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Endlich: Surfen in der City

11. April 2023

Ende April wird die Anlage zum Surfen auf der Leine in der Altstadt offiziell eröffnet. Surfen in der City: Endlich ist es so weit! Die Leinewelle wird Ende April offiziell in Betrieb genommen – zehn Jahre nach der ersten Idee.

Text: Torsten Lippelt, Fotos: Henning Scheffen

Die „kühne Idee eines Traumes vom Wellenreiten auf der Leine“ und „Surfer-Romantik hinter dem Landtag“, so hatte im Jahr 2013 die hannoversche Tagespresse noch Heiko Heybeys Ambitionen für seine Leinewelle bezeichnet. Zehn Jahre später wird sie nun Realität. Aus – nach hannoverschen Maßstäben – wagemutigen Wünschen ist eine perfekte Welle geworden. Der bislang kaum beachtete Fließ­bereich der Leine zwischen Landtag und Historischem Museum ist dank der installierten, stehenden Welle zum Fluss-Surfen – Leinewelle genannt – nun eine Touristen-Attraktion in der Altstadt geworden, für Surfliebhaber und Zuschauer mit und ohne Kamera. Diese bestaunen bereits seit dem Beginn der Testphase im Oktober 2022, was man und frau nun mit einem Surfbrett hier auf der bislang jahrzehntelang grün-braun und träge vor sich hin fließenden Leine so alles zwischen Wellenkamm und weißer Gischt dahinter machen kann.

Dafür sorgt seit August 2022 eine im Flussbett der Leine installierte technische Anlage. Mithilfe von drei stufenlos hydraulisch regulierbaren Wellenkörpern aus Stahl – jeder drei Meter breit und fünf Meter lang – erzeugt diese nach Wunsch hier eine steilere oder flachere stehende Welle, um auf dieser Wellenreiten zu können.

Surfen im Fluss

„Es ist die erste Anlage dieser Art in einem Fluss in Norddeutschland“, so der Leine­wellen-Initiator Heiko Heybey. Vorbild für seinen Traum vom Fluss-Surfen in einer Großstadt war die berühmte Eisbachwelle in München. Doch es dauer­te vom Planungsbeginn 2013 acht Jahre bis zum Spatenstich im Juni 2021. Begründet liegt dies in der Kostenstruktur für den Bau. Das Geld dafür sammelte ein eigens gegründeter Trägerverein. Er sammelte über die Jahre hinweg rund 1,4 Millionen Euro an Spenden für den Bau der Welle, die ohne­ öffentliche ­Zuschüsse gebaut wurde. Dass es so lange dauerte, bis die Welle fertig wurde, lag an juristischen Einwänden gegen den Bau. Beispielsweise protestierte der Fischereiverein. Er sah den Fischbestand in Gefahr. Man legte den Streit bei, indem ein sogenannter „Fischpass“ in die Anlage integriert wurde, damit die Flussbewohner weiterhin die Leine hinauf- und hinunterkommen. Für weitere ungeplante Verzögerungen von mehreren Wochen sorgte nach Baubeginn dann der unerwartet stabile Lehm­untergrund unter dem Leine-­Flussbett, der das Einbringen der erforderlichen Spundwände zunächst verhinderte.

Eröffnungsfeier im April

Zwar fehlen immer noch rund 500.000 Euro zur endgültigen Finanzierung des Projektes. Doch ungeachtet dessen nimmt der Trägerverein Leinewelle nun den Betrieb auf. Und das gleich mit einer großen Welle: Zur Eröffnungsfeier am 28. April (11 Uhr) kommen Bürgermeister Belit Onay oder auch Regionspräsident Steffen Krach. Danach folgt gleich das nächste Highlight: Am Wochenende 29. und 30. April kommen die Stars der Surferszene nach Hannover, um sich bei den deutschen Meisterschaften im Rapid Surfen des Deutschen Wellenreitverbandes e.V. (DWV) zu messen. Hannover ist die erst vierte Gastgeberstadt dafür, nach Nürnberg, Berlin und München.

