Es soll Gäste geben, die seit 20 Jahren in den Celler Fürstenhof kommen, um dieses eine Gericht zu essen: Ravioli alla Palio. Das Rezept der Kalbfleischravioli, die mit Salbeibutter, Spinat und Parmesan angerichtet werden, war geheim. Doch für die Nobilis macht das feine Fünf-Sterne-Haus, das zur Althoff Collection gehört und eines der besten Hotels in Niedersachsen zählt, eine Ausnahme: Mehmet Kaan Verdo wird mit uns die berühmten Ravioli zubereiten, die in der Taverna & Trattoria Palio serviert werden.
Die Kunst des Nudelteigs
Zunächst geht es um den Nudelteig. In das Mehl eine Mulde drücken und die Eigelbe und das Ei hineingeben. Eine Prise Salz dazu und Safran hinzugeben. „So bekommen die Ravioli später ihre schöne gelbe Farbe“, erklärt der Koch, der Kastens Hotel Luisenhof in Hannover gelernt hat. Dann das Ganze mit den Händen vermengen und kneten.
Natürlich könnte man auch eine Küchenmaschine dazu nehmen. Doch Mehmet Kann Verdo nimmt lieber die Hände. Das Gespür für den Teig ist ihm wichtig. „Knetmaschinen sind meist zu stark eingestellt“, weiß der Profi und gibt ein wenig Wasser zum Nudelteig. Er muss elastisch sein. Zu viel Energie täte dem Teig nicht gut. Also muss er sich, nachdem er durchgewalkt wurde, auch mindestens eine Stunde im Kühlschrank entspannen. Zeit, um sich um die Füllung zu kümmern.
Kulinarische Meisterklasse
Das Kalbfleisch ist bereits in Würfel geschnitten. Der Koch setzt ein wenig Wasser auf. Als es sprudelnd kocht, gibt es den Babyspinat kurz hinein, um ihn danach mit eiskaltem Wasser abzuschrecken. Blanchieren nennt man dieses Verfahren. „So behalten die Blätter ihre Farbe und sie werden beim Zerkleinern im Cutter oder Thermomix nicht bitter“, erklärt der Profi. Gemeinsam mit dem Kalbfleisch kommt das junge Gemüse in den Thermomix. Fleisch, Sahne Salz und Parmesan kommen hinzu. Alles soll zu einer cremigen Masse werden. Es ist eines der Geheimnisse, das das Leibgericht der Palio-Besucher ausmacht.
Mit Nudeln kennt sich Mehmet Kaan Verdo aus. Lasagne ist mit eines seiner Lieblingsgerichte. Der Hintergrund ist ein emotionaler. „Meine Mutter war alleinerziehend“, erinnert er sich: „Ich war immer der Babysitter für meine kleineren Geschwister.“ Und als solcher hat er immer für sie gekocht. „Lasagne mochten alle“, erklärt er schmunzelnd. Noch etwas Pfeffer zum Kalbsfleisch, ein wenig Salz – fertig ist die Farce.
Perfekte Ravioli-Kreation
Der Nudelteig hat sich genug ausgeruht. Er wird jetzt durch die Nudelmaschine gedreht – und das mehrfach. „Fünf bis sechs Mal auf alle Fälle“, erklärt der Koch. Damit er nicht reißt oder klebt, wird er immer wieder zwischendurch mit Mehl bestäubt. „Mehlieren“ heißt das im Fachjargon. Anschließend kommt er auf eine große Arbeitsfläche.
Mehmet Kaan Verdo füllt die Füllung in eine Spitztüte und setzt kleine Kleckse auf den Teig. Anschließend schlägt er die zweite Lage darüber und drückt mit einer Art Plätzchenausstecher die Masse fest, aber nicht durch. Mit einem Pizzaschneider fährt er anschließend durch den Teig, um die Ravioli auszuschneiden. Die Kanten werden nicht mit Eigelb verklebt. „Ein guter Nudelteig braucht das nicht“, weiß der Profi. Im Zweifelsfall helfe ein wenig Wasser, damit die Ravioli nicht auseinanderfallen.
Ravioli-Kunst – Von der Zubereitung bis zum Genussmoment
In einem großen Topf setzt der Koch Wasser mit einer ordentlichen Prise Salz auf. Die Salbeibutter zum Glasieren hat er schon vorbereitet. Sobald das Nudelwasser kocht, kommen die Ravioli hinein. Dann geht es relativ schnell. In einer Pfanne zerlässt er die Butter, gibt Ravioli, Spinat und ein wenig Nudelwasser hinzu. Warum Nudelwasser? „Darin ist etwas Stärke vom Nudelteig“, sagt Mehmet Kaan Verdo, das binde das Fett, so dass das gesamte Gericht anschließend schön cremig werde. Außerdem: „Wenn das Wasser verdampft ist, sind die Nudeln fertig.“ Doch bis dahin heißt es: den perfekten Moment abwarten – bis sich das Wasser vollständig in Luft aufgelöst hat und nur die wunderbaren Ravioli mit dem Spinat und der Salbeibutter übrigbleiben.
Das jahrzehntelang gehütete Rezept ist nun kein Geheimnis mehr. Die Ravioli schmecken wirklich wunderbar. Und wenn sie doch nicht so schmecken wir im Palio? Dann ist es vielleicht wie manchem Rezept, dass nur Mütter oder Großmütter wirklich gut hinbekommen.
Text: Heike Schmidt, Fotos: Frank Wilde