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Sabine Stasch mit einem Teil ihres Hut-Sortiments

Originelle Be-Hauptungen von Sabine Stasch

13. Januar 2021

Wer auf edle Kopfbedeckungen steht, ist bei Hutmacherin Sabine Stasch in ihrem Atelier in Herrenhausen goldrichtig.

Text: Jörg Worat Titelbild: Eckhard Stasch

Hauptberufliche Hutmacherinnen in Hannover? Die kann man inzwischen an einer Hand abzählen. Sabine Stasch fertigt in Herrenhausen Kopfbedeckungen aller Art, von Spielarten der gängigen Klassiker bis hin zur Erfüllung extravaganter Wünsche. Vorwiegend für Damen, aber auch Herren können sich an die ausgebildete Modistin und Textildesignerin wenden: „Wenn es etwa um einen Fedora, einen Trilby oder eine weichkrempige Melone geht.“ Flugs hat die 54-Jährige Beispiele dafür parat, wie originell sie mit solchen Vorlagen umzugehen weiß, zeigt einen rosafarbenen Bogart und einen grünen Hut mit glockenartiger Krempe – beide beruhen auf derselben Grundform und sprechen mutige Männer an oder Frauen mit Sinn fürs Spezielle.

Foto: Sabine Stasch

Wenn man sich in Staschs Räumlichkeiten umschaut, fällt der Variantenreichtum der Kopfbedeckungen ins Auge. Es gibt auch Kuriositäten wie die Bubbles-Serie mit ihren knuffigen Ausbuchtungen: „Die sind für eine Ausstellung in Südkorea entstanden, die unter dem Motto ,Origin‘ stand, also ‚Ursprung‘. Diese Formen haben für mich etwas Organisches, wirken wie Zellen.“ Die Arbeiten bestehen aus Kaninhaar-Filz: „Mein Lieblingsmaterial, weil es sich besonders gut formen lässt“, sagt die Hutmacherin, die aber auch Stroh, Wolle oder Leder einsetzt.

Hinter manchem Objekt steht eine spezielle Geschichte: Ein grünes, leicht verschnörkeltes Headpiece etwa hat eine Braut für ihre Eheschließung anfertigen lassen – sie will es zu einem weißen Hochzeitskleid tragen, kombiniert mit einer Stola in grün-blauem Schottenmuster, hat doch der künftige Gatte viel Zeit in diesem Land verbracht. „Und am Abend soll es nach dem Kleiderwechsel im Haar bleiben“, berichtet die Schöpferin.

Ausstellungen führten sie bis nach Philadelphia

Knapp vier Jahre lang hat Stasch einen Laden in der Oststadt betrieben, konzentriert sich seit 2012 aber auf ihr Atelier, nicht zuletzt aus familiären Gründen, sollen doch Ehemann Eckhard und der mittlerweile 15-jährige Sohn Knut angemessen berücksichtigt werden. Regelmäßig nimmt sie an Ausstellungen teil, die sie bis nach Philadelphia geführt haben.

Fotos: Nicole Strasser

Ein weiter Weg, denn Sabine Stasch stammt aus dem 2.000-Seelen-Ort Fintel in der Lüneburger Heide, nahe bei Rotenburg an der Wümme, wo sie im Hut-Atelier von Eva Maria König die ersten Ausbildungsschritte unternahm. Der Vater hegte als Programmierer vielleicht zunächst andere Vorstellungen. „Aber als er sah, dass es mich in eine andere Richtung zog, hat er mich unterstützt.“

Und was war die Initialzündung für diese Berufswünsche? „Zweimal im Jahr kam für zwei Wochen eine Schneiderin zu meiner Oma, um neue Garderobe anzufertigen. Aus den Stoffresten, die sie mitbrachte, haben ich und meine Schwestern dann Kleider für unsere Puppen genäht. Das gefiel mir, und weil ich außerdem gut zeichnen und malen konnte, kris­tallisierte sich nach und nach mein Weg heraus.“

Auf ein Textildesign-Studium an der Fachhochschule Hannover im Fachbereich Kunst und Design und einen Abstecher an das Institute of Arts and Design an der Universität in Birmingham folgte 1993 der Abschluss als Diplom-Designerin. Anschließend war Stasch als Textildesignerin in Sachsen tätig und übernahm 1997 bei einer bayrischen Möbelstoffweberei die Kollektionsentwicklung und Kundenprojekte in Europa, den USA und Japan. Nach mehreren Lehraufträgen ging‘s zurück nach Hannover, wo der „Literarische Salon“ an der Leibniz Universität auf die Mitarbeit von Ehemann Eckhard erpicht war – für den bekennenden Herrenhausen-Fan Sabine Stasch eine höchst glückliche Fügung.

Workshops in familiärer Atmosphäre

Seit knapp zehn Jahren gibt es bei ihr inzwischen auch ein Workshop-Angebot. Hier kann man an einem Wochenende die eigenen Hutfantasien umsetzen und erhält wertvolle Tipps: „Vorkenntnisse sind nicht nötig, wenngleich es hilfreich ist, ein bisschen nähen zu können. Übrigens kommen auch Männer zu den Workshops.“ Es herrscht eine familiäre Atmosphäre: „Zwischendurch koche ich etwas. Die Arbeit ist nämlich kräftezehrend.“ Mit zierlichem Zupfen an Bändern und Blüten hat das Hutmachen in der Tat wenig zu tun: „Ich habe inzwischen ziemliche Muckis in den Oberarmen. Und ich bin kaum noch hitzeempfindlich.“

Foto: Eckhard Stasch

Originelle Angebote

In diesen turbulenten Zeiten zeigt sich Sabine Stasch erfinderisch. Im Dezember betrieb sie mit Kollegen und Kolleginnen aus dem kunsthandwerklichen Bereich für mehrere Tage einen Pop-up-Shop in der Galerie Luise. Aktuell sind eine Schaufensterausstellung und Online-Angebote vorgesehen, nach dem Motto „Art to go“ käme es dann bei Interesse zu entsprechenden Terminvereinbarungen.

Außerdem soll der Handwerksform-Shop erweitert werden, in dem Sabine Stasch sogenannte Beanies anbieten will: „Das sind Mützen, die nach einer altjapanischen Batiktechnik, dem Shibori, gefärbt werden, hauptsächlich in Indigo“, erläutert die Modistin. „Wenn man sie aus dem Färbebad holt, sind sie zuerst gelb – erst durch die Oxidation entstehen die tiefblauen Nuancen …“ Klingt äußerst spannend, und spätestens jetzt wird zweierlei klar: Das Hutmachen ist ein Abenteuer für sich, und Sabine Stasch ist eine Überzeugungstäterin.
Weitere Informationen finden Sie unter www.atelierstasch.de.

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