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Peng und Hu beim Zeichnen

Kreative Geistesblitze: Peng und Hu im Museum Wilhelm Busch

29. November 2024

Die Karikaturisten Peng und Hu zeigen ihre Werke in der Ausstellung „Sprechstunde der Herzen“ im Wilhelm Busch-Museum. Neben fertigen Zeichnungen spielt ihr gemeinsames Projekt Hirameki eine zentrale Rolle. Besucher können vorgefertigte Kleckse zu eigenen Kunstwerken vollenden. Auch die Werke des slowenischen Zeichners Ladislav Kondor werden gezeigt. Doch zunächst führen alle Wege zur Klecks-Kunst.

Irgendwann ist es so weit. Dann sieht man in jedem Klecks ein Gesicht. Oder einen Vogel. Vielleicht ist es auch ein Mann in einem Boot auf dem Meer. Peng und Hu kennen das sehr gut. Die beiden Karikaturisten PENG (Günter Mayer) und HU (Rudi Hurzlmeier) kennen sich nicht nur schon seit 30 Jahren, sie teilen auch die Leidenschaft fürs Spielerische, wenn aus dem Klecks eine Zeichnung oder eine Karikatur wird. Gemeinsam haben sie jetzt eine Ausstellung mit dem Titel „Sprechstunde der Herzen“ im Wilhelm Busch-Museum – und dort spielt neben den schon fertigen Werken der beiden auch ihr gemeinsames Projekt Hirameki eine große Rolle.

Hirameki ist Japanisch und bedeutet Geistesblitz. „Wenn man malt, dann wischt man ab und zu den Pinsel ab“, erklärt Hu. Klar, dass da Kleckse entstehen. „Und dann kritzelt man beim Telefonieren daran herum, und plötzlich werden aus dem Klecks Figuren.“ Diese Art von Geistesblitzen hat die beiden Künstler fasziniert. Inzwischen haben sie nicht nur mehrere Bücher herausgegeben, in denen sie auch unbedarfte Laien an die Klecks-Kunst heranführen. Im Museum Wilhelm Busch wird es auch im Januar einen Workshop geben, in dem sie ihre Geheimnisse verraten. Und wer bis dahin nicht warten will? Der kann im Vorraum zur Ausstellung „Sprechstunde der Herzen“ selbst zu den Stiften greifen. Vorgefertigte Kleckse liegen schon zur Vollendung auf den Tischen bereit.

Etwas Leichtes im Museum

Danach geht es um scheinbare Unsicherheiten – „Meine Beine sind zu lang“, klagt die Giraffe, während der Dackel seine zu kurzen Beinchen bedauert. Egal, wie man es auch sieht: Irgendetwas ist immer. Und die Unsicherheiten gibt es auf beiden Seiten. Und was, wenn sich eine Schnecke in einen Pudel verliebt? Ganz klar: Dann gibt es einen Schnudel! Das alles ist genauso kurzweilig wie amüsant – wie übrigens auch die Anekdote, die Peng zu seinen Bildern mit den Tieren mit Boxhandschuhen erzählt.

Unsicherheiten der Liebe​

Doch man sollte unbedingt auch weitergehen. Denn das, was Peng und Hu in den folgenden Räumen zeigen ist so amüsant wie wahr. „Angesichts der Situation in der Welt wollten wir etwas Leichtes machen“, erklärt Peng. Also keine schwere politische Kost, kein Fingerzeig in Richtung Ökologie oder Krieg. Stattdessen eine Art amüsanter Beziehungsratgeber an der Wand, die in Rosarot gestrichen ist. „Es ist eine Art therapeutischer Rundgang“, sagt Peng: „Ein Weg zum Glück.“ Und an dessen Anfang geht es dementsprechend um die ersten Stadien der Liebe. Der „Bärli“ läuft der Frau hinterher. Die Frau rennt dem „Bärli“ nach. Aber am Ende bekommen sie sich doch. Oder?

