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So wohnt es sich im Schloss

13. März 2024

Darf man in einem Schloss, das seit Jahrhunderten bewohnt wird, Dinge verändern? Der Fürst und die Fürstin zu Schaumburg-Lippe erklären ihre ganz persönlichen Einrichtungsmaximen.

Wer hätte das gedacht? „Mahkameh und ich, wir lieben Flohmärkte“, sagt Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe. Wo anders könne man so schöne alte Dinge finden? Außer selbstverständlich vielleicht bei ihm selbst auf dem Dachboden von Schloss Bückeburg. Dorthin hat der Fürst nämlich auch schon den einen oder anderen Abstecher gemacht und Schätze gehoben, die heute in neuem Glanz in seinen eigenen vier Wänden einen Platz gefunden haben.

Im privaten Wohnzimmer steht beispielsweise ein Tisch, unter dessen Glasplatte das Wappen der Familie aus 20.000 Perlen zusammengesetzt ist. Dieser war ein Geschenk der Bückeburger an ihren Fürsten. „Perlenstickerei ist hier Tradition“, erklärt er. Die Mühe und die Gedanken, die sich die Menschen gemacht haben, um ein passendes Geschenk herzustellen, wissen er und seine Frau Mahkameh zu würdigen. Schlossbesucher, die für einen Tag das Bückeburger Schloss als eine Perle der Weserrenaissance-Architektur erleben wollen, können dies vielleicht nicht in dieser ganz persönlich geprägten Art. Also kam das Geschenk in die Privaträume. Dort wird es jetzt genutzt.

In den privaten Gemächern befinden sich auch Schätze, die das Fürstenpaar auf dem Flohmarkt gefunden hat.

Blau wie gemalt

Ein paar Schritte weiter gruppieren sich drei Sofas um einen großen Couchtisch. Sie wirken klassisch, aber nicht altbacken. „Meine Frau Mahkameh und ich haben sie in einem Familienbetrieb in der Nähe von Como herstellen lassen“, erklärt der Hausherr. Sie entscheiden immer gemeinsam, wenn es um Renovierungen und Umgestaltungen geht. Der Sofastoff glänzt matt in einem satten Petrolblau. Genau dieses Blau findet sich auch in einem Gemälde an der Wand. Eine junge Frau dreht sich vom Betrachter weg und weist mit ihrer Hand in die entgegen gesetzte Richtung. Es ist eines der Lieblingsbilder des Fürsten. „Ich stelle mir vor, dass sie etwas gehört hat und ihren Liebhaber warnt“, erklärt er. Dass die Farbe ihres Kleides die der Sofas widerspiegelt, ist kein Zufall. Der Stoff der Sofas ist exakt abgestimmt. „Er kommt aus Mailand.“

Farblich abgestimmt ist auch die Bibliothek an der Stirnseite des Raumes. Ihr Farbton geht eher ins Grünliche. Das war nicht immer so. „Ich hatte sie zunächst weiß gestrichen“, verrät Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe. Freunde hätten irgendwann einmal im Gespräch fallen gelassen, dass es immer so kühl im Raum sei. Daraufhin habe er die Bibliothek gestrichen – aber auch dies nicht ohne Konzept: Im Flur steht ein Paravent von 1840, dessen Sockel ebenfalls in Blaugrün gemalert ist.

„Eine Küche muss gemütlich sein“, sagt Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe. Nach diesem Grundsatz hat er sie eingerichtet.

Nicht alles ist echt

Auch die goldfarbenen Ornamente des Paravents finden sich auf dem Holz der Bibliothek. Sie sind nicht echt – auch wenn sie so wirken. „Sie stammen aus dem Drei-D-Drucker“, erklärt der Fürst. „Ist nicht zu erkennen“, fügt er hinzu und streicht über eines der Ornamente. Denn diese gibt es inzwischen mehrfach. Das ist übrigens auch ein kleines Problem, wenn man als Fürst auf Flohmärkten Lampen kaufen möchte. „Wir brauchen im Schloss ja nicht nur ein paar, sondern gleich bis zu zehn Stück.“ Wie beispielsweise im Gartensaal, den der Fürst und seine Frau Mahkameh haben umgestalten lassen.

Warmes Licht

Über den Innenhof geht es zum Gartensaal. Drei Stufen führen zur verglasten Tür. Es ist schon dunkel. Doch als der Fürst den Lichtschalter betätigt, taucht das Licht der erstrahlenden Kronleuchter den Raum in warme, goldene Töne. Ein Grund dafür ist die neue Wandfarbe, mit der der Raum gestrichen wurde. Bei näherer Betrachtung sieht sie aus wie Samt, der das Licht matt spiegelt. „Tagsüber ist sie eher senffarben“, erklärt der Fürst, der sich zu Beginn der Malerarbeiten gar nicht so sicher war, ob dieser Farbton wirklich zum Raum passen würde. Gemeinsam mit seiner Frau Mahkameh hat er ihn ausgesucht. Jetzt ist er begeistert – auch von dem Arrangement mit den weißen Stuckornamenten, die den Wänden wie auch der Gemäldehängung an der Stirnseite des Saales Struktur geben.

