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Kein Tisch ohne Blumen

08. Oktober 2024

Björn Kroner ist der Deko-Papst Deutschlands. Er ist Stargast der Infa. Dort wird er Tipps und Trends verraten. Mit uns hat er vorab exklusiv darüber gesprochen, wie viel Kultur ein Tisch hat und wie man sein Zuhause so gestaltet, dass es wohnlich, stylisch und gleichzeitig gemütlich wird. 

Was ist für Sie Tischkultur?

Für mich ist der Tisch kein Möbelstück, sondern ein Ort, an dem die schönsten Dinge und Momente des Lebens stattfinden. Eine Hochzeit wird verkündet, eine Taufe gefeiert, es gibt das große Weihnachtsessen mit der ganzen Familie oder ein sehr romantisches Dinner zu zweit. Allein deshalb sollte man achtsam und respektvoll mit diesem „Ort“ umgehen und ihn schön herrichten. Der Tisch ist der Altar der Lebensfreude! 

Fehlt es an Tischkultur?

Ja, absolut! Der schön gedeckte Tisch als Zentrum der Gastfreundschaft ist vielen gar nicht mehr gegenwärtig. Dabei darf man ja eigentlich nicht vergessen: Ein richtig schön gedeckter Tisch bleibt zumeist länger im Gedächtnis als das Menü, das an ihm verspeist wird. Eigentlich ist Tischdecken eine Kulturtechnik! Mit feinem Porzellan, Glas, Blumenschmuck, Besteck und vielem mehr schafft man einen einzigartigen Ort, der zugleich übrigens auch ein Ausweis von Gastfreundschaft ist.  

Ein Traum in Rosa. ©Johann Kierzkowski

Woran liegt das?

Es liegt vermutlich ein wenig am Hype um das Kochen selbst und ein wenig an der Kultur der Gastfreundschaft. Wir sind viel zu sehr auf die neuesten Rezepte von Ottolenghi oder Jamie Oliver fokussiert und vergessen dabei den fein gedeckten Tisch. Dabei ist gerade er es, der aus einem Menü ein echtes Dinner macht. Viel liegt auch am Kaufverhalten: Die Menschen sind nicht mehr bereit, ein gutes Sümmchen für Porzellan oder Glas auszugeben. Das waren unsere Eltern und Großeltern spendabler, da gehörte eine gute Ausstattung einfach zur Selbstverständlichkeit eines bürgerlichen Lebens dazu. Heute geben die Menschen viel Geld für Gadgets für die Küche aus – Sous-Vide-Garer, Weinkühlschränke und dergleichen mehr – aber sie vergessen meistens, wie ich finde, das Wichtigste, nämlich den Tisch.

Was macht Tischkultur aus?

Einen Tisch zu decken, ist ein kreativer Akt. Das macht richtig Spaß! Dabei geht es nicht nur um Glas, Porzellan, Besteck! Es geht auch um die ganze Deko und Dinge wie Placement, Abfolge des Menus, Platzkarten, Servietten und so weiter. Man muss das so sehen: Der Tisch ist wie eine Bühne, auf dem ein Theaterstück aufgeführt wird. Und der Gastgeber ist der Regisseur. Es geht darum, seinen Gästen einen unvergesslichen Abend zu bereiten.

Der Tisch ist wie eine Bühne, auf dem ein Theaterstück aufgeführt wird. ©Johann Kierzkowski

Stichwort Serviette – in oder out? Wenn ja, welche Art?

Natürlich: in! Ohne Servietten geht es ja auch gar nicht. Und natürlich sollten sie aus Stoff sein. Ich lege die Servietten meistens einfach locker gerollt oder leicht gefaltet über den obersten Teller. Aber es gibt natürlich auch unendlich viele Faltungen, bei denen man sich kreativ austoben kann. Ein anderes Thema ist dann, wie man als Gast richtig mit der Serviette umgeht. Das ist dann eine Frage der Etikette und ein anderes, gar nicht so einfaches Thema.  

Revival des Serviettenringes – in welcher Form? Sie haben einmal welche aus Kreideband und WC-Papier-Rolle selbst gebastelt…

Ach, der Serviettenring! Ja, dazu habe ich meistens mehr Ideen als zu Faltungen der Serviette selbst. Da kann und sollte man sich richtig austoben. Ich mag die Kombi mit Platzkarten, dass also der Serviettenring gleichzeitig auch die Platzkarte ist, wenn das Dinner so formell ist, dass ein Placement vorgesehen ist. Ansonsten mag ich es, kleine Blumen an den Ring zu dekorieren. Serviettenringe sind ein weites, kreatives Feld! 

Blumenschmuck auf dem Tisch gehört einfach dazu. ©Johann Kierzkowski

Welche Bedeutung haben Blumen in Bezug auf Tischkultur?

Ohne Blumen ist der Tisch nicht gedeckt, die gehören einfach dazu. Sie sind gewissermaßen die Minimalanforderung an einen einigermaßen achtsam gedeckten Tisch. Wer sich Gedanken über das zu kochende Menu macht, sollte mit gleicher Intensität über den Blumenschmuck nachdenken. 

Ein ganz wichtiger Tipp von Ihnen war in einer Folge: mit Blumen nicht in der Kommunikationsebene dekorieren. Also keine Gestecke auf dem Tisch?

