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Kunstfestspiele Herrenhausen eröffnet – Erdkugel will nicht leuchten

17. Mai 2024

Start der 15. Kunstfestspiele Herrenhausen: Veranstalter, Verwaltung und viele Gäste hatten sich hinter dem Neuen Rathaus in Hannover eingefunden. Intendant Ingo Metzmacher, Oberbürgermeister Belit Onay und Kulturdezernentin Eva Bender eröffneten die Festspiele direkt am Maschteich. Metzmacher betonte zur Begrüßung: „Ich habe immer davon geträumt dieses Festival mitten in die Stadt zu holen. Und jetzt haben wir für zwei Wochen ein sichtbares Zeichen im Hinterhof der Ratspolitik.“ Damit meinte er die Erdkugel, die auf dem Maschteich schwimmt.

Ingo Metzmacher, Eva Bender, Belit Onay

„Overview Effect“

Es dämmerte schon leicht als gegen 21 Uhr geladene Gäste und Passanten in Richtung Neues Rathaus strömten. Die Blicke richteten sich auf den Maschteich, auf dem sich eine im Durchmesser zehn Meter große, mit Luft gefüllte Erdkugel bewegte. Erschaffen wurde das Kunstwerk „Floating Earth“ von dem britischen Künstler Luke Jerram, der aus Hannovers ältester Partnerstadt Bristol kommt.

Mit seiner Installation lädt Jerram die Menschen ein, einen neuen und vielleicht anderen Blick auf die Erde zu gewinnen. „Floating Earth“ zeigt die Fragilität und Schutzbedürftigkeit des Planeten. Dazu nutzt Jerram den sogenannten „Overview Effect“. Denn anders als beim Mond, den die Menschen seit jeher am Himmel sehen, war die Apollo 8-Mission der NASA der erste Moment, in dem die Erde für die Menschen sichtbar als eine kostbare und zerbrechliche blaue Kugel im Weltall schwebte.

„Wenn man ein Kunsterlebnis hat, dann verschiebt sich auch die innere Perspektive. Die Erfahrung von Kunst, die Erfahrung von neuen Perspektiven, um auf Dinge neu zu schauen und anders zu schauen, ist immens wichtig“, sagte Metzmacher. „Wenn die Astronauten davon sprechen, wie beeindruckend es war, die Erde als Raumschiff und auf diese Weise aus dem All zu sehen, dann war das nicht nur in ihrem Kopf, sondern auch körperlich. Und um diesen Effekt geht es hier.“

Und dann? Nichts!

Diesen Effekt mit der Illumination der Erdkugel auf dem Maschteich erlebten die Besucher allerdings nicht. Denn als Bender, Onay und Metzmacher den roten Knopf drückten und alle ihre Köpfe zum Maschteich reckten, passierte – nichts. Die Erde wollte nicht leuchten. Metzmacher entschuldigte sich für die Panne. „Die technischen Probleme sind zu groß. Wir hoffen, dass die Erde ab morgen Abend leuchtet.“

Die Besucher und geladenen Gäste, darunter Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, Regionspräsident Steffen Krach, Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages sowie Axel von der Ohe, stellvertretender Oberbürgermeister, nahmen es gelassen.

Fürsorge für die Erdkugel

Schon einen Tag zuvor zeigte die Erdkugel auf dem Maschteich, dass sie Fürsorge braucht. Aufgrund des starken Windes mussten Feuerwehr und DLRG anrücken, die Erdkugel einfangen und vor dem Wind und der Verwehung schützen. Und auch vom Staatstheater rückte Verstärkung an, um einen Riss in der Kugel zu nähen.

Durch die Augen der Astronat*innen

„In diesem Jahr wird Kunst gezeigt, die nachdenklich macht, die Sinne anspricht und sicherlich viel fotografiert wird“, sagte Onay. Diese magische Installation mache die Zerbrechlichkeit des Erdballs deutlich und lasse ahnen, welchen Blick Astronauten auf die Welt haben. Das Kunstwerk möchte Impulse geben, sich mit der Welt und der Umwelt bewusst und aktiv auseinanderzusetzen, erklärte der Oberbürgermeister.

Aber auch ohne inneres Leuchten, von Lampen angestrahlt, hatte die schwimmende Erdkugel zur Eröffnung eine magische und imposante Wirkung. Bis zum 2. Juni ist sie jederzeit frei zugänglich. Und am späteren Abend wurde es doch noch musikalisch: Der nigerianische Künstler Emeka Ogboh bespielte die Kugel auf dem Maschteich mit elektronischen Klängen und Botschaften. Ein Vorgeschmack auf seine begehbare Installation, die bis zum 2. Juni im Arne Jacobsen Foyer in Herrenhausen gezeigt wird. „Nzuko – The Gathering“ bringt einen afrikanischen Dorfplatz in die gläserne Architektur des Foyers. Der Eintritt ist frei.

Mit Highlights ging es weiter

Als Highlight bringt Intendant Metzmacher am 26. Mai im Kuppelsaal das musikalische Werk „Mass“: A Theatre Piece for Singers, Players and Dancers“ von Leonard Bernstein mit mehr als 400 Beteiligten zur hannoverschen Erstaufführung. Der amerikanische Bariton und Grammy-Preisträger Lucas Meachem singt die Rolle des Priesters. Dazu kommen Solisten des Jazzchors der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, „Vivid Voices“, sowie neun Chöre aus Hannover. Es spielt die NDR Radiophilharmonie.

Bei den Kunstfestspielen Herrenhausen sind bis zum 2. Juni an 18 Festivaltagen insgesamt 28 künstlerische Produktionen mit rund 600 Künstlern und Chorsängern zu erleben, darunter fünf deutsche Erstaufführungen. Das genreübergreifende Programm mit Konzerten, Tanz und Theater, Zirkus, Performances und Installationen findet rund um die Herrenhäuser Gärten, im Kuppelsaal des Hannover Congress Centrums, am Neuen Rathaus und im Schauspielhaus Hannover statt

Text: Luisa Verführt 
Fotos: Frank Wilde

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