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Dennis Bohnecke im Interview

07. Januar 2021

Dennis Bohnecke, 42, ist seit 2007 Direktor des GOP Varieté-Theaters Hannover und engagierter Vorstandvorsitzender der Citygemeinschaft Hannover. Chefredakteurin Marleen Gaida sprach mit ihm im Restaurant Gondel über das Leben in der Pandemie und seine Heimatstadt Hannover.

Text: Marleen Gaida Fotos: Lorena Kirste

Wie verkraften Sie persönlich die Pandemie,und was hilft Ihnen, nicht den Kopf hängen zu lassen?
Bohnecke: In erster Linie hilft mir meine Familie. Insbesondere meine Frau und meine zwei Kinder, obwohl die Kinder mit zwei und vier Jahren noch sehr klein sind. Vor ein paar Wochen gab es einen Schlüsselmoment: Wir haben unsere Tochter ­Anfang September aus dem Kindergarten abgeholt, nach den Sommer­ferien, da ­waren alle Kinder wieder im Kinder­garten. Unsere Tochter war die gesamte Sommerzeit im Kindergarten gewesen, auch in der Not­betreuung. Als wir auf der Heimfahrt im Auto ­saßen, hat sie mit ihren vier Jahren auf einmal gesagt: „Es hat sich heute wie vor Corona angefühlt.“ Da wurde mir schlagartig bewusst, dass Kinder die Pandemie ­direkt mitbekommen und dass es etwas mit ­ihnen macht. Aber nicht nur die Familie gibt mir Kraft, sondern auch die Momente mit meinem Team. Viele Mit­arbeiter sind schon seit Jahren bei uns beschäftigt. Und auch die Künstler sind ein fester Bestandteil des GOP-Teams. Aktuell sitzen wir alle in dem gleichen Boot, das gibt Kraft.

Sie haben den Nachnamen Ihrer Frau Josephine Bohnecke angenommen. Ein noch immer ungewöhnlicher Schritt heutzutage.
Bohnecke: Schade, dass es immer noch so ungewöhnlich ist. In meinem Freundeskreis kenne ich einige, die das so ­gemacht haben. Ich kenne meine Frau und die ­Geschichte des Teestübchens schon sehr lange. Der Name Bohnecke ist ­untrennbar mit dem Café verbunden. Ich bin mir sehr sicher, dass die ­Geschichte des ­Teestübchens mehrere Generationen überdauern wird, daher war uns auch bei der Hochzeit klar, dass dieser besondere ­Name auch erhalten bleiben soll. Wir hoffen ­natürlich, dass unsere Kinder unter dem Namen Bohnecke das Café eines Tages ­weiterführen werden.

Sie sind auch der Vorstandsvorsitzender des Vereins Citygemeinschaft Hannover. Was sind aktuell die ­Belange der Unternehmen hier in der Innenstadt?
Bohnecke: Uns geht es darum, dass Menschen in die Innenstadt kommen, das ist unser größtes Bestreben. Denn die lokalen Händler wirklich zu unterstützen, das ist verdammt wichtig. Wir haben jetzt ­gerade, bedingt durch den zweiten Lockdown, erlebt, was die Schließungen bedeuten. Bei uns in der Citygemeinschaft sind nicht nur Einzelhändler vertreten, sondern auch andere Institutionen, insbesondere auch Gastronomiebetriebe. Wir verstehen uns da als die Stimme der Innenstadt von Hannover und arbeiten sehr eng mit der Politik, mit dem Rat und der Stadtspitze zusammen, um Konzepte zu entwickeln. Ein ganz großes Thema ist auch die Aufenthaltsqualität, dass sich Besucher wohl und sicher fühlen in der Innenstadt. Wir ­spüren natürlich schon, dass es deutliche ­Umsatzeinbrüche gibt, gerade jetzt im Weihnachtsgeschäft. Es ist eine ganz, ganz harte Zeit, und ich kann nur an jeden Besucher der Innenstadt und an jeden Hannoveraner appellieren, geht in die ­City, auch die Händler haben tolle Angebote, es gibt tolle Möglichkeiten, sich die Waren nach Hause bringen zu lassen. Man muss nicht im Internet shoppen, das kann eine schöne Ergänzung sein. Mein Aufruf lautet: Unterstützt uns alle hier in der Innenstadt von Hannover.

