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Zu Besuch in Keitum

23. Juli 2021

Simpel und klar, bodenständig und mit Bezügen zur traditionell-norddeutschen Küche ist auch das Restaurant Oma Wilma von Nicolas Rathge (30) in Keitum.
Text: Marleen Gaida  Fotos: Lorena Kirste
Er ist ein junger Gründer und Sylter, der die hiesige Gastronomiekultur langsam mit verändert, alte Strukturen aufbricht. „Für mich war es immer das größte Ziel, mich selbstständig zu machen“, sagt Rathge eingangs im Gespräch. Er begann bereits mit 15 Jahren eine Ausbildung zum Koch im Sternerestaurant des Kochs Jörg Müller in Westerland – zum Leidwesen seiner Eltern. Gerne hätten sie es gesehen, wenn der Sprössling noch weiter gelernt hätte, statt die Schule fürs Kochen links liegen zu lassen. Harte Lehrjahre folgten für den heute zweifachen Familienvater.
Vielleicht der Grund, warum ihn mit 18 Jahren der Freiheitsdrang packte. „Ich bin für ein Jahr nach Berlin gegangen, um dort im Sterne-Lokal Margaux zu kochen.“ Aber das sei eine Nummer zu groß für ihn gewesen. Er kehrte wieder zurück auf die Insel, nur um wenig später, mit 20 Jahren, erneut durchzubrennen. Dieses Mal mit dem Schiff. Der Koch ging 2010 für eine Saison auf die MS Europa.„Ich kenne die ganze Küste von Venedig bis zu den Fidschi-Inseln. Das kann ich nur jedem empfehlen“, schwärmt der Sylter. „Es war extrem viel Arbeit, aber was man da gesehen hat, kann einem keiner mehr nehmen.“

Und was hat es mit der Oma Wilma und der Heimat­küche auf sich, Name und Konzept seines ersten eigenen Restaurants? „Von meiner Oma Wilma habe ich gelernt, in der Küche zu stehen, und von ihr habe ich viele Rezepte übernommen, zum Beispiel gestovte Bohnen in Butter-Mehlsoße sowie Fliederbeersuppe mit Grießknödeln. Diese Gerichte habe ich noch immer im Kopf, die werde ich nie vergessen.“
Die Karte mit norddeutschen Speisen kommt an. Momentan ist das Lokal für zwei Wochen im Voraus ausgebucht. Seine junge Heimatküche werde vor allem von Leuten 50 plus gerne gegessen, sagt er. Aber auch die Keitumer Dorfgemeinschaft freut sich über den Neuzugang. „Dem Dorf fehlte eine gemütliche Stube zum Essen mit authentischen Speisen.“ Das Restaurant wurde liebevoll von seiner Mutter dekoriert – Oma Wilma ist also durch und durch ein Familienprojekt.
Nicolas Rathge fühlt sich angekommen. „Ich wüsste nicht, warum ich das Ding nicht auch noch in 25 Jahren machen sollte.“ Was er neuen Besuchern bei sich im Restaurant gerne empfiehlt? Er selbst esse gerne Steinbeißer oder Heilbutt. Aber auch die Rinderzunge ist gefragt. Die Ochsenbacke zergeht auf der Zunge, nachdem er sie mit Kümmel, Senf, Majoran und Bier mariniert 48 Stunden lang ziehen lässt. Dann sei sie schön „mürbe“ und komme anschließend für sechs bis acht Stunden bei 130 Grad in den Ofen.

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