Frauen und Finanzen? Eine seltene Kombi? nobilis-Autorin Beate Rossbach hat sich auf die Suche nach finanzstarken Frauen begeben und ist rasch fündig geworden. Mit drei Top-Managerinnen dieser Stadt hat sie sich intensiv über Geld & Karriere unterhalten.
Text: Beate Rossbach, Foto: Maren Kolf
Für nobilis hat Autorin Beate Rossbach drei von ihnen getroffen und gefragt, wie der Aufstieg gelingt und was sie anderen Frauen für den eigenen Lebensweg empfehlen würden. Auf dass sich viele weitere Frauen von ihrem Werdegang inspiriert fühlen.
Carmen Klünder
Der Weg durch die Ausstellungsräume des Hauses ist immer wieder spannend. Carmen Klünder liebt ihren Arbeitsplatz, besonders die Skulpturen in den Kunstwelten. Ihren kleinen Kindern zeigt sie gern die Abteilungen, die sie früher immer mit ihrer Großmutter besuchte – das Aquarium, die Naturwelten und die Urmenschen und Dinos der Menschenwelten.
Seit April 2020 ist Carmen Klünder betriebswirtschaftliche Leiterin im Vorstand des Landesmuseums Hannover und sagt: „Hier kann ich berufliches und privates Interesse wunderbar verbinden.“ In ihrer Position ist sie verantwortlich für den kaufmännischen Bereich des Museums. Finanzen, Controlling, Personalverwaltung und Gebäudemanagement obliegen ihrer Aufsicht und Organisation. In den letzten Monaten musste sie, der Corona-Pandemie geschuldet, viel Energie dafür aufbringen, die außergewöhnlichen Umstände zu schultern. So wurden geplante Ausstellungen abgesagt oder umdisponiert, während die umfangreichen Umbauarbeiten, die das Landesmuseum bereits vorher gestartet hatte, noch monatelang weiterlaufen werden. „In diesem Jahr haben wir diverse Herausforderungen, und normale Zeiten habe ich noch gar nicht erlebt“, sagt die neue Verwaltungschefin lächelnd.
Vielseitig interessiert
Carmen Klünder ist in Bad Münder aufgewachsen, ihre Eltern haben sie nach dem Motto „The sky is the limit“ erzogen. Für sie war die Wahl ihres Studienfachs schnell klar: „Ich interessiere mich für sehr viele Dinge und wollte daher immer Wirtschaftswissenschaften studieren, denn das Fach ist sehr breit aufgestellt. Man kann es auch privat gut nutzen, und ich wusste: Damit bin ich für mein Leben gewappnet und kann branchenunabhängig alles Mögliche machen.“
Nach dem Masterabschluss sammelte sie Erfahrungen in der produzierenden Industrie, in einer Leasinggesellschaft und einer Unternehmensberatung. Von Sommer 2008 bis Frühjahr 2020 bekleidete sie unterschiedliche Funktionen bei der Norddeutschen Landesbank.
Genau geplant habe sie ihre Karriere nicht, sagt sie. „Man kann nicht jeden einzelnen Schritt im Voraus festlegen. Das funktioniert nicht. Wichtiger ist es, sich ein Netzwerk aufzubauen, gerade auch unter Frauen, sich auszutauschen und immer wieder ins Gespräch zu bringen. Oft kommt man über Umwege zu seinem Ziel, und wenn im Voraus alles festgelegt wird, nimmt man sich diese Flexibilität, ist vom Kopf her nicht frei und manipuliert sich selbst, indem man sich bestimmte Chancen nimmt.“
Warnung vor Teilzeitfalle
Vor allem warnt Carmen Klünder aber davor, dass Frauen beruflich zugunsten der Familie zurückstecken. Gerade in Bezug auf die finanzielle Absicherung im Alter sieht sie das kritisch: „Ich denke, eine potenzielle Gefahr birgt die sogenannte Teilzeitfalle. Oft reduzieren Frauen auch heute noch ihre Arbeitszeit, um sich um die Familie zu kümmern. Kommt es aber zu einer Scheidung und die Frauen stehen später allein da, tut sich eine große Lücke auf ihrem Rentenkonto auf – ganz zu schweigen von dem möglichen Karriereknick, der hiermit verbunden sein kann.“ Klünder betont: „Nicht ‚die Karriere‘ ist besonders wichtig, sondern für mich ist immer das Arbeitsumfeld um mich herum entscheidend gewesen.“ Und noch einen Tipp hat die zweifache Mutter: „Man sollte sich nicht von der Meinung anderer abhängig machen und sich Menschen aussuchen, von denen man weiß, dass sie einem ein ehrliches Feedback geben. Sicherlich gibt es Zeiten, in denen der Beruf an erster Stelle steht, doch man sollte nie Familie und Freunde vergessen. Das sind die Werte, die bleiben und die einem durch härtere Phasen helfen.“
Barbara Schulte
Ein großes Krankenhaus ist so etwas wie eine eigene Welt. Heute, in schwierigen Zeiten, könnte man es auch mit einem Schiff vergleichen – einem Segelschiff in rauer See. Warum sich dieser Vergleich hier aufdrängt? Weil ein solcher Trip der private Traum von Barbara Schulte ist. Sie möchte irgendwann mit ihrem Mann Kap Horn umsegeln. „Hohe Wellen, viel Sturm – bei diesen Naturgewalten bin ich in meinem Element. Ich bin definitiv keine Schönwetter-Seglerin. Und das gilt auch im übertragenen Sinne“, verrät sie.
