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Mensch in archäologischer Grabstätte

Schatz unter dem Sand

10. März 2023

Museumsdirektorin Katja Lembke berichtet über ihre erfolgreichen Ausgrabungen in Ägypten. Sie findet einen großflächigen Schatz.

Text: Beate Rossbach

Spektakuläre archäologische Funde werden in Ägypten immer wieder, auch heute noch, entdeckt. Rund hundert Jahre, nachdem Howard Carter im November 1922 das Grab des Pharaos Tutanchamun fand, kommt jetzt eine Erfolgsmeldung aus Niedersachsen. Dr. Katja Lembke, die Direktorin des Landesmuseums Hannover, ist Ägyptologin und seit 2004 maßgeblich an Ausgrabungen in Tuna el Gebel, einer Nekropole, also „Totenstadt“, in Mittelägypten beteiligt. Seit 2018 leitet sie dort mit einem interdisziplinären und multinationalen Forscherteam ein spannendes Projekt, dessen aktuelle Entdeckungen sie jetzt vorstellte.

Gräber als kulturelle Impulse

Das Dorf Tuna el Gebel gehört zum Gouvernement Minya. Es liegt am Westufer des Nils, die gleichnamige Totenstadt nur wenige Kilometer entfernt, am Rand der Wüste. Die Nekropole gehörte zur antiken Stadt Hermopolis und ist etwas über 2000 Jahre alt. Die ersten Gräber wurden nach der Machtübernahme Alexanders des Großen um 300 v. Chr. angelegt. Eines der markantesten Bauwerke dieser Zeit ist das Grab des Priesters Petosiris, der dem Gott Thot diente, dem Gott der Weisheit und der Schreiber, den die Griechen mit dem Götterboten Hermes gleichsetzten. Als die Römer um 30 v. Chr. das Land in Besitz nahmen, setzten sie eigene kulturelle Impulse. Mehr und mehr Grabbauten wurden errichtet, so dass sich der Friedhof zu einer regelrechten Totenstadt entwickelte. Mit ihren vielfältigen Grabbauten, erbaut aus Lehmziegeln und lokalem Muschelkalkstein, liefert diese Nekropole aus griechisch-römischer Zeit einen einmaligen Blick auf eine Bestattungskultur zwischen Orient und Okzident.

Ein 14 Hektar großer Schatz

Bereits seit 1913 wird in Tuna el Gebel geforscht. Das Petosiris-Grab wurde um 1920 entdeckt. Früher wurden bei archäologischen Grabungen Tonnen von Erdreich bewegt, bevor die Funde überhaupt sichtbar wurden. Die Aushubhügel rings um Tuna el Gebel zeugen davon. Katja Lembke und ihrem Team gelang der Blick unter den Sand mit modernen geophysikalischen Methoden. Der Vorteil: Ein besserer Überblick und der Erhalt sensibler Strukturen. Bisher sind in der ca. 14 Hektar großen Nekropole 79 Grabbauten entdeckt worden. Der Besucher sieht von großen Teilen nur eine weite Fläche, Sand und ein paar Steine. Zwei Personen ziehen ein Gerät durch diese Wüste, das von weitem aussieht wie ein kleiner Rasenmäher. Katja Lembkes Kollegen von der Uni Kiel scannen den Untergrund mit einem rollenden Magnetometer. Damit und mit weiterführenden Georadar-Untersuchungen zeigen sich Fundamente und Umrisse unter der Oberfläche. Gebäude können als solche identifiziert werden.

Schatz in der Wüste

Dass die Forscher auf der richtigen Spur waren, zeigte sich bei den jüngsten Entdeckungen jedoch ganz analog. Howard Carter entdeckte Tutanchamuns Grab, weil ihm im Tal des Todes eine freigelegte Treppenstufe auffiel. Katja Lembke stutzte beim Anblick einer gemalten Weinranke, die aus dem Sand ragte: „Wenn man ein Grab freilegt, fängt man von oben an, und dann sieht man plötzlich Farbe. Da wurden wir dann sehr aufmerksam. Das war ein deutliches Zeichen, den Spaten anzusetzen“, erinnert sie sich.
Zutage kam ein spektakulärer Fund. Das fast unversehrte Grab Nummer 79 aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. ist der erste römische Grabbau in Ägypten mit Dekoration, der inzwischen mit seinem gesamten Kontext dokumentiert wurde. Er wurde mit zwei Räumen aus Lehmziegeln erbaut und wenig später um eine Grabkammer aus Stein erweitert. Bemerkenswert sind die Wandmalereien, die das Grabungsteam freilegen konnte. Sie zeigen eine Prozession mit den ägyptischen Göttern Osiris und Anubis. Andere Motive sind der Krokodilgott Sobek und eine ungewöhnliche Abbildung des Gottes Thot, der auf einer Schlange thront. Die Weinreben und andere Spuren zeugen von einem ungewöhnlichen Totenkult. Es gab sowohl einen Opferaltar, als auch eine Kochstelle. Auf dem Boden waren Matten ausgelegt und Mengen an Geschirr und Amphoren legen die Vermutung nahe: Hier wurde mit den Toten gegessen, getrunken und gefeiert.

Grabbeigaben sind wertvolle Schätze

Insgesamt fanden die Ausgräber Skelette von neun Verstorbenen, fünf Erwachsenen und vier Kindern, mit Grabbeigaben wie Amuletten, Glasperlen und Keramik. Ursprünglich waren die Toten vermutlich mumifiziert, denn, wie Untersuchungen von Anthropologen der Universität Göttingen ergaben, hafteten ihnen teilweise noch Reste von Mumienbinden und Bitumen an. Katja Lembke und ihr Team vermuten, dass das Grab einer wohlhabenden Familie aus Hermopolis gehörte, möglicherweise sogar einer Frau. Sie konnte aber noch nicht identifiziert werden. „Wir haben bis jetzt nur den Rest eines Namens, der auf eine Frau hinweist, hoffen aber, durch die Dokumentation und Analyse der Funde noch weitere Hinweise zu bekommen“, sagt Katja Lembke.

Wie die Forschungsarbeiten weitergehen, wird auf der Homepage des Landesmuseums regelmäßig aktualisiert berichtet:
News zu den Forschungsarbeiten

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