Zum Inhalt springen

Eis, schön gestrichen

03. Mai 2024

Alles, aber heimisch

So riecht der Sommer: Intensiv fruchtig und vanillig-süß. In einem Topf kochen die einst gefrorenen Himbeeren mit dem Zucker zu einer sämigen Sauce. Das Aroma der Früchte durchwebt die Luft in der Eismanufaktur von „Birne und Beere“ in der Calenberger Neustadt. Die Sauce wird später eine Zutat für das Streuselkucheneis mit Himbeersauce und frisch gebackenen Butterstreuseln sein. Diese kühlen schon auf Backpapier ab. Den Teig dafür hat Julian Rakowski, Inhaber, Ideengeber und Eishersteller der Manufaktur, aus Butter, Zucker und Mehl zusammengeknetet und anschließend bei 160 Grad Celsius blind gebacken. „Ich habe schon früher am liebsten die Streusel vom Kuchen genascht“, erinnert er sich und lächelt. Klar, dass irgendwann die Idee zu einem Streuselkucheneis nahelag. 

Birne und Beere

Während die Früchte im Topf köcheln, mischt er die Zutaten fürs Eis an. Dazu kommt ein riesiger Stabmixer zum Einsatz. Milch, Sahne, vier verschiedene Zuckerarten sowie Johannisbrotkern- und Guarkernmehl als Bindemittel werden schaumig vermixt. Hinzu kommt noch eine ganz besondere Zutat: Statt die Schoten der Vanille wegzuwerfen, trocknet Julian Rakowski sie, mahlt sie fein und setzt sie anschließend wie Vanille ein. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern auch angesichts der immens gestiegenen Preise für Vanille ökonomisch sinnvoll. Die Vanille kommt aus Mexiko, ansonsten setzt die Eismanufaktur bei den Grundzutaten durchweg und konsequent auf heimische Produkte: Die Milch kommt beispielsweise von Hemme, die Beeren von der Obstplantage Hahne. Mango- oder Zitroneneis? Fehlanzeige. Schließlich heißt der Laden auch Birne und Beere. „Das soll schon auf unsere regionale Verbundenheit hinweisen“, erklärt der Inhaber: Birnen stehen für die Früchte der kälteren Jahreszeit, die Beeren für den Sommer. Und da dieser jetzt kommt, fertigen wir Streuselkucheneis mit Himbeersauce. Die Früchte haben eingefroren auf ihren Einsatz in der Eisküche gewartet. Beim Spaghettieis, das es derzeit auch nur mit Himbeersauce gibt, sind die Kerne herausgesiebt worden. „Die Kerne würden stören“, meint Julian Rakowski.

Mehr im Eis

Die flüssige Eismasse schäumt unter dem Mixer. „Man sollte sich fürs Eismachen Zeit nehmen“, erklärt Rakowski. Je besser sich die Zutaten verbinden, desto leckerer das Eis. Normalerweise würde er die Grundmasse auch über Nacht durchziehen lassen und am Tag später noch einmal durchmixen. Dann kommt die Flüssigkeit in die Eis maschine. Im Prinzip funktioniert sie wie eine der herkömmlichen zu Hause, nur dass sie einen Kompressor hat. Durch ihn wird beim Gefriervorgang Luft in die Masse abgegeben, sodass sie schaumiger wird. „Wir haben 30 Prozent Luftaufschlag“, erklärt Julian Rakowski. Handels üblich sind bis zu 130 Prozent. Das geht natürlich auf Kosten des Geschmacks, hilft aber dem Produzenten, der mit wenig Wareneinsatz viel Masse erhält.

Mathe und Chemie im Eis

Dann geht es ganz schnell: In zehn Minuten ist aus der flüssigen Masse cremiges Eis geworden. „Wir haben 18 Prozent Zucker im Eis. Das geteilt durch zwei und in den Minusbereich gesetzt ist die Temperatur, die es haben muss, um fertig zu sein“, weiß der Profi aus Erfahrung. Eismachen ist halt eine Mischung aus Mathe und Chemie.  Die Temperaturanzeige zeigt minus neun Grad Celsius an: Das Vanilleeis ist fertig! Jetzt wird immer eine Schicht Eis ausgelassen, dann werden Sauce und Streusel darüber gegeben und miteinander kurz durchgezogen, bevor die nächste Eisschicht folgt. Eine Schicht nach der anderen wird gestrichen. Das geht dann so lange, bis die Schale gefüllt ist.

Das Schönste an der eigenen Herstellung kommt aber ganz zum Schluss: den Löffel ablecken! Und sich auf den Sommer freuen. 

TEXT: Heike Schmidt
FOTOS: Frank Wilde

ÄHNLICHE ARTIKEL