Vor kurzen erhielten die Furys den Stadtkulturpreis 2022. Schon dort sprachen Sie darüber, was Sie so an Hannover lieben. Jetzt haben wir für Sie das Exklusiv-Interview.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Frank Wilde
Die Brüder Kai (Gesang) und Thorsten Wingenfelder (Gitarre), Rainer Schumann (Schlagzeug), Christof Stein-Schneider (Gitar re), Christian Decker (Bass) und Gero Drnek (Keyboard) sind Fury in the Slaughter house. Die Rockband wurde 1987 in Hannover gegründet. Aus der Stadt sind sie nicht wegzudenken.
Herzlichen Glückwunsch zum Stadtkulturpreis 2022! Was habt ihr als Erstes gedacht, als ihr die Nachricht von der Auszeichnung erhalten habt?
Scheiße, sind wir schon so alt, dass wir einen Preis bekommen? Aber er ist ja glücklicherweise nicht fürs Lebenswerk. Nein, im Ernst, es ist uns eine große Ehre und Freude, weil wir Hannoveraner sind!
Was verbindet ihr mit der Stadt?
In dieser Stadt hatten wir die Chance, das zu werden, was wir sind. Wir sind hier groß geworden, und das ist vor allem auch den Menschen hier zu verdanken, die an uns geglaubt haben wie Wolfgang Besemer, der leider verstorbene Geschäftsführer von Hannover Concerts. Aber auch die Menschen im Frosch (Anm. d. Red.: eine Mini-Kneipe in Limmer, in der die Band ihre ersten Auftritte hatte), in der Glocksee, wo wir unseren ersten Probenraum hatten, das Chez Heinz, das Faust …
An welche Art von Stadtkultur denkt ihr, wenn ihr an Hannover denkt?
An Musik der unterschiedlichsten Richtungen, an Poetry Slam, der es ja sogar ins Opernhaus geschafft hat, ans TAK mit seinem durchaus politischen Kabarettprogramm – diese Vielfalt ist großartig! Und vor allem auch, dass es noch kleine Bühnen gibt.
Die jetzt jedoch durchaus Probleme haben …
Ja, das ist wirklich schlimm. Erst diese Seuche – die Menschen sind davon noch immer negativ geprägt und haben Angst –, jetzt die Inflation. Es ist total schwierig, weil die Besucher wegbleiben. Entweder aus Angst, sich anstecken zu können, oder aus Angst, Geld für Karten auszugeben, das sie anderweitig gebrauchen könnten.
Viele Künstler sind näher zusammengerückt. Täuscht der Eindruck? Wie sind eure Erfahrungen in Hannover gewesen?
Das ist auch etwas, was wir total an Hannover schätzen: Egal, was du machst, es geht in dieser Stadt immer um Kooperation. Ob du Hip-Hop oder Rock machst – wir haben uns immer gemeinsam gefreut – auch für die anderen.
Euer Laudator Mousse T. hat Anfang der 90er mit euch zusammengearbeitet.
Ja, er hat im selben Tonstudio am Weidendamm gearbeitet. Da hat man sich auf dem Flur mal getroffen. Er bekam dann den Auftrag, „Radio Orchid“ zu remixen.
Ja, und er hat eure Musik komplett weggeschmissen und nur den Gesang gelassen. Kai (Wingenfelder) soll ziemlich sauer gewesen sein.
Stimmt! Er ist rausgegangen und war echt sauer. Mousse T. hat aus unserem Song eine Pop-Nummer gemacht, die noch nicht mal tanzbar war! Das klang wie Lenny Kravitz! Mit Geige und so …
Das ist dann ja total schiefgegangen …
Sollte man meinen. Aber dann ist Kai wieder reingekommen und wir haben es gemacht. Auch das ist Hannover: Man tauscht sich aus. Ist auch mal anderer Meinung. Aber wenn man nachdenkt, hat der andere vielleicht doch nicht so unrecht.
Was bedeutet euch Hannover eigentlich noch?
Hannover ist so wunderbar unaufgeregt. Hier macht man nicht auf dicke Hose, hier dreht man nicht durch. Ich bin halt hier zu Hause, ich habe hier Freunde, Beziehungen. Ich bin gerne in der Welt unterwegs. Aber Hannover ist auch ein Stückchen Heimat – wobei Heimat nicht unbedingt ein Ort ist, sondern vielmehr die Beziehungen zu Menschen, die man schätzt – und ich mag die Art der Menschen hier.
Ihr wart weltweit viel unterwegs. Habt ihr etwas vermisst?
Ja, klar, ein gutes Herri beispielsweise!
Wie kam es eigentlich, dass ihr euch nach der Trennung 2006 wiedergefunden habt?
Das ist eine lange Geschichte. 2006 kamen wir nicht mehr miteinander klar. Ich hatte eine Gesichtsrose, und dann habe ich gesagt: Jungs, das war’s, ich höre auf. Und eine Woche später war die Gesichtsrose weg. Wolfgang Besemer kam 2013 auf die Idee zu einer Art Klassentreffen. Da haben wir ein Konzert vor 25.000 Menschen auf der Expoplaza gespielt. 2017 dann zum 30. Bandbestehen waren die Konzerte in der Tui-Arena (Anm. d. Red.: heute Heinz von Heiden Arena) dreimal ausverkauft. Das war so erfolgreich.
Also aufgrund des Erfolges?
Wir haben einfach gemerkt, dass es Fury immer noch gibt. Wir hatten viel vergessen und vor allem auch den ganzen Ego-Mist hinter uns gelassen. Wir hatten Spaß. Die Leute hatten Spaß. Dann sagte aber jemand etwas Schlaues: Wenn ihr nicht eure eigene Nachspiel-Band werden wollt, dann müsst ihr etwas Neues machen. Und das machen wir.
Ihr nehmt auch gerade neue Songs auf.
Ja, die werden 2023 herauskommen. Wir sind jetzt besser als je zuvor! Das ist unsere Zugabe!
Zugabe hört sich aber nach baldigem Ende an.
Nein, ganz und gar nicht! Wir haben schon immer viele Zugaben gespielt!