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Klug und gut: Yaras Hochzeit

01. März 2023

Es ist eine Geschichte von Freundschaft. Eine Geschichte von einem Moment der Feigheit, der scheinbar alles zerstört. Aber es ist auch die Geschichte eines stillen Mädchens, das als Frau zwar nicht viel sagt, aber umso mehr bewirkt: Es ist Yaras Hochzeit.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Katrin Ribbe

Im Schauspielhaus Hannover feierte das Stück von Antigone Akgün, Rasit Elibol, Mohamedou Ould Slahi Houbeini und Rik van den Bos Uraufführung – in deutscher, niederländischer und englischer Sprache. Es ist in einer Koproduktion mit NITE Groningen entstanden, und es ist ein Beweis dafür, zu welchen wunderbaren Ergebnissen ein Blick über den eigenen Tellerrand führen kann.

Mehr als nur Theater

Dieses Stück ist mehr als ein einfaches Theaterspiel: Es ist auch Musical und Tanztheater. Und gerade diese Kombination macht es nicht nur spannend, sondern auch für jüngere Besucher interessant. Die Thematik werden viele kennen: Es geht um eine Gruppe Jugendlicher, die sich selbst die Sonne in einen verregneten Sommer bringen, die in einem verwilderten Garten nebst Herrenhaus nachts die Sterne betrachten und die Einlassungen der Erwachsenen mit höflichem Augenrollen weitgehend ignorieren.

Ja, sie sind zum Teil schwarz. Ja, man müsse als Schwarzer immer mehr als andere leisten. Ja, ja, ja. Innerhalb ihrer Gruppe spielt es schließlich keine Rolle, wer welche Hautfarbe hat oder wer welcher Kultur angehört. Bis, ja bis das alte Herrenhaus abbrennt.

Es war keine Absicht. Sicher. Tony, der „Ur-Holländer“ und Verursacher des Brandes flieht, wie es wohl jeder Jugendliche tun würde. Stattdessen wird der Vater von Sebastian – ein Schwarzer – zu Unrecht zur Polizei gebracht. Und Tony? Der sagt nichts. Ihn verlässt der Mut. Als Tony sieht, dass Sebastians Vater von der Polizei frei gelassen wird, besteht für ihn kein Grund mehr, die Schuld einzugestehen. Es ist ja alles gut. Oder? Nicht jeder in der Gruppe sieht das so.

Konflikte bei Yaras Hochzeit

Aufbrechen werden diese Konflikte aber erst später, bei Sebastians und Yaras Hochzeit. Yara hat zum Fest alle eingeladen. Ganz zum Schluss wird man auch erfahren, warum. So lange sitzt die Namensgeberin des Stückes aber im zweiten Teil weitgehend stumm auf ihrem Hochzeitsthron und beobachtet das Spiel zu ihren Füßen, das immer wieder auch der Frage nachgeht: Was macht rassistische Gewalt mit einer solchen Gruppe, die eigentlich gar nichts mit Rassismus am Hut hat?

Das Thema ist gut, die Umsetzung klug. Indem die Handelnden in den unterschiedlichen Sprachen und Ausdrucksformen agieren, das Thema aber immer dasselbe ist, wird die Einheit in Vielfalt spürbar. Man nimmt den Jugendlichen und dann jungen Erwachsenen den Willen zur Verständigung genauso wie das Scheitern daran ab.

Das kann durchaus komische Züge haben, wenn Sebastians weiße, über-politisch-korrekte Mutter Sally mal wieder eine schwarze Hochzeits-Besucherin fragt, woher sie denn eigentlich käme und von den glücklich-naiven Bewohnern in südlichen Ländern schwärmt.

Die Differenzierungen gehen von den Menschen aus

Diese Inszenierung unter der Regie von Guy Weizman ist zwar nicht bierernst, aber trotzdem schockierend realitätsnah. Das in sich strahlende Yves Klein-Blau, in dem die ganze Bühne (Ascon de Nijs) und auch die Kostüme (bis auf Yaras silberfarbenes Hochzeitskleid) gehalten sind, signalisiert zudem: Auch wenn die Menschen in diesem, vom Yves Klein-ausgerufenen „perfekten“ Blau, also einer offenbar perfekten Welt ohne Unterschiede agieren wollen, bleiben diese Verschiedenheiten doch bestehen.

Die Differenzierungen machen die Menschen selbst, tragen sie vielleicht auch immer in sich. Die Welt drumherum mag monochrom und äußerlich politisch-perfekt sein. Die Welt der Menschen bleibt verschieden – auch wenn es auf den ersten Blick anders aussehen mag.

Die Livemusik dazu (Jochem Braat, Oriola Marès und Niels Meliefste) hat von allem etwas: Soul, Hip-Hop. Sie unterstreicht die Vielfältigkeit und den Pulsschlag der jüngeren Gesellschaft. Dass es zum Schluss doch irgendwie ein Happy End gibt, liegt an Yara selbst. Sie stellt eine einfache Frage: „Was hindert uns daran, wieder zusammenzukommen?“

Fazit: Jeder Jugendliche sollte in Hannover dieses Stück gesehen haben.

Die Besetzung von Yaras Hochzeit

Yara: Karima El Fillali
Sebastian: Nicolas Matthews
Tony: Sanne den Hartogh
Monica: Sarah Janneh
Beau: Igor Podsialsky
Greta: Katharina Sattler
Penny: Jésula Tousaint Visser
Sally: Bien de Moor

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