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Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

10. Mai 2021

Das ist ein Zitat aus einem Gedicht von Gertrude Stein. Auf Spanisch wurde daraus ein temperamentvoller Flamenco der Gruppe Mecano. Und botanisch ist sie die faszinierendste Blume der Welt – die Rose, die Kultblume.Seit Beginn der Zivilisation geliebt, bewundert, verschenkt, in Versen verewigt und besungen, gemalt, gezüchtet, gehegt und gepflegt. Ein Artikel über Rosen? Das könnte leicht ein Buch werden. La vie en rose …
Text: Beate Rossbach, Titelfoto: Tobias Wölki

Blühen die Forsythien schon? Dann ist es Zeit für die scharfe Schere. Wenn sich die gelben Blüten hervorwagen, wird es wirklich Frühling. Jetzt müssen die Rosen zurückgeschnitten werden. Alle braunen, verdorrten Pflanzenteile werden entfernt, bis zurück in die grünen Triebe. In diesem Jahr darf der Rosenschnitt kräftig sein, denn das Wetter war wechselhaft. Nach sehr warmen Tagen im Februar kam der Winter noch einmal zurück, als in den Rosen schon die Säfte emporstiegen. Die so entstandenen Frostschäden müssen entfernt werden, wie ein kräftiger Haarschnitt bei Spliss – bitte keine Scheu. Die Blütezeit beginnt ab ca. Juni und dauert je nach Sorte und Pflegemaßnahmen bis in den Herbst. Wer Verblühtes abschneidet, wird mit neuen Blüten belohnt. Wer es lässt, erhält attraktive Hagebutten. Viele Gartenbesitzer trauen sich nicht heran an die Rose, an die Königin der Blumen. Dabei ist ihre Pflege nicht kompliziert, wenn einige Grundregeln beachtet werden. Rosen brauchen einen Standort, der zu den Bedürfnissen ihrer Sorte passt, geeignete und gesunde Boden, genügend Platz für ihre Wurzeln, Wasser gegen den Durst, gutes Essen, gern ein wenig Mulch – und ab und zu den Friseur. Also nicht allzu kompliziert.

Foto: Tobias Wölki

Aber vielleicht sollte erst einmal die Lust auf Rosen geweckt werden. Auf ihre üppige Blütenpracht, ihre unterschiedlichen Düfte und ihre unendliche Vielfalt an Farben und Formen. Wildrosen, Moosrosen, Damaszener-Rosen, China-Rosen, Teerosen, englische Rosen, Heckenrosen, Strauchrosen, Kletterrosen und Rambler, die sich üppig blühend und meist duftend über Klettergerüste, Pergolen, Säulen, alte Bäume, verfallene Gartenschuppen und ähnliche Objekte ranken, ohne dabei um gärtnerische Hilfe zu bitten. So kann ein alter Pflaumenbaum, der von der hellrosa blühenden Sorte Paul´s Himalayan Musk eingehüllt wird, wieder zum Star werden

Die Vielfalt der Rosen ist riesengroß

Gute Rosenliteratur erstreckt sich über mehrere Regalmeter. Zu den Menschen, die dem Zauber der Rose erlegen waren, gehörte zum Beispiel Alt-Kanzler Konrad Adenauer. Sein Garten in Rhöndorf am Rhein kann noch heute besucht werden. Charmantes Beispiel einer leidenschaftlichen Rosenliebhaberin ist auch Joséphine, die anspruchsvolle Gattin Napoléon Bonapartes. Rings um ihr Schlösschen Malmaison lässt sie einen üppigen Park anlegen. Rosen spielten dort eine große Rolle. Joséphine wollte jede neu entdeckte und nach Europa eingeführte Rose mit allen Kreuzungen und neuen Züchtungen besitzen. Sie war, so heißt es, in der Gartenliteratur, „im Kaufrausch“, und der Kaiser bezahlte, zumindest so lange er verliebt war, die hohen Rechnungen. Die Lieblingsblumen der „Rosenkaiserin“ wurden von dem berühmten Blumenmaler Pierre-Joseph Redouté verewigt. Das Büchlein mit seinen Farbtafeln ist heute ein Klassiker in jeder gut sortierten Rosenbibliothek.

Unterwegs in Hannovers Rosen-Refugien


Foto: Thomas Bach

Um schöne Rosengärten zu entdecken, wäre eine Weltreise angebracht. Aber einige sind auch in Hannover zu finden. Der Rosengarten im Stadtpark an der Stadthalle hat eine lange und interessante Tradition. Schon zwischen den Weltkriegen war der Park ein begehrtes Ausflugsziel. Der Arzt und Dichter Gottfried Benn schwärmte in Briefen von der Restaurantterrasse: „…in der Stadthalle, meiner neuesten Schwärmerei…eingefasst von Alleen und Blumenbeeten…jeden Abend atme ich auf, wenn ich mich niederlasse.“

