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Vom Kuhstall zum Kunststall

17. September 2021

„Schaue vorwärts, nicht zurück – neuer Mut ist Lebensglück!“ Dieser schöne Sinnspruch hängt bei Stefanie und Axel Klymant an der Küchenwand. Er passt perfekt zu dem Mammutprojekt, das seit über zwei Jahren das Leben des Paares bestimmt. Sie haben einen alten Resthof in ein Paradies zum Wohnen und Arbeiten verwandelt.
Text: Beate Rossbach  Foto: Michael Wallmüller
Überall stehen wunderschöne Blumen, unser Besuch erfolgt zum richtigen Zeitpunkt. Am Vortag baten Steffi und Axel Klymant zur Einweihung von „Atelier Steffi´s Art“ in Düshorn bei Walsrode. Rund 200 Gäste kamen zu Besuch und konnten bestaunen, was nach der Sanierung aus einem Haus Baujahr 1923, inklusive Kuhstall und Scheune, inmitten eines drei Hektar großen Parks mit hohen alten Eichen geworden ist: Hier wurde ein schönes altes Haus wieder zum Leben erweckt, am Dorfrand gelegen, mit freier Sicht auf Wiesen und Felder und viel Raum für Menschen, Tiere und Kunst.

Der eigene Entdeckergeist als Inspirationsquelle

Stefanie Klymant ist Kunstmalerin, weit über Niedersachsen hinaus bekannt, und ihre Modelle, die sie auf farbenfrohen Ölgemälden porträtiert, muhen, blöken oder krähen. Die Künstlerin widmet sich mit ihren Werken seltenen Nutz- und Haustierrassen, die durch die moderne Landwirtschaft an Bedeutung verlieren und vom Aussterben bedroht sind. Esel aus der Mittelmeerregion gehören dazu, die heute unter Naturschutz stehen, weitgehend unbekannte europäische Schaf- und Ziegenrassen, urtümliche Rindviecher und bunte Exemplare sehr alter Geflügelrassen. „Die Tiere auf meinen Gemälden werden heute gezielt auf „Arche-Höfen“ gezüchtet, damit sie als Genressource und Kulturgut nicht verloren gehen“, erzählt sie. Auf ihren vielen Reisen lässt sie sich auch von exotischen Schönheiten inspirieren, von liebenswerten Kamelen oder bezaubernden Pfauen, die auf einer Farm in Österreich exklusiv für Liebhaber gezüchtet werden, denn: „Die Lust am Entdecken ist mein Motor in der Malerei“, so das Motto der Künstlerin. Eine Entdeckung war im Übrigen auch der alte Resthof, mit viel Platz für die eigenen Esel Emil und Priscilla, drei Zuchtschafe und die junge Hundedame „Bloody Mary“. Sie ist eine Mischung aus Bluthund und Pudel und entspricht so gar nicht ihrem dramatischen Namen, sondern ist sehr freundlich.

Neuanfang mit Hindernissen

Steffi Klymant und ihr Mann Axel, ein Forstwirtschaftsmeister, hatten auch vorher ein schönes Zuhause auf dem Land bei Soltau. Dort mussten sie jedoch ausziehen, suchten etwas Neues und wurden in Düshorn fündig. Dass die charmante Immobilie noch viel Arbeit bedeuten würde, war den beiden schon nach der ersten Besichtigung klar. Das Haus war teilmöbliert, unverändert seit dem Tod der letzten Bewohnerin, einer hochbetagten alten Dame. Die Landwirtschaft war schon lange aufgegeben. Im seit Jahrzehnten leerstehenden Kuhstall wogten die Spinnweben, und im Keller wohnten Tiere, „die keine Hamster waren“, erinnert sich Steffi. „Ja, wir haben lange überlegt und hatten wirklich zuerst Angst vor der eigenen Courage“, gibt Axel zu.
Die Erzählungen aus über zwei Jahren harter Sanierungsarbeit, dokumentiert durch Vorher-Nachher-Fotos, sind spannend und abendfüllend. „Wir hatten ja nur einen normalen Etat zur Verfügung und daher mit allen Handwerkern einen großen Anteil an Eigenleistung vereinbart. 30 Prozent der Umbaukosten erhielten wir dazu aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Dorferneuerung.“
Von der Dorfgemeinschaft wurde das sympathische Paar gleich sehr gut aufgenommen, erzählen sie dankbar. Stets gab es engagierte Helfer, neue Nachbarn und alte Freunde, die mit anpackten und mit Geräten oder guten Tipps zur Stelle waren, wenn sie gebraucht wurden. So haben Freundinnen vor der Eröffnungsfeier noch vor dem Haus Blumenbeete angelegt.