Ein Kronleuchter taucht den Gartensaal in warme Töne.

Fries von der Rolle

Etwas Besonderes ist auch die klassizistisch anmutende Girlande an der oberen Kante der Wände. Sie sieht alt aus, ist es aber nicht: Der vermeintliche Fries stammt von der Rolle. „Unser Maler hat sie in Gold nachgemalt“, erklärt der Hausherr. Eine Arbeit, die sich gelohnt hat. Wer unten im Saal steht, hat nicht den Eindruck, dort oben sei etwas nachgemalt worden. Ein Jahr lang dauerte die Renovierung und Neugestaltung des Saales.

Farbe mit Wirkung

Dass Farben Räume ganz anders wirken lassen und gerade auch Gegenstände positiv hervorheben können, ist auch im Gobelinsaal des Schlosses zu sehen. Dieser war zuvor roséfarben gestrichen. Jetzt leuchten die Wände in einem auffälligen Blau. Das ist der jetzigen Frau des Fürsten zu verdanken. „Die Bilder kommen viel besser zur Geltung“, freut sich der Fürst. Das Blau findet sich in einem der bekanntesten Bilder im Schloss wieder – einem Gemälde von Cranach, der ebenfalls mit diesem Blau gearbeitet hat.

Nicht über 2700 Kelvin

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Beleuchtung. Nicht nur Gemälde möchte der Fürst in gutes Licht gesetzt sehen. Im Gartensaal überlegt er, den Rahmen eines Gemäldes fein durchbohren zu lassen, damit die Beleuchtung direkt auf die Person strahlen kann. Auch persönlich ist ihm gutes Licht sehr wichtig. Aber es darf nicht zu kalt sein. „Alles über 2700 Kelvin halte ich in Wohnräumen für ungemütlich“, erklärt er. Er setzt auf mehrere Lichtquellen, die eigene kleine Räume schaffen können. „Ich liebe Lampen“, erklärt Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe – und
manchmal finden er und seine Frau auch auf Flohmärkten diesbezüglich wahre Schätze. Schade nur, wenn es wieder nur zwei sind, wo man doch zehn bräuchte.

Ein kaiserliches Gästezimmer: Wer vom Fürstenpaar eingeladen wird, darf vielleicht sogar im Bett von Kaiser Wilhelm schlafen.

Ein Schloss ist ein Schloss

In den privaten Wohnräumen des Fürsten und seiner Frau müssen keine Säle beleuchtet werden. Die Wohnung ist großzügig, aber nicht protzig. Dinge wie die Bibliothek, die schon die Eltern des Fürsten nutzten, sind zwar weiterhin im Einsatz, doch der heutige Hausherr und seine Frau haben sie nach ihrem Geschmack aufbereitet. „Was meine Vorfahren in Sachen Einrichtung gemacht haben, ist fast immer noch brauchbar und ästhetisch exzellent, fast ohne Ausnahme“, erklärt er lächelnd. Und natürlich dürfe man auch ein Schloss umgestalten. Aber: „Ein Schloss ist ein Schloss und soll auch so aussehen.“

Teller an den Wänden

In den privaten Wohnräumen gibt es allerdings nicht nur alte Meister, sondern auch Kunst jüngeren Datums zu sehen. Da hängen beispielsweise ein Spaten von Rolf Sachs im Flur oder ein großformatiges Bild, das Bahareh Navabi, die Schwester der Fürstin, gemalt hat. „Ich rechne damit, dass sie international erfolgreich wird“, ist sich der Fürst sicher und führt ins Speisezimmer. Die Teller stehen nicht etwa in Vitrinen, sondern einzeln wie Gemälde auf Bilderleisten an der Wand. „Auf diese Idee hat uns meine Schwiegermutter gebracht“, sagt er. So kommt das schön bemalte Porzellan voll zur Wirkung.

Diese Idee wurde auch im Gartensaal umgesetzt. Dort hängen Teller eines Sèvres-Service an der Wand, das der Bruder Napoléons, Jérôme Bonaparte, Fürst Georg-Wilhelm anlässlich seines Eintritts in den Rheinbund 1807 geschenkt hatte. Das Porzellan kommt allerdings von der Wand, wenn gefeiert wird. „Ansonsten ist die Gefahr zu groß, dass doch etwas zu Bruch geht“, erklärt Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe.

Tradition zeigen, aber sich der Moderne nicht verschließen. Dinge ins rechte Licht rücken und der Geschichte ein wenig neue Farbe geben – in Schloss Bückeburg ist das zu sehen. Sowohl in den öffentlichen wie auch in den privaten Räumen der Familie.

Text: Heike Schmidt, Fotos: Rainer Dröse

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