1935 schrieb Benn hier seine „Stadthallen-Gedichte“. Wie ein Plan aus dem Jahr 1933 zeigt, gab es schon damals einen Rosenschaugarten. 1951 dann der große Auftritt – der Stadtpark wurde noch berühmter. Hier fand die erste Bundesgartenschau nach dem Krieg statt. Dazu wurde auch ein großzügiger Rosengarten angelegt, in dem anschaulich anhand lebender Pflanzen gezeigt wurde, wie sich die Rose durch gezielte Züchtung im Lauf der Jahrhunderte von Wildformen zu den modernen Sorten entwickelte. Einzelne Sorten der Erstbepflanzung sind bis heute erhalten. Insgesamt können aktuell rund 140 verschiedene Rosensorten bewundert werden, in den Beeten stehen Namensschilder. Der Rosengarten wird von den Stadtgärtnern nach wie vor aufwändig gepflegt. Die historischen Sorten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden jedes Jahr extra bei Rosenzüchtern veredelt, da sie nicht mehr im handelsüblichen Sortiment vertreten sind und auch nicht mehr die Sorteneigenschaften aufweisen, die von modernen Züchtungen heute erwartet werden, wie Resistenz gegen Schädlinge und Blühfreudigkeit.
Viel Mühe, aber ein lohnenswerter Aufwand, denn: „Der Stadtpark ist ein Gartendenkmal von nationaler Bedeutung, weil alle anderen Gartenschauen dieser Zeit so nicht mehr erhalten sind“, sagt Ronald Clark, der Direktor der barocken Herrenhäuser Gärten. Auch unter seiner Regie gedeihen üppige Rosen. Mitten in Herrenhausens Großem Garten lädt der Niederdeutsche Rosengarten zum Flanieren ein, die Nachbildung eines der bereits im 16. Jahrhundert hoch geschätzten „Liebesgärten“, die Rosen als Inbegriff weltlicher Schönheit und als Blume der Venus feierten. Kieswege führen zwischen den Rosenbeeten hindurch. Die Mitte ist durch Hochstammrosen herausgehobenen, und an den Ecken des duftenden „Liebesterrains“ laden vier von Kletterrosen berankte Pavillons zum Verweilen und Träumen ein. Eine eigene Rosenkollektion repräsentiert die Gartenkunst der Herrenhäuser Gärten. Die drei edlen Rosen „Kurfürstin Sophie“, „King George I.“ und „Königin Marie“ erinnern an Hannovers royale Geschichte und sind Gartenkunst für jedermann, zu kaufen in praktischen Pflanzcontainern.

Foto: Historische Rosengärten

Blütenträume aus Hemmingen

Expertin für die schönsten Rosen, die bei ihr für den eigenen Garten erworben werden können, ist Hannovers „Rosenkönigin“ Sabine Heiner-Dressler. Vor 32 Jahren hat sie in Hemmingen ihren Gartenbaubetrieb „Historische Rosengärten“ gegründet. Auf 2,2 Hektar Fläche leben über dreihundert Rosensorten, und, so betont sie, „es ist der einzige landwirtschaftliche Betrieb für Pflanzenproduktion in der Region Hannover. Alles andere sind Handelsgärtnereien.“
In der Blütezeit verwandeln sich die Historischen Rosengärten in ein farbiges Gemälde. So fällt die Auswahl leicht – einfach durch den Garten und an den Beeten vorbeischlendern, schauen und schnuppern. Sabine Heiner-Dressler und ihr Team können dazu exzellent beraten und die passenden Rosen für den jeweiligen Garten empfehlen, natürlich auch vor Ort. Wie viele Gärten sie im In- und Ausland schon mitgestaltet hat, kann sie nicht mehr zählen. Wer ihre zufriedenen Auftraggeber sind, wird aus Gründen der Diskretion nicht verraten. Ausgewiesen Spezialistin ist die Rosenkönigin aus Hemmingen unter anderem für die opulent blühenden, wunderschönen Rosen des berühmten britischen Züchters David Austin. Mit ihm war sie persönlich befreundet. David Austin ist 2018 verstorbenen, aber sein Vermächtnis und Unternehmen wird von seinem Sohn Charles fortgesetzt, „immer auf der Suche nach der perfekten gartentauglichen Sorte“, wie es im Austin-Rosenhandbuch heißt.

Foto: Historische Rosengärten

„Desdemona“, weiß, mit rosa Hauch, und „Gertrude Jekyll“, leuchtend rosa, sowie die dunkelrot-violette „Munstead Wood“ und „Lady Emma Hamilton“ mit einer zwischen apricot, orange und gelb changierenden Blütenfarbe, das sind nur einige von Sabine Heiner Dresslers Lieblings- Rosen. Sie hat noch viel mehr Lieblinge und „jedes Jahr wieder neue“. Ja, sie sind alle zum Verlieben. Einen großen Garten müsste man haben. „Das muss nicht sein“, sagt die Expertin. „Ich habe schon wunderschöne Balkone mit Rosenkübeln gestaltet.“ Welche Eigenschaften sollten nun die Rosensorten haben, wenn ich in diesem Jahr meinen Garten bepflanzen möchte? Dazu gibt es kurze und klare Angaben: „Sie sollten schön anzusehen, resistent gegen Krankheiten sein, geeignet für die heutigen kleinen Gärten und, sehr wichtig, Bienen- und Insektentauglich.“
Drei eigene Sorten werden in Hemmingen gezüchtet, aber sie sind noch nicht auf dem Markt. Wie lange dauert denn so etwas? „Bis man zufrieden ist und die Rose perfekt“, kommt lächelnd die Antwort. Jetzt sollte eigentlich die Lust auf Rosen geweckt sein. Wer noch etwas ängstlich ist – die Historischen Rosengärten bieten regelmäßig Veranstaltungen zu wichtigen Themen an, live oder online, was immer in diesem Jahr geht: Rosenschnitt, Krankheiten erkennen, vorbeugen und behandeln, oder die passenden Staudenpartner im Rosenbeet. Also nur Mut! Eine einzige Rose kann ein ganzer Garten sein.

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