Per Eselskarren über die Alpen: Die vermutlich älteste Kübelpflanze der Welt kam 1653 aus Venedig nach Hannover.
Exotische Pflanzen aus aller Welt finden sich in der Orangerie der Herrenhäuser Gärten in Hannover. Seit mehr als 300 Jahren werden Gewächse dort gesammelt sowie gehegt und gepflegt. Heute gehören rund 1000 Exoten zum Bestand – darunter auch ein Granatapfelbaum, der als älteste Kübelpflanze der Welt gilt. Der Baum mit dem lateinischen Namen Punica granatum kam im Jahr 1653 – damals wohl noch als Pflänzchen – vermutlich per Eselskarren von Venedig über die Alpen nach Hannover. Dabei handelt es sich um eine Sorte mit gefüllten Blüten, was bei alten Exoten etwas ganz Besonderes ist. Der historische Baum trägt in jedem Jahr noch Blätter und Blüten, Granatäpfel allerdings nicht, denn die gefüllten Blüten sind steril. In den Sommermonaten hat der Exot seinen Platz geschützt an der südlichen Mauer der Orangerie. Dort steht er von Mitte Mai bis etwa Mitte Oktober.
Behutsame Pflege
Der rund 370 Jahre alte Granatapfelbaum hat eine Höhe von viereinhalb Metern. Bei der Pflege des Baums gehen die Gärtner sehr behutsam vor. „Wir sind sehr vorsichtig mit der alten Pflanze“, sagt Nandino Baillot, Betriebsleiter der Gewächshausabteilung. Im Frühjahr wird von dem Eichenholzkübel, in dem sich der „Senior“ befindet, eine Seite abmontiert. Dann entnehmen die Gärtner etwas Erde – Substrat, wie der Fachmann sagt. Danach wird frische Erde hinzugefügt. „Das Substrat darf aber nie komplett ausgetauscht werden“, verrät der Gartenmeister, „das würde der Baum wohl nicht überleben.“
„Der Granatapfelbaum wird auch kaum geschnitten. Jeder Schnitt ist eine Eintrittspforte für Pilzkrankheiten“, erklärt Baillot. Es werden deshalb immer nur einige der abgestorbenen Äste entfernt. „Gedüngt wird der alte Baum nur in der Wachstumssaison von März bis September. Und das auch nur sehr sparsam“, erläutert Baillot weiter.
Viel Frischluft im Winterquartier
Von Mitte Oktober bis Mitte Mai steht der Granatapfelbaum geschützt vor Kälte und Frost in einem der großen Überwinterungshäuser in Herrenhausen. „Die optimale Überwinterungstemperatur liegt zwischen fünf und zehn Grad“, erklärt Baillot. Der Granatapfel sollte hell stehen, und er braucht Platz. Im Winterquartier wird der historische Baum nur sehr wenig gegossen. „Wichtig ist viel Frischluft, bei feuchter Luft besteht die Gefahr eines Pilzbefalls“, erklärt der Fachmann. Und sollte der Granatapfelbaum doch eines Tages eingehen, ist sein Fortbestand gesichert: Etliche Stecklinge des Veteranen wachsen und gedeihen in den Gewächshäusern.
Phönizier verbreiteten den Granatapfelbaum
Der Granatapfelbaum ist eine seit vielen tausend Jahren bekannte Zier- und Nutzpflanze und zählt zu den ältesten Kulturpflanzen. Ursprünglich stammt er vermutlich aus Südosteuropa und Vorderasien. Bereits in der Antike wurde der Granatapfelbaum im Mittelmeerraum kultiviert. Den lateinischen Namen Punica bekam der Granatapfel, da die Phönizier – auch Punier genannt – diese Pflanze, zum Teil aus religiösen Gründen, verbreiteten.
In fürstlichen Orangerien war der Granatapfelbaum als Zierpflanze beliebt, denn seine leuchtend orangeroten Blüten sind ein Blickfang. Die Blütezeit ist von Juni bis September. Früchte trägt er aber nur, wenn der Standort genau passt und die Pflanze viel Sonne erhält.
Text: Martina Steffen, Fotos: Christian Wyrwa, Stefan Schulze