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Hauptrolle für eine Beilage

25. Februar 2024

Normalerweise spielt sie nur eine Nebenrolle. Doch bei unserem „Nobilis kocht“ darf sie im Oktober der Star sein: die Karotte. Es gibt „Karotte Marrakesch“ mit Auberginenmus, Couscous und Pistaziencrunch. Alles rein pflanzlich und vegan. Erdacht haben das Rezept der Küchenchef der Gondel, Benjamin Kettmann, und sein Stellvertreter Marcel Uwe Jürgensen, der normalerweise im laufenden Restaurantbetrieb für die Beilagen zuständig ist.

Die Karotte Marrakesch

Dass die Karotte von der Neben- zur Hauptrolle aufsteigen konnte, ist auch dem neuen Konzept der Gondel zu verdanken. Dort bilden künftig vegane und vegetarische Speisen die Grundlage; Fisch und Fleisch können dazu gebucht werden. Können, müssen aber nicht – denn auch die Karotte Marrakesch ist an sich schon ein vollwertiges Gericht und hat nichts mit den lieblos in Béchamel-Sauce ertränkten Beilagengerichten zu tun, die zu Beginn des Vegetarierbooms gerne in Landgasthäusern als vegetarische Gerichte verkauft wurden.

Gerade die Karotte hat viele Vorteile. „In der Küche sagt man zu ihr, dass sie eine Allzweckwaffe ist“, erklärt Benjamin Kettmann: „Es gibt kaum jemanden, der keine Karotten mag.“ Die Karotten, die später orientalisch angehaucht auf dem Teller landen, stammen aus heimischen Anbaugebieten. „Meist kommen sie aus der Region um Lüneburg“, erklärt Marcel Uwe Jürgensen, der mit einem Sparschäler das Wurzelgemüse schält. Anschließend kommt es in eine Auflaufform. Mit einer Mischung aus Karottensaft, Sesamöl und Marrakeschgewürz werden die Karotten darin aufgegossen, so dass sie bedeckt sind. Danach kommt der Deckel drauf und die Form bei 150 Grad Celsius für 75 bis 90 Minuten in den Ofen.

Geschmorte Karotten und Auberginenzauber

„Die Karotten schmoren darin wie ein Stück Fleisch“, erläutert der Beilagenchef. Zeit, um sich um das Mus zu kümmern. Dazu werden gewaschene Auberginen der Länge nach halbiert und auf ein Backblech gelegt. Eine Hälfte zur Seite legen. Die anderen werden auf der Schnittfläche gesalzen, mit Olivenöl beträufelt und einem Thymianzweig belegt. Auch sie kommen anschließend bei 140 Grad Celsius für etwa eine Stunde in den Ofen. Danach ist das Fruchtfleisch so weich, dass es aus der Hülle geschabt und püriert werden kann. Wer mag, schmeckt es danach noch mit Salz ab.

Die andere Hälfte der Aubergine wird fein gewürfelt. Sie wird in den Couscous gegeben, wenn dieser mit kochendem Wasser und ein wenig Weißwein aufgegossen wurde und quillt. Auch daran kommt das Gewürz, das der Gewürzhändler dem Gondel-Team zur Probe mitgebracht hatte und die Köche begeisterte. „Im Grunde genommen ist das Gericht einem Zufall geschuldet“, erinnert sich Benjamin Kettmann.

Kulinarisches Handwerk

Während die Auberginen und die Karotten im Ofen schmoren, wird das Karottenmus hergestellt. Dazu das ebenfalls geschälte Gemüse in etwa gleiche Teile schneiden und in etwas Olivenöl in einer Kasserole anschwitzen. „Es sollen schon ein paar Röstaromen entstehen“, erklärt der Küchenchef. Zucker gibt er nicht hinzu. „Durch die Hitze, wandelt sich die Stärke in der Karotte in Zucker um, da braucht man nichts mehr dazu tun.“ Auch der Karottensaft, mit dem er die Stücke anschließend ablöscht und garkochen lässt, kommt ganz ohne weitere Inhaltsstoffe aus. „Das ist reiner Saft.“ Wer zuhause einen Entsafter habe, könne diesen auch zuvor einfach selbst herstellen. Die Karottenstückchen köcheln vor sich hin.

Jetzt geht es an den Pistaziencrunch. Und dafür ist eins gefragt: rühren, rühren, rühren – sonst geht die Sache schief. Die Pistazien werden in einer Pfanne ohne Öl angeröstet. Achtung: Die Pfanne darf nicht zu heiß sein. Sonst verbrennen die Pistazien blitzschnell. Auch wenn der Zucker darüber gestreut wird, sollte man weiterrühren. „Sonst brennt alles an“, weiß der Küchenchef. Und wenn dann doch der karamellisierte Zucker zu dickflüssig geworden ist? „Einfach etwas Wasser hinzugeben“, rät Benjamin Kettmann. Aber langsam, sonst könne es spritzen.

Veganer Hochgenuss

Wenn sich der Zucker löst hat, dann die Pistazien-Zucker-Mischung auf ein Blech geben und abkühlen lassen. Anschließend in Stücke brechen und grob in einem Zerkleinerer zu Crunch verarbeiten. „Nicht zu lange zerkleinern“, warnt Marcel Uwe Jürgensen: „sonst bleibt nur noch Pulver übrig.“

Die Karotten im Ofen sind fertig geschmort. Durch die lange Garzeit haben sie das Marrakesch-Gewürz angenommen. Der Couscous wird mit einem Förmchen auf dem Teller platziert. Drumherum kommen Kleckse von Auberginen- und Karottenmus. Ganz obendrauf kommen die geschmorten Karotten – und im Restaurant auch dünne Auberginenchips. Noch ein wenig Kerbel – das Auge isst schließlich mit – und fertig ist das Hauptbericht, das nur aus Beilagen besteht. Rein vegan und vollwertig. Auch als Star macht sich die Karotte sehr gut.

Text: Heike Schmidt, Fotos: Frank Wilde

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