So kam es zu Enten in Boxhandschuhen

Am Anfang war die Skulptur. Peng arbeitete an einem Hund. Er schnitzte ihn aus Holz. Dann sollten die Pfötchen kommen. „Aber die waren so schwierig“, erinnert er sich. Also habe er dem Hund einfach Boxhandschuhe über die Pfoten gezogen. Das war der Beginn der Box-Reihe. Ein Scherz? Keineswegs! Genauso wenig wie seine Aussage: „Ich kann nicht zeichnen.“ Denn darum ginge es eigentlich gar nicht. Es ginge nicht um die perfekte Technik. Vielmehr ginge es um die Kommunikation. Doch wer jetzt denkt: „Moment! An der dunklen Wand im Raum hängen doch zwei Portraits, die in der Art der Alten Meister gemalt sind. Das muss man doch können!“ Richtig. Aber diese Portraits hat nicht Peng gemalt. Jedenfalls nicht gänzlich. Er hat die beiden Herrschaften auf einem Flohmarkt erstanden. „Die Abgebildeten waren mir gänzlich unbekannt. Ich habe sie bekannt gemacht“, sagt der Karikaturist – und malte einfach der Dame eine Daisy Duck Schleife ins Haar sowie einen Schnabel ins Gesicht; der Herr erhielt eine Batman-Maske. Fertig waren die Promis in Manier der Alten Meister.

Tierisch märchenhaft

Eine Etage höher wird es tierisch märchenhaft. Da schmiegt sich eine betrunkene Königstochter an die Nüstern ihres Schimmels. Auf ihrem Kopf sitzt ein etwas desolater Froschkönig, der scheinbar auch mitgetrunken hat, und auf dem Bild gegenüber hockt ein unschuldig schauender Mops mit Hasenohren. Drei Plüsch-Eichhörnchen sitzen derweil auf einem Ast und bitten: „Bitte nicht pupsn!“ und darunter steht geschrieben: „Luftreinhaltung“. Und ob der kleine Vogel, der auf einem anderen Bild gierig seinen Schnabel aufreißt, um ein herannahendes Insekt zu verschlucken, wirklich überlebt? Das Insekt ist viel zu groß für seinen Schnabel. Vermutlich würde er an ihm ersticken. Darüber steht allerdings: „Rettet die Insekten“. Man fragt sich allerdings: Wer beschützt den kleinen Vogel vor dem Monster-Insekt? Tierrettung ist nicht immer einfach. Neben diesen feinen Spitzen geht es eher fröhlich zu.

Portrait-Karikaturen von Kondor

Ganz anders, aber nicht weniger sehenswert ist ein Ausstellungsteil, der ebenfalls jetzt eröffnet wurde. Er zeigt 66 Werke des slowenischen Zeichners und Karikaturisten „Ladislav Kondor – der vergessene Kosmopolit“. In zwölf Jahren bereiste er 36 Länder. Überall porträtierte er Persönlichkeiten in seinem ganz eigenen Stil. Mal kubistisch angehaucht, dann rund und abstrakt oder als klassische Karikatur, bei der die äußeren Merkmale überspitzt dargestellt werden. Er zeichnete den Tennisspieler René Lacoste in Monte Carlo. Leo Trotzki erwischte er in Istanbul. Sein höchstes Ziel war es immer, eine Unterschrift auf die Karikatur des Dargestellten zu erhalten. Bei Trotzki gelang es ihm nur durch eine List: Da er in Istanbul von Trotzkis Sicherheitsleuten nicht vorgelassen wurde, „vergaß“ er seine Künstlermappe dort. Am nächsten Tag durfte er sich die Mappe abholen – von Trotzki persönlich, der dann auch unterschrieben hatte. Welchen Prominenten er wo antraf, ist in einer Mappe nachzuschauen, die in der Ausstellung liegt: Kondor hatte jeden Zeitungsartikel über sich und seine Zeichnungen aufgehoben.

Peng und Hu „Sprechstunde der Herzen“ ist vom 30. November 2024 bis 21. April 2025 zu sehen. Die Werke von Ladislav Kondor sind vom 30. November 2024 bis 30. März 2025 im Museum Wilhelm Busch ausgestellt. Nähere Informationen unter Wilhelm Busch Museum

Text: Heike Schmidt

Fotos: Wilhelm Busch-Museum und Tobi Wölki

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