Damit Hannover überhaupt Gastgeber werden konnte, ist der aktuell rund 190 Mitglieder zählende Verein Leinewelle Mitglied im Landessportbund Niedersachsen (LSB) geworden. „Seit 2020 ist Wellenreiten eine olympische Disziplin. Eine deutsche Rapid-Surf-Meisterschaft in der Landeshauptstadt Hannover, auf der Trainingsstätte des Leinewelle-Vereins, ist eine tolle Werbung für den jungen Sport in Niedersachsen“, lobte der Landessportbund-Vorstandsvorsitzende Reinhard Rawe Ende Januar 2023 bei der Übergabe der Aufnahmeurkunde. Und auch der Vereinsvorsitzende Heiko Heybey freut sich „riesig, die enercity Leinewelle endlich mit allen Menschen zu teilen. Die Welle, die das Unternehmen Dreamwave uns hier in Hannover konstruiert hat, ist wirklich eine wahr gewordene Traumwelle. Bei der deutschen Meisterschaft wird die Surf­elite Deutschlands zeigen, was auf ihr möglich ist.“ Bis zu 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Klassen U16, Open und Ü35 sollen zeigen, dass die Welle auch für Profis und hochklassige Wettbewerbe geeignet ist.

Wie die Leinewelle funktioniert

Damit aus der Vision des studierten Architekten und – mit dem Lokal Spandau – aktiven Gastronomen aus „ein Traum, zehn Surfbegeisterte, 100 Freunde & Helfer sowie 1.000 gute Gründe“ ab dem 1. Mai eine Bereicherung für die Stadt und Region Hannover wird, setzt der Verein auf Testsurfer und „Wavemaster“. Rund 90 Mitglieder haben sich bis zur offiziellen Eröffnung dazu schulen lassen. Jeweils zu zweit sollen zukünftig auf der Anlage bis zu zehn Gäste pro Stunde betreut werden. „Hier kann jeder surfen. Das ist auch was für Anfänger“, so Lasse Bauer von der Firma Dreamwave, die die Leinewelle konzipiert hat.

Ein ausgebildetes Mitglied bedient dann die Surfanlage nach Wunsch, das andere führt Aufsicht direkt am Wasser. Für Kinder und Jugendliche auf der Welle soll es ein speziell ausgearbeitetes Konzept geben.Aber auch Testsurfer waren gefragt, um im Probebetrieb vor Ort Erfahrungen auf der Welle bei den verschiedenen Einstellungen zu sammeln und die Nutzung zu optimieren. So übten seit Oktober 2022 sowohl Vereinsmitglieder als auch professionelle Surfer aus anderen Städten mit Fluss-Surf-Anlagen auf der Leine – mit positivem Fazit. Unter ihnen Anika Weizel, Pro Surferin und Leiterin der Hasewelle in Osnabrück: „Was für eine tolle Welle, was für ein Ambiente mitten in der Stadt! Man sieht Hannover mit ganz anderen Augen!“ Auch wenn sich der eine oder andere Wellenreitprofi bei eisigen Luft- und Wassertemperaturen zwischendurch schon mal gern die Hände an Flaschen mit heißem Wasser aufwärmte.

Selbst Surfen ausprobieren?

Wer ab dem 1. Mai die Leinewelle selbst ausprobieren möchte, hat dazu mehrere Möglichkeiten: Mit dem dann laufenden Buchungssystem können als regelmäßige Nutzer Vereinsmitglieder (Jahresbeitrag für Erwachsene 240 Euro) Termine zum Leinesurfen bei Tageslicht buchen. Dafür gibt es 24 Freistunden im Jahr. Für zehn Euro pro Stunde soll später dann auch Nichtvereinsmitgliedern die perfekte Welle ermöglicht werden. „Wir wollen so vielen Menschen wie möglich das Surfen so günstig wie möglich zugänglich machen“, erläutert Heiko Heybey das Konzept. Dazu gehört auch, die Mitgliederzahl möglichst auf 350 zu steigern, um künftige Wartungskosten abdecken zu können. Schließlich möchte man mit der Leinewelle auch dauerhaft und bundesweit die perfekte Welle machen zur Steigerung der touristischen Attraktivität Hannovers.

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