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Design? Ist relevant!

14. März 2024

Design oder nicht sein – das ist gestern Abend die Frage bei der Jahresauftaktveranstaltung „UnternehmerKultur“ des Instituts der Norddeutschen Wirtschaft (INW) gewesen. Im Fokus der Veranstaltung standen „Designwelten – Wirtschaftsfaktor Design“. Dazu hatte INW-Geschäftsführer Dr. Volker Müller gemeinsam mit Heiko Engelhardt, Niederlassungsleiter von Deloitte in Hannover, und Robert Pauli, Geschäftsführer Hannover Finanz, in die neue Conti-Zentrale gebeten. Dort konnten die geladenen Gäste direkt in einem neuen Designobjekt Hannovers über all die Dinge diskutieren, die nicht nur schön sind, sondern auch zunehmend als Relevanzverstärker eines Unternehmens dienen. Philip Nelles, Mitglied des Conti-Vorstandes, begrüßte die Gäste im Eingangsbereich der neuen Zentrale, der an diesem Abend zum Atrium wurde.

Spektakulär und mit Sinn

Design haftete lange Zeit ein kleiner „Makel“ in der Gedankenwelt der oftmals zahlenorientierten Unternehmer an: Design sei nur schön und teuer, so lautete eine durchaus gängige These. „Design ist schwer messbar. Im unternehmerischen Kontext ist das problematisch“, weiß auch Frank Zierenberg, Direktor iF Design Award, der durch den Abend führte. Einen Mehrwert sah man daher in vielen Unternehmerkreisen zunächst nicht. „Doch das hat sich im Laufe der vergangenen Jahre geändert“, betonte er. Das beste Beispiel für diesen Wandel konnte man an diesem Abend direkt erleben: die neue Conti-Zentrale. Der spektakuläre Bau an der Hans-Böckler-Allee umfasst sechs Gebäude. Diese sind durch Brücken verbunden, wobei die Größte eine Länge von 75 Metern hat und die Hans-Böckler-Allee überspannt. Doch neben diesen bautechnischen Fakten, die an sich schon beeindrucken, soll die Zentrale des Traditionsunternehmens weit mehr leisten. Sie soll die Unternehmenskultur widerspiegeln und fördern.

Vier Cs und ein I

Daher stand vor dem Baubeginn eine wichtige Frage: „Wir haben uns – übrigens weit vor Corona – schon gefragt: Warum werden die Mitarbeiter künftig ins Büro kommen?“, erklärte Monika Balz, die das Projekt „Die neue Continental-Zentrale“ begleitet hat. In einer Welt, in der viele Menschen mobil arbeiten können, ist dies ein Aspekt, der immer wichtiger wird. Ihre Antwort: „Es sind die vier Cs und ein I.“ Hinter diesen Buchstaben verbergen sich Communication, Collaboration, Concentration, Community und nicht zuletzt eine Infrastruktur, die das Leben der Mitarbeitenden erleichtert. Es geht also um das Gespräch miteinander, darum, etwas gemeinsam zu erarbeiten und dies fokussiert und ohne Ablenkungen des Alltags tun zu können sowie um ein Gemeinschaftserlebnis, das im Homeoffice nur selten möglich ist. „Zudem sollte das Gebäude Offenheit und Transparenz vermitteln“, betonte sie.

Kommunikation ist der Schlüssel

Dass dieser Bau so gelingen konnte, diese Ziele aufgenommen hat und widerspiegelt, liegt an einem entscheidenden Moment: der Kommunikation. „Der Designer muss verstehen, welche Beweggründe der Kunde hat und was er vermitteln möchte“, betont Ana Relvão, Inhaberin des Design-Studio Relvãokellermann in München: „Eigentlich dreht sich zwischen Designer und Auftraggeber immer alles um Werte. Wenn wir die gleichen Werte teilen, dann funktioniert die Zusammenarbeit.“ Dann könne Design auch dazu beitragen, entweder Relevanz eines Unternehmens aufzubauen oder diese zu erhalten.

Sozialer Einfluss wird immer wichtiger

Immer wichtiger werde aber auch der „Social Impact“ im Bereich Design, betonte Prof. Gunnar Spellmeyer, Professor für Industrial Design an der Hochschule Hannover. Der Begriff „Social Impact“ (sozialer Einfluss) geht auf den Sozialpsychologen Bibb Latané zurück, der 1981 die Theorie aufstellte, dass Menschen unter bestimmten Bedingungen einer Gruppe folgen und der Wert von Beziehungen auf Kosten und Nutzen basiert. Nutzen sind beispielsweise Freude und Zufriedenheit, Kosten mindern wiederum das Glück. „Es gibt viele soziale Gemeinschaften, die durchs Design zusammenkommen“, berichtete er – man denke nur an Mini-Hochleistungscomputer einer bestimmten Marke, die jeder in der Hosentasche habe.

Einfache Bedienung ist wesentlich

Um diesen „Social Impact“ gänzlich ausfüllen zu können, ist etwas Wesentliches aber Voraussetzung: Der Kunde muss das Objekt einfach bedienen können. „Die User Experience (das Nutzererlebnis, Anm. d. Red.) ist extrem wichtig“, betonte Claudia Friedrich, Geschäftsführerin von zweigrad Industrial Design aus Hamburg. Prof. Felix Klingmüller, der bei Viessmann Climate Solutions das Industriedesign verantwortet, pflichtete ihr bei: Ein Kunde, der mit einfachen Einstellungen an seiner Heizungsanlage überfordert sei, sei verloren. Schon aus diesem Grund müssten Designer auch immer die Lebensumstände der Menschen im Blick haben, die das Produkt letztendlich gebrauchen oder auch kaufen sollten.

Design kann also Vieles: Es kann eine Markenidentität aufbauen und stärken, es kann Relevanz eines Unternehmens oder Produktes fördern und auch Gemeinschaft schaffen. Von daher ist Design sicherlich ein Wirtschaftsfaktor – wenn auch weiterhin ein weicher.

Text: Heike Schmidt, Fotos: Marcus Prell/INW

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