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Karikatur hoch 2

06. März 2023

Das Wilhelm Busch-Museum zeigt Bilder von Günter Mattei sowie von Achim Greser und Heribert Lenz.

Text: Dr. Heike Schmidt, Fotos: Tobias Wölki

Bekannte Karikatur- und Zeichenkunst

Seine Werke kennt jeder. Ihn hingegen kaum jemand. Günter Mattei ist scheu. Er mag es nicht, im Vordergrund zu stehen. Daher hat er zwar zahlreiche Pseudonyme, mit denen er seine Arbeiten auch signiert, aber sein eigener Name ist nie dabei. Das ist jetzt anders: Nicht nur das Plakat, mit dem das Wilhelm Busch-Museum für seine neueste Ausstellung wirbt, ist eine der berühmtesten Arbeiten von Günter Mattei, es steht auch in fetten Lettern darauf geschrieben: „Kommst Du? Bilder von Günter Mattei“.

Das Plakat kennt jeder. Einst warb es für den Tierpark Hellabrunn in München. Zu sehen ist ein Affe, der eine Banane wie ein Telefon ans Ohr hält. 1994 ist das Bild entstanden. Der Hintergrund war, dass Mattei gerade in seiner Münchner Lieblingsbar, dem Schumann’s, saß und einen Mann beim Telefonieren beobachtete. „Damals kamen die ersten Handys auf“, erinnert er sich: „Der Mann saß da und hielt sich einen Klotz ans Ohr.“ Der Mann sprach laut. So laut, dass Günter Mattei ihn nicht ignorieren konnte. Ja, vielleicht fühlte er sich auch ein wenig gestört. So gestört, dass er nachts noch das Bild von dem Affen mit der Banane zeichnete und seinem Freund, dem Direktor des Tierparks Hellabrunn, faxte. „Der war begeistert.“ Und so kam es, dass der telefonierende Affe für Hellabrunn Werbung machte.

Wild und Fein

Das Original ist jetzt in der Ausstellung zu sehen – genauso wie die Zootiere, die versuchen, sich unter goldenen Schokohasen einer bekannten Marke zu verstecken, oder das Bild von einem Hasen, der neben einem großen Korb riesiger bunter Eier sitzt und fragend zu einem Strauß aufschaut. Man sieht sich diese Bilder gerne an, lächelt über den feinen Witz und bewundert die genau gesetzten Striche, aus denen Günter Mattei seine Bildgeschichten zusammensetzt. Besonders die Augen der Tiere faszinieren, spricht aus ihnen doch manchmal mehr Klugheit als aus denen in einem Menschengesicht. Fast ist es so, als wollten sich die Tiere ein wenig über den Betrachter amüsieren.

Mehrfach doppeldeutig ist der auf den ersten Blick harmlos-traurig erscheinende Mops, der in Loriot-Manier auf einem Sessel platziert ist. Hinter ihm sind Bilder von Wilhelm Busch an der Wand zu sehen. Auf ihnen liebkost eine Frau ihren Hund und füttert ihn, während er auf dem Tisch sitzt. Da stellt man sich doch die Frage: Ist der Mops im Vordergrund traurig, dass er nicht so liebkost wird und auf dem Tisch sitzen darf? Würde er gerne seinen Plüschsessel gegen einen harten Tisch eintauschen wollen? Seine Stirnfalten, die ja mopsgegeben sind, unterstreichen das Unausgesprochene. Könnte sein. Könnte auch nicht sein. Und genau diese feinen Zwischentöne sind es, die die Bilder von Günter Mattei zur Kunst und muse(he)nswert machen. „Wenn Hunde sprechen könnten“ lautet der Titel des 2012 entstandenen Mops-Bildes. Manch einem sagt dieses Bild schon so sehr viel.

Viel zu sagen haben auch Achim Greser und Heribert Lenz. Gemeinsam zeichnen sie seit 1996 politische Karikaturen für große deutsche Zeitungen, allen voran der FAZ. Jeden Morgen treffen sie sich in ihrem gemeinsamen Atelier. „Dann besprechen wir, welches Thema länger als 24 oder 48 Stunden hält“, sagt Achim Greser. Natürlich wird dann auch gestritten. „Unsere Körper sind voller Narben“, erklärt Heribert Lenz. Nein, man sei sich nicht immer einig, finde aber meistens eine Lösung – allein schon, weil die Zeitungsredaktionen nicht unendlich warten könnten. „Vorauseilende Rücksichtnahmen“ gibt es bei beiden nicht.

Eine Karikatur kann viele Gesichter haben

Politik, Sport, Religion – alles kann ein Thema sein. Auch Mohammed. Auch als der Staatsschutz ihr Atelier genauer unter die Lupe nahm, um im Falle einer Geiselnahme mögliche Fluchtwege auszuloten, hielt das die beiden Karikaturisten nicht davon ab, mit spitzer Feder das Zeitgeschehen zu kommentieren. Denn auch das gehört für beide zu etwas ganz Existenziellem: Die Meinungsfreiheit, die fern ab ist von „angefristeten  Korrektheitswahrnehmungen“, wie Heribert Lenz es formuliert. Nicht zuletzt heißt der Titel ihres Ausstellungsparts auch „Alles erlaubt. Politische Karikaturen von Greser & Lenz“. Sie passt hervorragend ins Konzept der neuen Direktorin Eva Jandl-Jörg. Sie hatte bei ihrer Antrittsrede gesagt, sie wolle zu Diskussionen anregen – auch über das, was Satire und natürlich auch die Karikatur darf. Und so hat sie auch mit ihrem Team einen kleinen Stammtisch einer Aschaffenburger Kneipe nachgebaut. An dem Tischchen können die Besucher Kommentare und Ansichten zur Ausstellung und zur Meinungsfreiheit auf Bierdeckeln hinterlassen, auf dessen Rückseite Max und Moritz prangen.

Eine sehr schöne Idee, die hoffen lässt, dass viele Kommentare dort entstehen mögen. Und wer vielleicht noch ein paar Inspirationen braucht: Leserbriefe, die Achim Greser und Heribert Lenz erhalten haben, sind auch in der Ausstellung zu sehen. Denn auch das ist Meinungsfreiheit: Jeder darf mitteilen, was er dazu denkt. Nur einen Kommentar möchten die Zeichner nicht hören: „Das geht gar nicht.“ „Das tötet einfach jeden Witz“, sagt Achim Greser. „Das ist, wie wenn der Witz ein zarter Schmetterling ist, der dann einfach mit einem Schlag totgehauen wird“, pflichtet Heribert Lenz bei. Da sind sich beide einig.

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