Wichtig für den gedeckten Tisch ist, dass alle Gäste miteinander kommunizieren können und kein Blumenschmuck dabei im Wege ist. Aber auch mit dieser Regel sind die Möglichkeiten für Blumen auf dem Tisch natürlich unendlich. Ob Gesteck oder Sträuße, man kann sie so klein und niedrig arbeiten, dass die Kommunikationsebene erhalten bleibt. Oder so hocharbeiten, dass dies auch der Fall ist. Ich liebe ja große, opulente Gestecke, die irgendwie von der Decke abgehangen werden. Das ist natürlich die „hohe Schule“ der floralen Tischdekoration und das kann nicht jeder so einfach zu Hause umsetzen, das ist mir natürlich klar. Wenn es aber gelingt, dann sieht das einfach sensationell aus. 

Schöner Blumenschmuck bereichert jeden Tisch. © Johann Kierzkowski

Sie haben unter anderem ein Meter hohe Ballonvasen oder auch Plexiglasquarder für die Deko genommen – nicht jeder kann diese Dinge vorhalten. Gibt es kleinere Alternativen?

Als Florist, der mehr oder weniger professionell Tische deckt, habe ich natürlich einen Fundus, den nicht jeder hat. Bei mir füllt er ein ganzes Lager und ich kann auf recht viel Kram zugreifen, der sich im Laufe der Jahre angesammelt hat. Einen kleinen Fundus sollte man aber in jedem gut geführten Haus finden. Ein paar Stücke aus Porzellan und ein bisschen mehr aus Glas. Und die Teile brauchen nicht teuer sein, ganz einfache Formen und Größen reichen meistens aus. Es geht ja um die Blumen!

Wie schafft man es, auf das Wohnumfeld einzugehen und trotzdem etwas Besonderes zu machen?

Ich kann mir einfach kein „Wohnumfeld“ vorstellen, in dem es nicht möglich ist, einen passenden und zugleich wunderschönen Tisch zu decken. 

Jeder Strauß ist etwas besonderes. ©Johann Kierzkowski

Allgemein gefragt: Was inspiriert Sie?

Ich glaube, Inspiration ist eine Frage der Haltung, nicht des „Was?“. Es geht um den allgemeinen Blick in die Welt, insofern wäre die Antwort: Eigentlich kann mich theoretisch alles inspirieren. Ich gehe durch den Wald und finde einen abgebrochenen Zweig, vermutlich würde jeder an ihm vorübergehen. Aber ich und jeder „inspirierte“ Mensch vermutlich auch, sehe seine Form, das Moos und die Flechten auf ihm. Ich sehe das Grundgerüst meiner nächsten Tischdeko und nehme ihn mit. Zu Hause wird es vielleicht von der Decke gehängt und von mir noch floral bearbeitet.

Für den WDR besuchen Sie in der Fernsehserie „Garten & Lecker“ die unterschiedlichsten Gärten. Was war ihr ungewöhnlichster Garten, in dem Sie beim Dekorieren unterstützen durften?

Ehrlicherweise weiß ich das gar nicht so genau. Eigentlich ist jeder Garten immer eine besondere Herausforderung. Am liebsten arbeite ich da, wo Tischdeko normalerweise gar keine große Rolle spielt, das sind dann die dankbarsten Aufgaben, zum Beispiel im Kloster in Münster, wo ich bei Pater Bernd die schöne Dekoration mit den schwebenden Körben gearbeitet habe. Das hat Spaß gemacht!

Deko-Papst Björn Kroner. ©Juni Fotografen

Im Sommer gehören für Sie Lampions und Girlanden hinzu. Bald steht die Weihnachtszeit an: Was machen Sie dann?

In diesem Jahr haben wir unser „Weihnachts-Konzept“ etwas umgestellt und werden tatsächlich einmal wieder ganz für uns in Berlin feiern. Sonst sind wir immer ziemlich unterwegs, bei Freunden und vor allem bei der Familie. Da bleibt nicht viel Zeit, groß zu dekorieren. Dieses Jahr aber machen wir es uns wieder mal richtig schön. Im Zentrum steht bei uns dann ein wahrhaft riesiger Baum, den wir mit allem dekorieren, was sich in den vergangenen Jahren an Schmuck-Schönheiten angesammelt haben. Er wird ganz bunt und folgt eigentlich keinem besonderen Stil, nur unserem eigenen. Wir können fast zu jeder Kugel eine Geschichte erzählen. Wir hängen sogar Kugeln von meinen Ur-Großeltern auf. 

Wie sieht es an Weihnachten bei Ihnen privat aus? Sind Sie eher Team Kitsch oder Team Klassik?

Ich glaube, ich bin eher Team Kitsch! Es darf gerne sehr, sehr bunt sein, mit viel Glitzer, viele Lichterketten und in der ganzen Wohnung unsere erwähnten Weihnachtsschätze dekoriert. Wir lieben Weihnachten einfach total, das drückt sich nicht gerade in einer Art Minimalismus aus. 

Wenn Sie einen Tipp geben sollten, welcher wäre das?

Zur Tischkultur habe ich tatsächlich einen Tipp: Dekoriere Deinen Tisch immer so, dass die Gäste über den Tisch eher reden als über das gekochte Menü. Es sei denn, Du bist ein Sterne-Koch! 

Dekorieren ist eine Kunst. ©Johann Kierzkowski

Die Infa ist vom 12. Bis 20. Oktober auf dem Messegelände in Hannover. Karten und Informationen unter infa | Erleben – Entdecken – Einkaufen (meine-infa.de) Björn Kroner hat einen Stand in Halle 19. Persönlich auf der Bühne in der Lebensart-Halle ist er von Montag, 14. Oktober, bis Donnerstag, 17. Oktober, jeweils von 13.30 bis 14 Uhr.

Text: Heike Schmidt
Fotos: pjk-Atellier.de

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