Sterne tanzen unter der Decke der Marktkirche. 700 Menschen lauschen in der vollbesetzten Marktkirche Pastor Marc Blessing, den beiden Sängerinnen Ivana Schildbach und Margarita Luisa Maposse und Nobilis-Chefredakteurin Heike Schmidt kurz vor Weihnachten.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Tobias Wölki
Unsere Chefredakteurin Dr. Heike Schmidt durfte am vergangenen Sonnabend den Adventskalender in der Marktkirche mitgestalten. Sie wählte ein Zitat aus Lukas 1,13: „Der Engel sprach zu ihm: Fürchte Dich nicht, Zacharias, denn Dein Gebet ist erhört worden.” Was sich dabei herausstellte: Es sind längst nicht immer die Männer, die Stärke in der Bibel zeigen. Gerade in der Vorweihnachtszeit sind es zwei Frauen – Elisabeth und Maria -, die an das Unwahrscheinlichste glauben. Eine Geschichte voller Hoffnung und Optimismus. Hier der Text, dem das Zitat voransteht:
„Der Engel sprach zu ihm: Fürchte Dich nicht, Zacharias, denn Dein Gebet ist erhört worden.”
Wünschen wir uns nicht manchmal einen Engel, der plötzlich auftaucht und uns sagt: Alles wird gut! Wer hat nicht in schwierigen Situationen schon einmal den Wunsch gen Himmel geschickt, dass ein Problem sich einfach so in Luft auflösen möge? Doch was war passiert? Warum hatte Zacharias gebetet?
Beginnen wir am Anfang. Zacharias und Elisabeth sind verheiratet. Sie haben keine Kinder. Zacharias ist Priester, also ein Mann Gottes. Man sollte meinen, dass gerade er glaubt. Doch dann geschieht es, direkt im Tempel, bevor Zacharias ein Opfer darbringen möchte, erscheint ihm ein Engel.
Er sagt: “Zacharias, Du wirst einen Sohn bekommen. Er soll Johannes heißen.” Und was macht Zacharias? Er sagt: “Das kann nicht stimmen. Wir sind zu alt.” Der Engel erwidert, dass nicht er das gesagt habe, sondern Gott. Und dass Gott immer halte, was er verspreche. Da er das aber nicht glaube, solle er keine Stimme mehr haben. Zacharias verstummt. Und jetzt? Die Gläubigen warten. Und Zacharias bringt keinen Ton heraus.
Elisabeth hingegen nimmt diese Nachricht völlig anders auf: Sie freut sich auf das Kind. Ihr ist das Unwahrscheinlichste widerfahren, was passieren kann: in ihrem hohen Alter schwanger zu werden. Für Frauen damals war es erniedrigend, keine Mutter zu sein. Und auch heute ist es oft nicht einfach für Frauen, die sich sehnlichst ein Kind wünschen und keins bekommen. Elisabeth kann unverhofft diese Situation hinter sich lassen. Elisabeth freut sich. Auf das Kind und auf die unvorhergesehene Wendung in ihrem Leben.
Sie nimmt die Situation an, die für sie – wie man so schön sagt – alternativlos ist. Ein bisschen schwanger geht halt nicht. Es ist eine Frage von Eins oder Null. Dabei ist es ja ganz und gar nicht so, dass schwangere Frauen keine Zweifel haben. Trotz aller Diagnostik bleibt auch heute bei jeder Schwangerschaft ein Restrisiko. Keine Frau, die zum ersten Mal schwanger ist, hat keine Bedenken, keinen Zweifel, keine Angst. Doch was nützt es, zu hadern, die Situation zu negieren? Nichts. Elisabeth freut sich. Sie glaubt.
Es ist dieselbe Nachricht, die einen Mann und eine Frau erreichen. Doch beide nehmen diese Nachricht völlig unterschiedlich auf. Das ist heutzutage nicht anders: je nachdem, in welcher persönlichen Situation ein Mensch eine Nachricht empfängt, verändert sie scheinbar ihre Wirkung. Ein Beispiel: Ein Kind hat einen Teddy. Diesem Teddy fällt ein Auge ab. Für das Kind ist es ein Drama, für den Erwachsenen eine Lappalie. Leidet das Kind deswegen weniger? Müssen wir das Kind in seiner Trauer deswegen weniger ernst nehmen?
