandhi beschäftigt. „Satyagraha“ beschreibt das Festhalten an der Wahrheit und das Benutzen dieser Wahrheit als Mittel im Kampf gegen Ungerechtigkeiten. Es geht um gewaltfreien Widerstand – wie er einst war, wie er ist und wie er vielleicht sein wird. Die Oper wird in Sanskrit gesungen. „Es wird ein ungewöhnliches Erlebnis“, verspricht Laura Berman.

Die Suche nach Ruhm in Chicago

Nur anderthalb Stunden wird die Inszenierung vom Bajazzo dauern. Es geht um Liebe, Eifersucht und Rache in einer großen, glitzernden und flirrenden Show. Bis am Ende alles zusammenbricht. Ebenfalls eine große Show verspricht die Neuproduktion des Musicals „Chicago“ zu werden. Felix Seiler, der zuletzt für Hannover eine wunderbare „Zirkusprinzessin“ inszeniert hat, wird auch dieses Musical voller Leidenschaft, Sex, Intrigen und dem unbedingten Willen zu Ruhm zu gelangen, auf die Bühne bringen. „Auf der Bühne werden größtenteils Gäste agieren“, weiß die Intendantin – alle seien ausgebildet im Tanzen, Singen und Sprechen.

Staatsoper Hannover

Uraufführung mit Corinna Harfouch

Bereits vor drei Jahren beauftragte die Oper den Komponisten, Schlagzeuger und Jazzmusiker Michael Wertmüller und den gefragten Dramatiker und Opernlibrettisten Roland Schimmelpfennig mit einer neuen Oper. Diese wird in der neuen Spielzeit aufgeführt. „Israel in München“ erzählt vom blutigen Terroranschlag während der olympischen Spiele 1972 in München. „Damals ahnten wir noch nicht, welche Aktualität die Oper heute haben würde“, erinnert sich die Intendantin. Die Realität überholte die künstlerischen Prozesse und katapultierte das Stück in einen weltpolitischen Kontext. Bei der Uraufführung wird eine der renommiertesten Schauspielerinnen Deutschlands mit auf der Bühne stehen. Corinna Harfouch.

Niedersächsisches Staatsorchester Hannover mit Generalmusikdirektor Stephan Zilias © Dan Hannen

Kreise schließen sich

Manchmal holt die Intendantin auch ihre Vergangenheit ein: „Diese Oper habe ich schon einmal angekündigt“, berichtet sie. Es handelt sich um „The Greek Passion“, die acht Tage vor dem ersten Lockdown Premiere haben sollte. Diese fiel aus, wird jetzt aber nachgeholt. Dafür wird Barbora Horákóva Joly, die bis 2022 Hausregisseurin an der der Staatsoper war, zurückkehren.

Johann Strauss, zuckersüß-ironisch wie Barbie

Mit einem humorvollen Highlight wird sich Laura Berman von Hannover verabschieden. Christian Stückl wird den Rosenkavalier von Richard Strauss inszenieren. Die „Komödie für Musik“ wird alles haben, was man sich wünschen kann: Herzenswünsche, zauberhaften Schein, eine zuckersüße Umgebung. „Es wird ein bisschen wie der neue Barbie-Film werden“, erklärt die Intendantin.

Laura Berman

Tango im Ballhof

Auch die jüngeren Zuschauer können sich auf eine neue Inszenierung freuen. Im Ballhof wird „Das Kind der Seehundfrau“ aufgeführt – ein Stück, das Ähnlichkeiten mit Rusalka oder auch der kleinen Meerjungfrau hat. Außerdem wird es im Ballhof Tango geben: Das Leben der „María de Buenos Aires“ wird wie eine Geschichte des Tanzes geschildert.

Ballett mit Goecke

Als erste Premiere steht „Peer Gynt“ auf dem Programm. Die bekannte Erzählung mit der Musik von Edvard Grieg setzt Edward Clug um. Um Grenzerfahrungen geht es Andonis Foniadakis. Wen besseres als Ikarus könnte er sich für einen solchen Abend als Protagonisten auswählen? Die Choreographen Hofesh Shechter, Marco Goecke und Alexander Ekman werden einen dreiteiligen Abend gestalten, in dem Witz, kraftvolle Dynamik, aber auch tief empfundene Lebensliebe gehen wird. Uprising heißt der Teil von Hofesh Shechter, in dem es auch um das Kräftemessen von Männern geht. „The Big Crying“ von Marco Goecke verspricht ein sehr emotionaler Part zu werden. „The Big Crying“ wird zur Musik von Tory Amos inszeniert. „Alexander Ekman ist ein Rhytmusfreak“, meint Laura Berman. Dementsprechend kann man auf den letzten Teil der Trilogie, „Cacti“, gespannt sein.

Nähere Informationen zum Spielplan gibt es auch unter Staatsoper – Staatstheater Hannover (staatstheater-hannover.de)

Text: Dr. Heike Schmidt 
Bilder: Dan Hannen/ Staatsoper hannover

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