Aus alt mach schön

Bevor die Umbauarbeiten beginnen konnten, wurde erst einmal monatelang entrümpelt. Aus dem Kuhstall, der Steffis Kunstatelier wurde, musste zuerst eine dicke Schicht eingetrockneter alter Dung abgetragen werden. Einsatz rund um die Uhr also und an fast jedem Wochenende. Während Axel und die starken Kerle Bagger fuhren, marode Wände niederrissen und Tonnen von Füllmaterial bewegten, um unter anderem Spaltböden und den Keller zu verfüllen, drehte Steffi Rund um Runde mit dem Schraubendreher, um schöne alte Dinge zu erhalten.
So wurden aus angerosteten Stalllaternen und Viehtränken romantische Lampen. Die Kälberboxen verwandelten sich in Gästetoiletten, mit dem Deckel einer Milchkanne und Anbindeketten als Handtuchhaltern. Auch die Malerarbeiten waren zum großen Teil das Metier der kreativen Künstlerin, die auch Fresken an die Wände malte, wie den großen Pfau an der Treppe zum Obergeschoss.
Dazu gab es überraschende Entdeckungen. An der Hausfront und im Wohnzimmer konnten alte Fresken aus der Entstehungszeit des Hauses freigelegt werden, die Steffi Klymant liebevoll restauriert hat. „Die ersten Bewohner müssen Kunstverstand gehabt haben, und daher denke ich, dass das Schicksal uns und das Haus zusammengebracht hat, so dass hier jetzt wieder eine Künstlerin lebt.“
Dass sie überhaupt zu diesem Beruf kam, verdankt sie vor allem ihrem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Denn für ihren schon früh geäußerten Wunsch, sie wolle Künstlerin werden und malen, hatte man in ihrer Familie wenig Verständnis. So lernte Stefanie zwar erst einmal „etwas Anständiges“ und wurde Industriekauffrau. Zum Malen kam sie dann aber doch, nahm Privatunterricht bei einer russischen Künstlerin und besuchte jeden Lehrgang, den sie finden konnte. Schließlich beschloss sie, das Malen zu ihrem Beruf zu machen. „Ich wollte nicht eines Tages auf dem Sofa sitzen und sagen, „hätte ich doch mal…

Begehrte Sammlerobjekte

Und der Erfolg gibt ihr Recht. Ihre Gemälde sind wunderschön, mit viel Ausdruck, Leben und voller Emotionen. Stefanie Klymant malt mit Ölfarbe, „denn da kann ich mir Zeit lassen und meinen eigenen Rhythmus finden“. Dick aufgetragen, wirkt die Farbe plastisch, setzt wichtige Akzente. Da wirkt das lockige Fell der Schafe, die Mähne der Hochlandrinder ganz echt.
Wie kann man Stefanie Klymants Malstil beschreiben? Nur so viel: Wer die Tiergemälde von Lovis Corinth, Max Slevogt oder Max Liebermann mag, der wird auch ihre Bilder lieben. Bei Sammlern sind sie sehr begehrt. Und wer das Malen lernen möchte oder einfach nur ein schönes Hobby sucht, kann in Steffis Atelier Kurse besuchen, die sie für malbegeisterte Erwachsene und Kinder anbietet. „Wir haben immer sehr viel Spaß!“
Die Malkurse für große und kleine Kunstbegeiserte, die in Steffis Atelier stattfinden, starteten gleich nach der Eröffnungsfeier. Für den Herbst und Winter sind Kleinkunst-Events geplant. Langweilig wird es ohnehin nicht werden. An die Gartenfront soll noch eine Terrasse angebaut werden, und das Obergeschoss wartet noch komplett auf den Umbau. „Aber erst wollen wir mal zwei Wochen Pause machen“, lachen Steffi und Axel und versprechen: „Fortsetzung folgt!“

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