Für Zacharias ist das klar: Einem Engel, der ihm eine unwahrscheinliche Nachricht überbringt, dem glaubt er nicht. Der Profi in Sachen Glauben winkt ab. Rein rational gesehen hat Zacharias Recht. Aber was ist mit den Dingen, die selbst rational denkende Menschen nicht erklären können? Wie gehen wir mit solchen Nachrichten um? Sollten wir sie negieren? Es ist nicht, was nicht sein darf? Oder andersherum: Sind alle Gläubigen emotionale Spinner? Sind diejenigen, die hoffnungsfroh das Unerwartete erwarten, nur naiv, gott- und gutgläubig?
Ist es naiv, wenn sich Elisabeth in eine Situation fügt, die sie eh nicht ändern kann und positiv in die Zukunft sieht? Ich denke nicht, denn aus einer positiven Einstellung, aus purem Optimismus lässt sich Stärke gewinnen. In meinen Augen ist Elisabeth die Starke, diejenige, die das Unwahrscheinlichste geglaubt hat. Der Profi in Sachen Glauben steht im Schatten. Elisabeths Glauben ist alternativlos aus einem starken Moment heraus – der guten Hoffnung.
Und ist es nicht heute noch genauso? Können nicht auch viele Gläubige etwas rational Unwahrscheinliches nicht akzeptieren und verzichten dann lieber drauf? Verbauen sie sich damit nicht neue Perspektiven? Eben auch guter Hoffnung zu sein?
Auch Maria ist guter Hoffnung. Maria und Elisabeth sind nicht nur verwandtschaftlich, sondern auch freundschaftlich verbunden. Sie erlebt etwas ganz ähnliches: Maria erscheint ein Engel, der ihr verkündet, dass sie Mutter wird. Der Engel sagt zu Maria: „Denn für Gott ist nichts unmöglich.“ (Lk 1,37) Auch sie freut sich. Die beiden Frauen, die sich alles erzählen, glauben an das Unwahrscheinliche: Die eine, die zu alt ist für ein Kind, und die andere, die als Jungfrau schwanger geworden ist.
Und genau dafür steht diese Geschichte: für den Glauben in einer Zeit, in der es scheinbar keine Hoffnung gibt und selbst Profis in Sachen Glauben abwinken, weil sie Situationen nicht wahrhaben wollen. Es sind die Frauen wie Elisabeth und dann auch Maria, die Stärke in wirklich unwegbaren Zeiten zeigen. Die schweigende Männer an ihrer Seite haben. Sie sind es, die mit ihrem Glauben Hoffnung schenken, die an die Zukunft glauben.
Doch Gott wäre nicht groß, gäbe es kein Happy End. Denn natürlich bekommt Zacharias seine Stimme wieder – und zwar in dem Moment, als er den Namen des Kindes auf eine Tafel schreibt: „Sein Name ist Johannes.“ In dem Moment, in dem Zacharias die Verheißung annimmt, erhält er seine Stimme zurück. Zacharias hätte übrigens auch sagen können: „Sein Name ist „Jahwe ist barmherzig“.“ Also „Gott ist barmherzig“ – denn das bedeutet der Name Johannes.
Journalistisch gesehen ist das natürlich ein Coup – oder wie einer meiner Ex-Chefredakteure, von dem ich viel gelernt habe, sagen würde: „Der Text hat Swing.“ Es geht nämlich nicht nur um Nachrichten und ihre Wirkung auf Menschen, es geht auch um Hoffnung und um Optimismus, den man sich nicht nehmen lassen sollte – auch wenn die Situation noch so unwahrscheinlich sein mag. Und der „Swing“ des Textes? Ganz klar: Der Name des Kindes ist das Motto des ganzen Textes. So schön kann die Bibel sein. Leider ist sie ein wenig länger als eine Magazinstrecke, sonst müsste man sie glatt für ein Hochglanzheft aufarbeiten.
So kurz vor Weihnachten gibt es wunderschöne Andachten und Live-Musik in der Marktkirche. Schauen Sie hier welche Termine folgen: www.marktkirche-hannover.de/termine.