Barbara Schulte ist die Frau, die souverän das Steuerrad der zehn Häuser des KRH Klinikums Region Hannover in der Hand hält – als Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur. Neben ihr stehen noch zwei Männer an der Spitze, der Geschäftsführer Medizin und der Geschäftsführer Personal.
Von Haus aus ist Barbara Schulte Diplom-Kauffrau. An der FH Osnabrück hat sie Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Gesundheitsökonomie studiert. Sie war in einer Reihe von Uni-Kliniken tätig, in Kiel, Lübeck, Göttingen und Essen, und ist ausgewiesene „Expertin für Sanierungs- und Umstrukturierungsprozesse in kommunalen Krankenhäusern und Universitätskliniken“.
Ein gutes Fundament
Dass Barbara Schulte eine erfolgreiche KRH-Kapitänin ist, liegt, um bei den nautischen Vergleichen zu bleiben, sicherlich auch daran, dass sie die Gewässer, die sie befährt, sehr gut kennt. Seit über 35 Jahren ist sie nun im Gesundheitswesen tätig. Vor ihrem Studium begann sie ihren Berufsweg als Krankenschwester und Fachkrankenschwester für Intensiv- und Anästhesiepflege, bildete sich zur Pflegedienstleitung weiter und übernahm dann leitende Aufgaben im Pflegemanagement.
„In der Krankenpflege habe ich einige Jahre lang Erfahrungen gesammelt und viel über die Arbeit am Patientenbett und über die Prozesse im Krankenhaus gelernt. Ein gutes Fundament für meine weitere Karriere, denn ich wusste, dass ich noch mehr bewegen und Kliniken strategisch ausrichten wollte.“ Ihre Entscheidung für ein Studium fiel im Ausland: „Als ich Mitte zwanzig war, ging mein Mann beruflich einige Zeit nach Singapur und ich entschied, ihn zu begleiten. Wir waren damals die Jüngsten in dieser Expat-Community und haben spannende Menschen kennengelernt, von denen ich mir viel abschauen konnte. Aber auch das gute Bildungssystem in Singapur hat mich beeindruckt: so viele hochmotivierte junge Menschen überall. Dort wurde mir klar, dass auch ich noch sehr viel bewegen und erreichen möchte. So fiel die Entscheidung, nach unserer Rückkehr BWL zu studieren.“
Kommunikation und Transparenz
Ausdauer, Leidenschaft, Leistungsbereitschaft und Kampfgeist seien starke Anteile ihrer Persönlichkeit. „Ich war früher Leistungssportlerin, habe erfolgreich Tennis gespielt und gelernt, nicht aufzugeben, bevor das Match endgültig entschieden ist. Das sind zentrale Erfahrungen aus dieser Zeit.“ Aber sie hatte nie den Eindruck, sagt Barbara Schulte, dass sie sich als Frau besonders beweisen musste, auch wenn in den ersten Jahren ihrer Laufbahn Frauen an der Spitze noch rar waren. „In meiner ersten Vorstandsposition in Kiel und Lübeck hatte ich sieben männliche Kollegen. Ich habe damals die unterschiedlichen Führungsstile wahrgenommen und meine eigene Art zu führen entwickelt. Heute lege ich viel Wert auf Kommunikation und Transparenz und auf die Einbindung der Mitarbeiter.“
Swantje Schöning
Jeden Sonnabend steht Swantje Schöning zu Hause in Lüneburg um 9 Uhr morgens auf dem Tennisplatz, um zu trainieren. „Dieser Termin ist gesetzt und fällt selten aus“, sagt sie, eine Frau mit Prinzipien und einem großen Wirkungskreis. Swantje Schöning ist Bankerin und Leiterin der Niederlassungen Hannover und Wolfsburg der Commerzbank mit rund 300 Mitarbeitern. Zu ihrem Verantwortungsbereich gehört die Betreuung von Privatkunden sowie von Unternehmen mit einem Umsatz bis zu 15 Millionen Euro. Dazu kommen öffentlichkeitswirksame Aufgaben wie die Vorstandsarbeit im Gesamtverband der niedersächsischen Kreditinstitute – als einzige Frau im Vorstand –, die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Bürgschaftsbank sowie Engagements beim Börsenrat und in der Chopin-Gesellschaft.