Wie schätzen Sie ganz persönlich die Lage der Innenstadt ein? Wo könnte man noch etwas nachbessern? Was sind Ihre konkreten Forderungen an die Politik?
Bohnecke: Wir befinden uns seit Beginn des Internethandels in ganz Deutschland, in Euro­pa, gar weltweit, in einem Transformationsprozess. Für uns alle ist das ein ­riesiges Thema, und es ist sehr vielschichtig. Ich begrüße es, dass es gerade in ­Hannover einen Dialog für die Innenstadt geben soll, initiiert von unserem Oberbürgermeister Belit Onay und der Wirtschaftsdezernentin Sabine Tegtmeyer-Dette. Hier sollen alle Akteure mehrmals jährlich für Sitzungen an einem runden Tisch zusammenkommen. Dabei sollten wir den Dialog nicht auf das Thema autofreie Innenstadt reduzieren. Wir müssen schauen, wie wir die Umsätze in der Gastronomie und in den Geschäften hochhalten. Wie können die sich weiterentwickeln und wie können wir die Aufenthaltsqualität so anpassen, dass man wieder gern in die Innenstadt geht? Jetzt in dieser Zeit, aber auch in der Zeit danach, in einer neuen Normalität.

Stichwort Gastronomie: Was ist Ihr liebstes Restaurant in der Innenstadt. Wo gehen Sie gern essen, wo fühlen Sie sich wohl?
Bohnecke: Unser Familienrestaurant ist seit jeher das Roma. Da haben wir auch mit unserer ganzen Familie vor dem ­zweiten Lockdown noch einmal gut ­gegessen.

Sie sind seit 2007 in der Position des Direktors des GOPs Hannover. Eine sehr stabile und beständige Karriere. Wenn Sie noch einmal etwas ganz anderes machen könnten, was würden Sie tun? Hannover den Rücken kehren, für die ganz große Karriere in Berlin, Hamburg oder gar New York?
Bohnecke: New York war der ­feste Plan! Es gab bereits Gespräche mit dem New Victory Theater in der 42nd Street. Ich durfte 2005 für das GOP in New York sein, dort haben wir am Grand Central Terminal mit einem Künstler für die WM-Stadt Hannover geworben. Bei einer Gala am Abend, wo dieser Künstler dann auch auftrat, saß übrigens Hillary Clinton direkt neben mir, das war ein ganz besonderer Moment, und mir wurde klar, es muss New York sein. Mit diesem Gefühl bin ich auch dort hin, aber mit diesem Gefühl bin ich nicht zurückgekommen. Denn am Tag des ­Abflugs rief mich Werner Buss, der damalige Direktor an, ob ich mir vorstellen könnte, die ­Direktion für das GOP Hannover zu übernehmen. Dann stand ich da und dachte, was mach ich jetzt – Hannover oder New York? Die Entscheidung fiel für mich aber relativ schnell auf Hannover.

Und die Geschichte nahm ihren Lauf …
Bohnecke: Ja, so wurde ich mit 27 Jahren tatsächlich jüngster Varieté-Direktor Deutschlands, habe meine Frau geheiratet, und es war sehr schnell klar: Hannover ist und bleibt meine Heimat. Mittlerweile sind wir sehr eng mit dieser Stadt verbunden. Was die Zukunft bringt, wo es uns vielleicht irgendwann hinführt, das weiß man nie.

Welche Stadt gefiele Ihnen noch?

Bohnecke: Ich habe natürlich ein Sehnsuchtsziel, das ist Stockholm. Das ist die zweite Heimat geworden. Da geht es ­immer wieder hin. Hannover ist eine sehr schöne Stadt, man darf aber auch Sehnsuchtsorte haben. Hier ist die Basis, so schön und entspannt zu leben wie hier, das kann ich mir woanders wirklich nicht ­vorstellen.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?
Bohnecke: Ich wünsche mir, dass wir die Dinge ganzheitlich betrachten. Das ist zum Beispiel ganz wichtig für die Innenstadt. Hannover wächst, es gibt tolle Bauprojekte in dieser Stadt. Zudem wünsche ich mir, dass wir uns nach der schweren Zeit auf ­eine tolle Zukunft vorbereiten und dass wir wirklich gestärkt aus dieser Krise heraus­gehen. Ich wünsche mir auch, dass die Leute Hannover wieder mehr entdecken. Es gibt so wundervolle Ecken, vor allem auch in der Innenstadt. Wenn man vom Kröpcke bis zum Maschsee geht, durch die Altstadt, am Leineschloß entlang, vom Maschteich zum Maschsee rüber, das ist doch herrlich. Oder auch in die Stadtteile. Es gibt unglaublich viel Potenzial in der Stadt. Wir sollten uns Mut ­machen, Projekte anzugehen und zu investieren. Das Gleiche gilt auch für das GOP. Ich hoffe auch hier auf ein großes Miteinander. Dass wir alle wieder viel Freude haben können, dass unsere Herzen wieder anfangen, für das Schöne und den Genuss zu schlagen. Aber auch, dass wir aus der Pandemie lernen und positive Dinge zukünftig beibehalten.

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