Auch Swantje Schönings Ehemann ist Banker, allerdings bei einem anderen Institut. Die beiden kennen sich seit ihrer Schulzeit, haben einen erwachsenen Sohn, und Lüneburg ist ihr privates Zuhause. Der gemeinsame Beruf macht es sicherlich leichter, dass jeder der beiden Partner Verständnis für den vollen Terminkalender des anderen hat. In der Woche lebt Swantje Schöning in ihrer Wohnung in Hannovers Südstadt und pendelt, den anstehenden Terminen entsprechend, zwischen Hannover und Wolfsburg. Ihr Beruf macht ihr sichtlich Freude und ihre Augen glänzen, wenn sie von ihren Aufgaben in der Bank und der Unternehmensphilosophie des Hauses erzählt. „Das Interesse an Zahlen ist das eine. Aber man sollte Interesse an Menschen und kommunikative Fähigkeiten haben. Das hat mir schon in der Ausbildung Spaß gemacht.“
Spannende Ausbildung als Karrierestart
Dabei war die Karriere in einem Geldinstitut eigentlich der Plan B. Aufgewachsen in Uelzen, auf dem landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern, wollte Swantje Schöning ursprünglich Medizin studieren, „ein Fach, das mich schon immer fasziniert hat. Aber als ich 1984 Abitur machte, hätte ich mit meinem Notendurchschnitt Wartesemester in Kauf nehmen müssen. Meine Eltern rieten mir dann, doch erst einmal ‚etwas Anständiges‘ zu lernen und danach zu studieren. Das war dann für mich der Weg zur Bank, was sich als sehr gute Entscheidung erwiesen hat.“
Swantje Schöning hatte, so erzählt sie, stets Mentoren, die ihre Stärken erkannt und gefördert haben. So stieg sie Stufe für Stufe die Karriereleiter hinauf, bis das Angebot kam, ab 2017 die Leitung der Niederlassungen in Hannover und Wolfsburg zu übernehmen.
„Das Leben ist bunt“
Ursprünglich wollte sie mehrere Jahre in Elternzeit gehen, stellte dann aber fest, dass das doch nicht ihr Ding war, und es gab Lösungen. „Als ich nach einem halben Jahr wieder einstieg, durfte ich einen Bank-PC mitnehmen und zu Hause für meinen Chef Projektarbeiten durchführen. Danach konnte ich Führungsaufgaben in Teilzeit übernehmen. Der Vorläufer des Homeoffice. Das war damals ein Novum.“
Wenig Verständnis hat Swantje Schöning für die aktuell wieder stärker werdende Neigung junger Frauen, ihr Leben allein auf Familie, Kinder und Haushalt zu fokussieren. Das, so sagt sie, widerspricht ihrem eigenen Autonomieverständnis, und außerdem: „Das Leben ist heute bunt, und die Ehe ist kein Versorgungsmodell mehr.“
Als Arbeitgeberin bietet sie daher alternative Wege für bestimmte Lebensphasen an, attraktive Teilzeitmodelle, die junge Eltern bei der Stange halten, entsprechend ihrem Motto: „Erfolg funktioniert nur gemeinsam!“
KOMMENTAR von Marleen Gaida, Chefredakteurin
Wir haben eine Frau an der Spitze der Regierung, und mit Christine Lagarde leitet eine starke Person die Europäische Zentralbank. Allerdings gibt es immer noch viele Jobs, in denen Frauen bei gleicher Leistung schlechter bezahlt werden als Männer, und viele Frauen, die lieber schöne Dinge und Mode kaufen als Aktien, die eher auf das private Glück vertrauen als auf eine sichere Altersvorsorge. Zudem gibt es den Trend, dass sich derzeit junge Akademikerinnen mit qualifizierten Abschlüssen nach der Rolle der Hausfrau und Mutter sehnen, weil die vielleicht stressfreier ist als eine Karriere. Eine Karriere, für die Frauen der vorigen Generationen noch gekämpft hätten.
Das Problem: Gerade in den höheren Führungsebenen fehlt immer noch eine ausgewogene Durchmischung. Zum Glück gibt es sie, die Frauen in Führungspositionen, die für ihre Positionen hart gearbeitet und viel erreicht haben, die mit Geschick und Erfolg große Organisationen managen und die Verantwortung für viel Geld tragen.
Für nobilis hat Autorin Beate Rossbach drei von ihnen getroffen und gefragt, wie der Aufstieg gelingt und was sie anderen Frauen für den eigenen Lebensweg empfehlen würden. Auf dass sich viele weitere Frauen von ihrem Werdegang inspiriert fühlen.